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Beeren aus Chile: «Kundenbedürfnis ist nur Geschwätz»

Wenn es um den Profit geht, scheinen ethische Überlegungen schnell hintangestellt zu werden. So vermutlich geschehen bei einem Inserat eines Grossverteilers, das mit «Jetzt ist Beerenzeit» wirbt. Als «sehr unglücklich formuliert» beschreibt es der höchste Luzerner Beerenbauer. Deutlichere Worte findet eine Luzerner Mitte-Politikerin.  

ome |

Gemäss dem Saisonkalender des Schweizer Obstverbandes beginnt die Zeit der Erdbeeren im Mai, jene der Himbeeren im Juni und jene der Heidelbeeren und Brombeeren gar erst im Juli.

Frage nach dem Huhn und dem Ei

Trotzdem hat Coop in diesen Wochen ein Inserat mit dem Titel «Jetzt ist Beerenzeit» geschaltet. Der Grossverteiler wirbt darin für Beeren aus Spanien, Griechenland, ja sogar für solche aus dem rund 12'000 Kilometer Luftlinie entfernten Chile. Der Detailhändler reagiere damit nur auf ein Kundenbedürfnis, heisst es in einem Bericht der «Luzerner Zeitung».

Man kann es jemandem nicht übelnehmen, der in dieser «Bedürfnis-Erklärung» nur eine Ausrede erkennt. Tatsächlich darf hier die Frage nach dem Huhn und dem Ei gestellt werden. Was war zuerst? Die Beeren im Laden und das Inserat von Coop, das für chilenische Johannisbeeren wirbt? Oder war es doch das Bedürfnis der Kunden im kurzzeitig zurückgekehrten «Winter» Beeren essen zu wollen?

 

Patrick Galliker, Präsident der Vereinigung Luzerner Beerenpflanzer, findet das Inserat «sehr unglücklich formuliert», heisst es im Bericht. Deutlichere Worte findet die Luzerner Mitte-Politikerin Priska Wismer-Felder, die auf ihrem X-Konto schreibt: «Ich kann das Geschwätz von „Kundenbedürfnis“ nicht mehr hören. Bedürfnisse kann man wecken - mit solch blödsinnigen Inseraten, es sei jetzt Beerenzeit».

«Das ist eine Sauerei»

Heiri Gürber ist Beerenproduzent aus Neudorf LU. «Das ist eine Sauerei», wird er von der «Luzerner Zeitung» zitiert. Er meint, dass die Kunden mit dem Werbe-Slogan «Jetzt ist Beerenzeit» getäuscht werden. Er befürchte gar, dass Konsumentinnen und Konsumenten dadurch die Sensibilität für tatschliche Schweizer Saisonprodukte verlieren würden. Den Beerenbauern werde damit in den Rücken gefallen, führt Gürber weiter aus. «Das geht einfach nicht», sagt er.

Er erinnert auch daran, dass der Anbau von Beeren in Spanien mit viel weniger Auflagen verbunden sei und Erntehelfer schlecht bezahlt würden. Gürber geht sogar so weit, ein Werbeverbot für ausländische Produkte zu fordern, die in der Schweiz keine Saison haben. Unter den Beerenproduzentinnen und -produzenten sei dies zurzeit ein «Riesenthema».

Coop zum Dialog bereit

Seit Jahren beginne Coop im April mit dem Verkauf der Beeren. Der Detailhändler reagiere damit auf ein Bedürfnis der Kundinnen und Kunden, heisst es im Bericht weiter. Deshalb biete er Beeren auch ausserhalb der Schweizer Saison an. Schweizer Beeren würden dann angeboten, wenn sie verfügbar seien. Coop würde auch regelmässig über saisonale Produkte informieren und Konsumentinnen und Konsumenten also bei ihrem Kaufentscheid für Schweizer oder für ausländische Produkte unterstützen.

Es sei nicht die Absicht von Coop mit dem Inserat die Bauern verärgern zu wollen, sagt Coop zur «Luzerner Zeitung». Coop sei stets zum Dialog bereit, so auch mit dem Schweizer Obstverband. Patrick Galliker aus Gunzwil LU bringt Verständnis dafür auf, dass Beeren importiert und auch vor den inländischen Produkten im Laden angeboten werden. Er freue sich aber über jede Kundin und jeden Kunden, der/die den einheimischen Beeren den Vorzug gibt, heisst es in der «Luzerner Zeitung» abschliessend. 

Kommentar:

Wie entscheidend ist der Konsumentscheid?

Vermutlich geht es bei den heftigen Reaktionen, die dieses Inserat ausgelöst hat, nicht so sehr um die Tatsache, dass Grossverteiler Früchte aus dem Ausland anbieten, als vielmehr um die doch eher unsensibel geführte Werbekampagne. Tatsächlich lässt der Slogan «Jetzt ist Beerenzeit» vermuten, dass bereits Ende April die Beeren als saisonale Früchte gelten. Genau dafür wird ja bei den Konsumentinnen und Konsumenten immer geworben; dass sie saisonale Produkte kaufen sollen. Das Inserate könnte also auch als «irreführend» beschrieben werden. Denn thematisch und vom Prinzip her vergleichbare Inserate wie «Jetzt ist Bananenzeit» oder «Jetzt ist Ananaszeit» wird es vermutlich kaum geben.

Was bei dieser doch etwas unglücklich formulierten Werbeaktion nicht vergessen werden darf, ist, dass sich Coop mit der Eigenmarke  «Miini Region»  stark für den Absatz regionaler Produkte einsetzt. Mit  «Taten statt Worte»  engagiert sich der Grossverteiler für mehr Nachhaltigkeit, mit  «Naturaplan»  macht er sich für die Bio-Lebensmittel stark und mit  «Pro Montagna»  unterstützt Coop Produkte aus den Schweizer Bergen. Der Blick aufs Ganze sollte also auch hier nicht verlorengehen.

Und was würde wohl geschehen, wenn konsequent alle Konsumentinnen und Konsumenten die Johannisbeeren aus Chile einfach links liegen lassen würden, um sich ein paar Schweizer Äpfel in den Warenkorb zu legen? ome

Kommentare (7)

Sortieren nach:Likes|Datum
  • Jeremias | 02.05.2024
    Taten statt Worte
  • Emanuel | 28.04.2024
    Guten Tag one
    Gerne möchte ich den Artikelschreiber fragen, wo zurzeit schweizerische Birnen im Coop zu finden sind, zurzeit finde ich nur Birnen aus Südafrika und Belgien, Äpfel aus der Schweiz sind vorhanden.
    Viele liebe Grüsse
    Emanuel
  • Wittwer Anna-Elisabeth | 27.04.2024
    Da ich eine Bekannte habe die bei Coop im Gemüse undFrüchte arbeitet weiss ich das die Beeren gar nicht so gekauft werden und viele weg geschmissen werden müssen
  • Tony | 27.04.2024
    Beeren sollten erst gekauft werden wenn unsere soweit sind - zum erhalt unserer Landwirtschaft-
  • Feinschmecker | 27.04.2024
    Der Konsument schreit gar nicht danach, der Grossverteiler bindet's ihm auf die Nase!
  • Seeländer | 26.04.2024
    Die Früchte werden unreif geerntet damit sie den langen Transport überstehen. Dazu sind sie voll vonFungiziden und Insektiziden. En Guete.
  • alpöhi | 26.04.2024
    wann lernt unsere Bevölkerung sich saisonal zu ernähren,das wäre ein ganz grosser Schritt in richtung Klimaverbesserung.Es ist doch ein absoluter Blödsinn Lebensmittel xtausende von Kilometern herzu karren
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