Die amtierende Red-Holstein-Europameisterin und Weltmeisterin Pepita hat alles erreicht und trotzdem keine Starallüren. Ihre aussergewöhnliche Laufbahn verankert den Namen Everdes Holstein in der Zuchtszene.
Vor vier Jahren beschlossen Jean-Charles Philipona, Jean- Philippe Yerly und Christophe Pittet, gemeinsame Sache zu machen, und gründeten eine Betriebsgemeinschaft (BG) in Echarlens FR. Die drei bekannten Männer in Landwirtschaft und Viehzucht tauften ihr gemeinsames Baby Everdes Holstein. Doch weil bekanntlich aller Anfang schwer ist, machten sie sich Sorgen, denn der neue Präfix war ein noch unbeschriebenes Blatt in der Zuchtszene und musste sich zuerst etablieren. Sie dachten an Werbung und an eine Internetseite, aber dies war mit Investitionen verbunden.
Doch dann geschah etwas Aussergewöhnliches, und über Nacht war Everdes Holstein in aller Munde! Die gemeinsame Kuh Pepita wurde 2010 in Cremona (I) zur schönsten Red-Holstein-Kuh Europas erkoren. Obwohl die Schönheit nicht den Präfix Everdes Holstein trägt, brannte sich der Name Everdes Holstein dank ihrer Hilfe in das Gedächtnis Tausender Menschen. Das Pünktchen auf dem i in der aussergewöhnlichen Laufbahn der Topkuh Pepita war der Weltmeistertitel im vergangenen Jahr, der ihr durch die Fachzeitung «Holstein International» verliehen wurde.
Pepita zu Everdes
Das Interesse der Medien und Züchter sei schlagartig gestiegen. Nachdem sich der Name in der Zuchtszene verankert habe, gehe es darum, Genetik zu verkaufen. Mit der Wirtschaftslage und dem Milchpreis sei dies aber gar nicht so einfach, der Markt in der Schweiz sei beschränkt, und auch im Ausland scheitere manches Geschäft, wenn es um den Preis gehe. Doch wie ist Pepita auf den Betrieb gekommen? Vor einigen Jahren habe sein Nachbar mit der Milchproduktion aufgehört, erzählt Jean-Philippe Yerly, damals habe er ihm das Kontingent und die Hälfte seiner Rinder abgekauft.
An Expos und im Stall stark
Für Jean-Philippe Yerly ist klar: «Eine Ausstellungs-Championne muss auch eine Championne im Stall, sprich in der Produktion sein.» Pepita wird auch hier allen Anforderungen gerecht, mit einer Durchschnittsleistung von 10'900 kg Milch bei Gehalten von 4,34% Fett und 3,62% Eiweiss liegt sie über dem Stalldurchschnitt von 9'000kg Milch und Gehalten von 3,9% Fett und 3,3% Eiweiss. Die Berühmtheit geniesst keine Sonderbehandlung, denn «für die Milchproduktion ist jedes Tier im Stall wichtig»! So läuft Pepita in der 110-köpfigen Milchviehherde mit, benutzt dieselben Liegeboxen und frisst dieselben Futterrationen.
Die erfolgreiche Teilnahme an Ausstellungen habe für den Betrieb eine genauso grosse Bedeutung wie die Milchproduktion. Die 3 bis 4 Tiere an den Ausstellungen trügen dazu bei, den Ruf und die Bekanntheit zu pflegen und potenzielle Interessenten und Käufer für die Genetik anzuwerben. Gleichzeitig sorgen die restlichen 100 Kühe im Stall dafür, dass Milchgeld fliesst. Es brauche eben beides. Heute sei oft das Problem, dass die zuchtinteressierten Jungen nur die Expos im Kopf hätten. Sie sähen nur die Ausnahmekühe an den Ausstellungen und vergässen die restlichen Tiere zu Hause im Stall, so Yerly. Die Tiere seien ihnen sehr wichtig, aber wenn am Ende des Monats die Kasse nicht mehr stimmt, nützt alle Tierliebe nichts.
Aber auch die neue Agrarpolitik bereitet Kummer. Der Betrieb produziere zu intensiv und passe nicht ins Extensivkonzept des Bundes. Handzahm wie Hündchen sind die Kühe im grosszügigen Laufstall, und man spürt, wie viel Motivation, Leidenschaft und Herzblut in Tiere und Zucht gesteckt wird. Alles Eigenschaften, welche durch die Agrarpolitik 2014–2017 zu verschwinden drohen, befürchtet er.
Starke Nachzucht
Auf die Frage, wo sich der Betrieb heute bezüglich Zuchtniveau sehe, antwortet Yerly: «Nur weil wir Pepita haben, heisst das nicht, dass wir jetzt die Besten sind!» Solange das Interesse der Leute vorhanden ist, sei dies ein gutes Zeichen. Wichtig sei es, weiterzumachen und sich nicht auf der Erfolgswelle auszuruhen. Die Zeit gehe schnell vorbei und mache auch vor Pepita nicht halt, eine Kuh sei schnell alt, und irgendwann brauche es eine «neue Pepita».
Dies sind nicht nur leere Worte, bereits vier rote Töchter Pepitas befinden sich auf dem 95 Hektaren grossen Betrieb. Die erste habe vor drei Wochen gekalbt und sehe vielversprechend aus, meint Jean-Philippe Yerly zufrieden. Zudem seien sie mit der Kuh Yerly Ralstorm Gémina, Reserve-Championne Intermédiaire Swiss Expo 2012, im Auszug der 30 EM-Kandidatinnen für Freiburg.
Tag der offenen Tür
Währenddem Gémina um ihren Startplatz an der EM am Samstag, 2.März, wetteifert, herrscht auch auf dem Betrieb der BG Hochbetrieb. Christophe Pittet kümmert sich gemeinsam mit dem Tierarzt um die Blutprobenentnahme bei den Rindern, welche am Freitag, 1. März, am Showman-Wettbewerb präsentiert werden; Jean-Charles Philipona fordert und fördert den Nachwuchs an der Landwirtschaftsschule Grangeneuve, und Jean-Philippe Yerly kümmert sich mit den beiden Lehrlingen um die Vorbereitungen der Open Dairy Show am 27. Februar in Bulle und auch den Tag der offenen Tür. Denn während der EM stehen auch die Stalltore der BG Everdes Holstein allen Besuchern von nah und fern offen.
Holstein-EM 2013
Im Vorfeld der Holstein-Europameisterschaft vom 1. bis 3. März 2013 in Freiburg haben wir in einer Serie die früheren Schweizer Europameister vorgestellt. Dieser Beitrag ist der letzte dieser Serie: Albert Bachmann, Estavayer FR (1996), Christian Menoud, Romanens FR (2004), François Morand, Vuadens FR (2006), sowie Michel Castella, Sommentier FR, und Everdes Holstein, Echallens FR (beide 2010).