Bundesrat Johann Schneider-Ammann hat in seiner Rede in Eschenz TG darüber nachgedacht, was er Wilhelm Tell über die Schweiz von heute erzählen würde. In einem fiktiven E-Mail an den Nationalhelden lobte er die «Erfolgsstory» der Schweiz - mahnte aber, dass dafür etwas getan werden müsse. Bundesrat Ueli Maurer hat in seiner Rede im Goms VS Freiheit und Erfolg der Schweiz gepriesen.
«Wir müssen immer besser sein, wachsamer und flexibler», sagte Schneider-Ammann am Montagabend laut Redetext vor dem Thurgauer Publikum. Viele in der Region litten unter Einkaufstourismus und Onlinehandel, sagte der Wirtschaftsminister. Er versicherte, der Bundesrat mache dagegen, was möglich sei. «Wir haben bisher alle industriellen Umbrüche gemeistert und wir werden auch den nächsten meistern, also die Digitalisierung», zeigte sich Schneider-Ammann überzeugt. Sie verändere zwar viele Berufsbilder - aber biete auch Chancen.
Direkte Demokratie
Er habe Wilhelm Tell aber auch geschrieben, dass die Schweiz mit ihren Nachbarn in Frieden lebe und mit der EU einen ganzen Kranz von Verträgen abgeschlossen habe, die für den Wohlstand des Landes entscheidend seien. Schneider-Ammann bekräftigte, diesen Weg dezidiert weitergehen zu wollen: «Es ist der unabhängige und souveräne Weg, der uns mit unserem wichtigsten Handelspartner auf Augenhöhe verbindet.»
Einen Gessler gebe es in der Schweiz nicht mehr, habe er Tell versichert, dafür sieben Mitglieder eines Rates, die bei jedem Entscheid eine tragfähige Lösung finden müssen. «Die direkte Demokratie macht es uns bewusst nicht leicht.» Doch das sei gut so: «Selbst wenn wir wollten, könnten wir nicht übermütig werden.» Das würde Wilhelm Tell gefallen, glaubt Schneider-Ammann.
Maurer preist Freiheit und wirbt für nackte Tatsachen
Bundesrat Ueli Maurer hat in seiner Rede im Goms VS Freiheit und Erfolg der Schweiz gepriesen. Er kritisierte die EU und internationale Verträge - und rief die Bevölkerung dazu auf, auf nackte Tatsachen hinzuweisen. Manchmal sei es ja so, «dass man gerade das Wichtigste im Alltag übersieht», sagte Maurer am Montagabend laut Redetext. Er habe immer wieder den Eindruck, in der Schweiz sei es auch so, «dass wir das Wichtigste übersehen, was dieses Land ausmacht: Die Freiheit.»
Wie wichtig sie sei, falle auf, wenn man das Schweizer Staatssystem mit anderen Ländern vergleiche. Während die Bundesverfassung mit Gott dem Allmächtigen beginne und gleich zum Schweizervolk und den Kantonen überleite, töne es im wichtigsten Vertragswerk der EU, dem Vertrag von Lissabon ganz anders: Er beginne mit «seine Majestät, dem König der Belgier».
Tradition der Bequemlichkeit
Die Freiheit sei ein grosses Privileg, aber auch eine Verpflichtung, sagte der Finanzminister. Die Schweiz habe nicht nur eine alte Tradition, die Freiheit zu verteidigen: «Es gibt in der Schweiz auch eine Tradition der Bequemlichkeit.» So gäben Gemeinden Kompetenzen an den Kanton ab, der Kanton wiederum an den Bund. Und der Bund unterschreibe internationale Verträge - «denn wenn etwas international geregelt ist, dann meint man, nicht mehr selbst die ganze Verantwortung zu tragen».
Maurer verwies auf Andersens Märchen vom Kaiser und den neuen Kleidern: Der Kaiser lässt sich von Scharlatanen Kleider andrehen, die angeblich für Dumme unsichtbar sind - und läuft nackt durch die Strassen. Da niemand als dumm gelten will, klatschen alle Beifall. Bis ein Kind ruft: Der Kaiser ist ja nackt! «Jemand muss den Mut haben», folgerte Maurer, «auf die Wahrheit hinzuweisen, auf die nackten Tatsachen». Auch auf die Gefahr hin, «dass er als dumm gelten wird, als ungebildet, als hinterwäldlerisch, als populistisch».



