Der bevorstehende Sommer wird nass und kalt – zumindest wenn der Zürcher Sechseläuten-Böögg recht behält. Erst nach 57 Minuten ist am Montag sein Kopf explodiert. So lange hatte der Böögg in seiner Geschichte noch nie.
Schuld am «Negativrekord-Bögg» war das Wetter: Am Morgen hatte es noch in den Holzstoss geregnet. Der Nachmittag war zwar frühlingshaft sonnig, das Holz aber nach wie vor nass. Nachträglich Anzündflüssigkeit hineinzuschütten, kam für die Verantwortlichen aus Sicherheitsgründen aber nicht in Frage.
Rekord pulverisiert
Der Böögg hat sich in den vergangenen Jahren nicht gerade als zuverlässig entpuppt. So lag er etwa im vergangenen Jahr ziemlich daneben, als der «grosse Chlapf» erst nach rekordverdächtigen 37 Minuten und 59 Sekunden durch die Innenstadt hallte. Der Sommer wurde dann bekanntlich heiss und viel zu trocken.
In diesem Jahr dauerte er mit 57 Minuten noch viel länger. Es bleibt zu hoffen, dass es nicht noch heisser und trockener wird. Die Regel lautet eigentlich ganz anders: Je schneller sein Kopf explodiert, desto sonniger und wärmer soll der Sommer werden. Folglich müsste der Sommer 2023 nass und kalt werden.
Der bisherige Rekord stammte von 2016. Damals brauchte der Böögg 43 Minuten und 34 Sekunden, bis ihm der Kopf weg flog. Kurz vor dem finalen Böller fiel der Kopf jedoch vom Gestell, so dass er auf dem Boden explodierte.
Hellebarde statt Reisigbesen
Abgesehen vom Negativ-Rekord verlief das diesjährige Frühlingsfest jedoch nach Plan. Zu Gast war der Nachbarkanton Schwyz. Der Böögg trug statt seines Reisigbesens deshalb ausnahmsweise eine Hellebarde. Das Schwyzer Wappen war auf seiner Fliege zu sehen.
3500 Zünfter, 350 Reiter, 50 Pferdewagen und 30 Musikkorps zogen an den Zuschauerinnen und Zuschauern vorbei. Begleitet wurden sie von zahlreichen Gästen, unter anderem den Bundesrätinnen Elisabeth Baume-Schneider (SP) und Viola Amherd (Mitte), Ständeratspräsidentin Brigitte Häberli-Koller (Mitte) und Nationalratspräsident Martin Candinas (Mitte).
Der Kanton Schwyz war mit dem gesamten Regierungsrat vertreten. Neben vielen Politikerinnen und Politikern liessen sich auch Sportlerinnen und andere Persönlichkeiten mit Blumen beschenken, eingeladen waren etwa die Schwyzer Skirennfahrerin Wendy Holdener und Urban Federer, Abt des Klosters Einsiedeln.
«Sechseläuten abschaffen»
Nicht alle konnten sich aber über den Anlass freuen. Juso-Aktivistinnen und -Aktivisten reihten sich mit einem Transparent mit dem Aufdruck «Sächsilüüte hätt usglüüte» in den Umzug ein. Sie forderten «die Abschaffung des Sechseläutens».
Der Anlass ist ihrer Meinung nach elitär, weil nur ein erlauchter Kreis mitmachen darf, sexistisch, weil Frauen nicht in den Zünften aufgenommen werden, und rassistisch. Letzteres wegen der braun angemalten Gesichter der Kämbel-Zunft.