Nora Rutishauser und Benno Jungo werden während mehr als drei Monaten das mittelamerikanische Land Costa Rica bereisen. Dort arbeiten sie auf einem kleinen Betrieb, der exotische Früchte produziert. Während ihres Aufenthaltes berichten die Lebensmitteltechnologin und der Agronom über das Leben, die Landwirtschaft sowie die Produkte des Betriebs.
Nach drei Tagen Dauerregen beim Vulkan Arenal und natürlichen heissen Wasserquellen, nahmen wir den Bus über San José in südwestlicher Richtung, nach San Isidro.
San Isidro überraschte uns mit trockener Hitze. In den Strassen trafen wir viele mit Cowboystiefeln und Hüten. Wir fühlten uns wie im wilden Westen. Und das ist es, mit den vielen Fleischrindern in den Hinterlandhügeln.
Durch aufdringliche Taxifahrer und Hitze kämpfend, fanden wir schliesslich den Busbahnhof, von dort uns der Bus zu unserem eigentlichen Ziel, la Ribera, bringen sollte.
Einweihung ins Eierputzen
Eine Stunde später rumpelte der kleine, vollgepackte Bus die Landwege rauf und runter. Derweilen genossen wir die herrliche Landschaft mit den unendlichen Hügeln. Am späteren Nachmittag erreichten wir unser neues zuhause: die Finca Chinchilla. Die Besitzerin sah uns schon von Weitem, und zehn Minuten später wurden wir auch schon ins Eierputzen eingeweiht.
Von da an begann unser Arbeitstag um 6.00 Uhr mit dem Sonnenaufgang und endete spätestens um 12.30. Die Arbeit auf der Finca, die biologisch betrieben wird, wird auf die anwesenden freiwilligen Helfer verteilt. USA, Deutschland, Spanien, Kanada und die Schweiz, bilden hier einen bunten, produktiven Mix. Deshalb gibt es während jedem gemeinsamen Essen auch immer viel zu bereden.
Die tägliche Arbeit auf der Finca Chinchilla besteht aus 450 Hühnern füttern und Eier sammeln, Kuh melken, Schweine füttern und Stall säubern. Weiter werden regelmässig die Komposthaufen neu gemischt und Pferdeäpfel dafür gesammelt. Eine längere Arbeit ist immer die ganze Gartenpflege von Unkraut jäten, zu Neupflanzungen, zu Vorbereitungen treffen für den wöchentlichen Markt.
Jeden Donnerstag werden das Gemüse, Kräuter und Bananen auf dem Markt in San Isidro, die nächste grössere Stadt, verkauft. Für die zwei Besitzer immer ein langer Arbeitstag von 2.00 morgens bis 22.00 abends. Die Freiwilligen gehen mit, um das Marktleben als Arbeiter zu erleben.
Versteigerung mit 500 Tieren
Beeindruckend ist die "subasta" (Versteigerung) der Rinder. Rund 500 Tiere vom Kalb bis zum schlachtreifen Muni werden hier an je zwei Tagen pro Woche versteigert. Wer sich dies nicht gewöhnt ist, muss sich an den Umgang mit den Rindern erst gewöhnen. So auch wir. Wie viele Organisationen in Costa Rica wird auch das Versteigerungszentrum von einer "cooperativa" (Genossenschaft) der Landwirte betrieben.
Die Gegend hier ist sehr (sehr!) steil. Da kann wahrscheinlich nicht einmal das Emmental mithalten. Mit den Fleischrindern wird Weidewirtschaft betrieben. Milchwirtschaft gibt es hier fast keine. Diese ist in den höher gelegenen und milderen Regionen angesiedelt. Die Fleischrinder werden zusätzlich mit Zuckerrohr, Palmölextraktionsschrot und Hühnermist (!) gefüttert. Was uns anfangs schockte, macht objektiv gesehen Sinn. Die Hühner können nicht alles Protein im Futter verdauen und scheiden dementsprechend viel aus. Aufgrund der anders aufgebauten Verdauung der Rinder, können die Munis dieses Protein noch verdauen. Eine deutlich günstigere Proteinquelle hier in Costa Rica, als das teure Sojaschrot. Da die Futtergewinnung und -verabreichung alles Handarbeit ist, ist die halbe Tagesarbeitszeit des Betriebleiters damit gefüllt.
Die freien Nachmittage geniessen wir am und im Fluss ,oder durch die Landschaft spazierend. Oder der Besitzer nimmt uns auf seine Touren mit, Eier zu verteilen und Bananenstrunke einzusammeln.
Mehr Schlafen als in der Schweiz
Abends heisst es schon bald wieder Kochen und um neun fallen alle müde und zufrieden ins Bett, um erholt am nächsten Morgen die gackernde Hühnerherde begrüssen zu können. Hier wird deutlich mehr geschlafen, als wir dies von der Schweiz kennen. Man steht mit der Sonne auf und geht dann auch mit ihr zu Bett.
An den Wochenenden wird auch gearbeitet, jedoch wird Samstags möglichst gefeiert mit Pizzaparty oder Leute eingeladen und Sonntags bleibt mehr Zeit um andere Dörfer oder die Gegend zu entdecken. Wie beispielsweise der versteckte Wasserfall mit seinem kühlem, klarem Wasser.
Zwei weitere erlebnis-, und lernreiche Wochen neigen sich dem Ende zu. Um all die neuen Eindrücke zu verabeiten und geniessen, beenden wir die Woche mit einem Ausflug an die nahegelegenen Strände Dominical und Uvita.