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«Sackmasser sind für mich Yoga»

 

In einem Zimmer auf ihrem Milchwirtschaftsbeitrieb in Muotathal SZ setzt Melanie Gwerder seit sechs Jahren für Victorinox Sackmesser zusammen. Eine Notsituation brachte sie zu dieser Tätigkeit.

 

Ab Schwyz fährt das Postauto immer weiter hinein ins Tal. Die Strasse ist flankiert von hohen Bergwänden. Es ist ein verhangener Tag, der Nebel lässt einen noch weniger weit blicken also ohnehin schon. Dicke Schneeflocken fallen in Muotathal  vom Himmel, obwohl bereits Mitte März ist.

 

In die ganze Welt

 

In einem der alleinstehenden Bauernhäuser wohnt Melanie Gwerder und produziert Sackmesser, die in die ganze Welt verschickt werden. Sackmesser für Victorinox. Die junge Frau steht in der Tür. Jeans, blaue Bluse, im rechten Nasenflügel steckt ein Piercing, um den Hals hängt eine Kette mit Herzanhänger. Sie führt in einen Raum zwischen Badezimmer und Wohnstube. Es sieht auf den ersten Blick aus wie ein schön aufgeräumter Hobbyraum oder ein Büro. Lange Pulte stehen da und eine Nähmaschine. Überall hängen Familienfotos und Kinderzeichnungen.

 

An einer Wand steht aber ein Metalltisch mit mechanischer Vorrichtung und mehreren Kistchen mit Schrauben, Korkenziehern und Messerklingen drin. «Ich darf hier das Innenleben, den Corpus der Victorinox-Sackmesser herstellen», sagt Gwerder. Sie setzt sich an den Tisch und stapelt schnell und mit routinierten Bewegungen die einzelnen Elemente aufeinander. Mit dem Fuss drückt sie auf ein Pedal und die Maschine presst das Ganze mit Nieten zusammen.

 


Alle zwei Wochen liefert ein Victorinoxmitarbeiter die Einzelteile. Danach arbeitet Gwerder insgesamt 80 Stunden daran und stellt je nach Modell über 2000 Messer zusammen. Bei der nächsten Lieferung von Einzelteilen nimmt der Mittarbeiter die zusammengestellten Messer mit und bringt sie in den Hauptsitz der Firma in Ibach SZ. Dort werden sie fertiggestellt und in der ganzen Welt verschickt.

 

Knochenbrüche

 

«Ich finde es cool, von zu Hause aus für ein so bekanntes Unternehmen zu arbeiten», sagt Gwerder, die das seit mittlerweile sechs Jahren macht. Dabei hat sie sich gar nicht aus tiefem Wunsch, sondern aus einer Notsituation heraus um eine Stelle als Heimarbeiterin, wie sie und ihresgleichen bei Victorinox genannt werden, beworben. Eigentlich wollte sie nämlich Milchtechnologin werden. Sie begann eine Lehre in der Käserei Lustnau in Muota­thal. Durch einen ungeschickten Schritt vertrat sie sich den Fuss so, dass er mehrmals gebrochen war. Sie musste die Lehre abbrechen. Auf der Suche nach einer Möglichkeit, Geld zu verdienen, bewarb sie sich als Heimarbeiteirn bei Victorinox.

 

Keine zweite Chance

 

Lange hörte sie nichts von der Firma und dachte nicht mehr daran. Im Sommer arbeitete sie auf dem Milchwirtschaftsbetrieb ihres Mannes mit und bekam eine Tochter und einen Sohn. Eines Tages – drei Jahre, nachdem sie die Bewerbung abgeschickt hatte – bekam sie einen Anruf. Von Victorinox. Sie solle eine Woche nach Ibach kommen, um zu sehen, was ihre Aufgabe sei. Danach könne sie von zu Hause aus arbeiten. «Ich war sehr überrascht und da ich in der Zwischenzeit neue Aufgaben hatte, zögerte ich zuerst», erzählt sie. «Ich wusste aber, dass eine solche Chance nicht mehr kommen würde, also sagte ich zu», so die junge Frau.

 


Tatsächlich seien die Stellen als Heimarbeiterinnen beliebt, erzählt Claudia Mader von Victorinox. Pro Monat gingen etwa fünf Spontanbewerbungen dafür ein. Sie führten eine Warteliste, auf der einige Personen bereits über einem Jahr draufstehen. «Momentan arbeiten 39 Frauen in Heimarbeit für Victorinox», sagt Mader weiter. Sie kämen aus dem ganzen Talkessel von Schwyz, sind in Brunnen, Illgau, Muotathal, Gersau und Steinen. «Das Modell wurde bereits in den 1950er-Jahren eingeführt», erzählt Mader. Unter anderem, um besonders Frauen die Möglichkeit zu eröffnen, neben dem Haushalt und der Kindererziehung auch einer bezahlten Arbeit nachzugehen.

 


Das kommt heute auch Gwerder entgegen. Könnte sie die Arbeit nicht so flexibel von daheim aus machen, wäre sie zeitweise nicht berufstätig gewesen. Aber so sei es ideal. Mittlerweile arbeitet sie immer dann, wenn ihre Kinder in der Schule sind, hört dazu Radio, manchmal schaut sie eine Serie auf dem Tablet oder lässt ihre Gedanken schweifen. «Es ist ein Ausgleich für mich. Wie Yoga», sagt sie und lacht. «Ich könnte nicht mehr ohne.»

 

Mittlerweile nahm sie sogar ihre Arbeit in der Käserei wieder auf und sie macht die Bäuerinnenschule. Die Module sind abgeschlossen, es fehlt noch die Diplomarbeit. «Trotz der neuen Aufgaben habe ich nicht vor, die Heimarbeit für Victrinox aufzugeben», sagt Gwerder und fängt wieder an, an ihrem Metalltisch Messer zusammenzusetzen.

 

 

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