Das Berner Obergericht muss sich das dritte Mal mit den mutmasslich ungenügend gepflegten Klauen eines längst geschlachteten Schafes beziehungsweise mit dem Halter und dessen Rolle in diesem Fall beschäftigen. Das Bundesgericht hiess eine Beschwerde des Mannes ein weiteres Mal gut.
Der Amtstierarzt stellte dem Schafhalter im Strafverfahren ein gutes Zeugnis aus. Er hatte die Herde des Mannes gut zwei Wochen vor jenem Tag kontrolliert, an dem bei einem der Mutterschafe ein Madenbefall an einer Klaue festgestellt wurde.
Schuldspruch wegen Tierquälerei
Laut Angaben von Tierärzten bestand der Befall seit mindestens einem Tag. Das Regionalgericht Berner Jura-Seeland verurteilte den Mann deshalb wegen Tierquälerei durch «Unterlassen der fachgerechten Klauenpflege».
Das liess der Schafhalter nicht auf sich beruhen und zog die Sache weiter. Das Obergericht bestätigte jedoch den Schuldspruch, die bedingt ausgesprochene Geldstrafe von vier Tagessätzen zu 80 Franken sowie die Busse von 80 Franken.
Anklageprinzip verletzt
Bereits bei seinem ersten Gang ans Bundesgericht erhielt der Mann dann aber Gehör. Der als Anklageschrift dienende Strafbefehl verstiess gegen das Anklageprinzip. Vorwürfe, wegen welcher der Schafbesitzer verurteilt worden war, standen so nicht im Sachverhalt.
Das Bundesgericht wies den Fall im November 2019 deshalb zur neuen Beurteilung an das Berner Obergericht zurück. Und dieses schickte den Strafbefehl zu Ergänzung an die Staatsanwaltschaft zurück. Das neue Urteil des Obergerichts fiel aus wie das alte.
Nachbessern nicht erlaubt
Wieder zog der Schafhalter ans Bundesgericht, und wieder erhielt er Recht. Das Obergericht hätte die Anklage in diesem Verfahrensstadium nämlich nicht mehr zur Ergänzung an die Staatsanwaltschaft zurückweisen dürfen.
Vielmehr hätte es auf der Basis der bestehenden Anklage entscheiden müssen, ob eine Verurteilung möglich ist oder nicht. Diese Chance erhält es nach der Rückweisung durch das Bundesgericht noch einmal.
(Urteil 6B_1216/2020 vom 11.4.2022)