Der anspruchsvolle Sommer 2021 zeigte, wie wichtig robuste Sorten bei der Bewältigung von Pilzkrankheiten sind. Die Branchenorganisation Swisspatat testete jeweils verschiedene Kartoffelsorten auf ihre Anfälligkeit auf die Kraut- und Knollenfäule. Untersucht wurde auch die Empfindlichkeit gegenüber Wasserstress.
In der Schweiz werden auf rund 11'000 Hektaren verschiedene Kartoffelsorten angebaut. Diese unterscheiden sich nicht nur im Geschmack und im Aussehen, sondern auch in ihrer Anfälligkeit auf verschiedene Krankheiten.
In den vergangenen Jahren wurden bereits robuste Sorten wie Jelly und Vitabella auf die Liste der empfohlenen Sorten aufgenommen, schreibt die Branchenorganisation Swisspatat auf ihrer Website. Neue Sorten sollen gegen Pilzkrankheiten robust sein und weniger behandelt werden müssen.
Ziel: Weniger Pflanzenschutzmittel
Der Sommer 2021 war für die Kartoffelproduzenten ein sehr herausforderndes Jahr. Der viele Regen begünstigte Pilzkrankheiten und wirkte sich negativ auf die Ernte aus. «Die Kraut- und Knollenfäule (Phy-tophthora infestans) konnte vielerorts nur mit einem grossen Spritzaufwand eingedämmt werden», schreibt Swisspatat. Weil Pflanzenschutzmittel immer mehr im Fokus der Politik und der Bevölkerung stehen, testet die Branchenorganisation zusammen mit der landwirtschaftlichen Forschungsanstalt Agroscope und der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) verschiedene Kartoffelsorten auf ihre Anfälligkeit auf die Pilzkrankheit.
Ziel ist, dass Sorten, die sich als robust zeigen, auf die Sortenliste aufgenommen und vermehrt angebaut werden. So soll der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sinken. Auch die Politik interessiert sich für robuste Sorten. Nationalrätin Meret Schneider (Grüne, ZH) fordert mit der Motion «Robuste Sorten. Potential ausschöpfen!», dass der Bund zusätzliche Mittel für die Förderung von robusten Sorten bereitstellt.
Kraut- und Knollenfäule (Phytophthora infestans)
Die Sporen der Pilzkrankheit verbreiten sich durch die Luft und vermehren sich bei feuchten Bedingungen im Kartoffelfeld schnell, wenn sie nicht behandelt werden. Im biologischen Anbau spritzen die Landwirte gegen den Pilz Kupferpräparate, im konventionellen ÖLN-Anbau synthetische Fungizide. Wenn sich die Pilzkrankheit ungehindert ausbreitet, kann dies grosse Ertragsverluste bis zu einem Totalausfall zur Folge haben. Gleichzeitig bildet der Pilz auch diverse Mutationen, die eine allfällige Resistenz von einzelnen Sorten durchbrechen können.
Fungizid: Im nassen Jahr Unterschied geringer
Im Frühling 2021 wurden nach 2020 zum weiten Mal die Sorten Acoustic, Twinner und Almonda im Vergleich mit der Sorte Jelly gepflanzt. Sechs Landwirtschaftsbetriebe testeten die Sorte in der Praxis. Sie behandelten die Parzellen nur nach Absprache mit den Forschenden und wenn das Prognosesystem dies empfahl – dies auch unter Berücksichtigung ihrer eigenen Erfahrungen. «Die Landwirte mussten jedoch Vertrauen in die Prognosen entwickeln, da bei einem Befall grosse Ertragsverluste drohen», schreibt Swisspatat in der Mitteilung.
2020 ist der Fungizid-Einsatz bei den robusten Sorten gegenüber herkömmlichen Sorten durchschnittlich von 6 auf 3 Spritzungen halbiert worden, ohne dass ein nennenswerter Befall auftrat. Im nassen Sommer 2021 hingegen wurden die robusten Sorten 5 bis 8 Mal behandelt, während bei den herkömmlichen Sorte oft über 8 Mal gespritzt wurde. Die Sorten werden weiter nun in Grossanbauversuchen geprüft.
Wasserstress: 2021 keine Unterschiede
Untersucht wurde auch der Wasserstress von Kartoffelsorten. Die Prognosen der Klimaforschenden gehen von zunehmend trockenen und heissen Sommern aus. Aus diesem Grund untersucht Agroscope die Anfälligkeit von Kartoffelsorten gegenüber Wasserstress. Dazu werden während vier Jahren Feldversuche durchgeführt, wobei die Hälfte bewässert und die andere Hälfte nicht bewässert wird. Es werden dabei jedes Jahr etwa zwanzig Kartoffelsorten getestet.
Im trockenen Sommer 2020 wurde ein durchschnittlicher Ertragsunterschied von mehr als 25 Tonnen pro Hektare zwischen den beiden Bewässerungsvarianten beobachtet. Dabei waren die Ertragsverluste der einzelnen Sorten sehr unterschiedlich und lagen zwischen 26% bei den wasserstresstoleranten und 57% bei den empfindlichen. Die Saison 2021 war die nasseste in den letzten 30 Jahren und es wurde kein Ertragsunterschied zwischen den beiden Bewässerungsbedingungen festgestellt.
Eines der Ziele dieser Versuche ist es, zu verstehen, warum die einzelnen Sorten unterschiedlich auf den Stress reagieren. Dazu werden im Rahmen einer wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit INRAE in Rennes weitere Gewächshausversuche in der Schweiz und in Frankreich durchgeführt. In diesen Versuchen wird beispielsweise die Wurzelentwicklung und die Effizienz der Wassernutzung der Pflanze beobachtet. Die verschiedenen Versuche werden ein besseres Verständnis dafür liefern, welche Merkmale der Kartoffelsorte die Resistenz gegen Wasserstress am besten erklären und von den Züchtern in ihren Sortenzuchtprogrammen berücksichtigt werden könnten.
Robuste Sorten im Detailhandel etablieren
Damit sich eine robuste Sorte durchsetzen kann, muss sich sie sich im Handel durchsetzen. In einem weiteren Projekt der HAFL wird deshalb auch dieser Aspekt untersucht. «Eine Sensibilisierung der Kundschaft für das Thema ist notwendig», schreibt Swisspatat.
In den nächsten zwei Jahren werden deshalb unter anderem die drei festkochenden Sorten Fenna, Lea und Sound getestet. Die drei Sorten werden vom Züchter als robust gegen die Krautfäule beschrieben. «Auch die Sorte Lady Jane, die im Rahmen von neuen Sorten für Pommes frites getestet wird, scheint vielversprechend bezüglich Robustheit», heisst es weiter.
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