Rapsfelder bedecken in der Schweiz 24’500 Hektaren Ackerland, das entspricht der Fläche des Neuenburger- und Bielersees zusammen. Am zweitmeisten einheimisches Speiseöl liefern Sonnenblumen mit 4500 Hektaren. Insgesamt beträgt der Selbstversorgungsgrad an pflanzlichen Ölen und Fetten in der Schweiz fast ein Viertel.
Davon stammen gemäss neuesten Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) fast zwei Drittel vom Raps. Dessen Anbaufläche hat sich in den letzten 100 Jahren um das Fünfzigfache vergrössert.
Von 500 auf 24’500 Hektaren
Das Wachstum war fast linear – mit einem Zwischenhoch im Zweiten Weltkrieg in Folge des Anbauplans Wahlen und einem Zwischentief Ende der 1990er, als die Öffnung der Märkte zu einem Preiszerfall führte. Letzterer wurde durch zusätzliche Direktzahlungen aufgefangen. Die Entwicklung der Flächen ist beeindruckend.
Gemäss der eidgenössischen Betriebszählung von 1905 betrug die Rapsfläche damals lediglich 500 Hektaren, weniger als 1% der offenen Ackerfläche. 1945 waren rund 2% der offenen Ackerfläche mit Raps bestellt. Das anschliessende weitere Wachstum der Rapsfläche hängte gemäss BFS unter anderem mit der Mechanisierung (Mähdrescher für die Ernte) zusammen. 2020 entsprach die Rapsfläche mit rund 24’500 Hektaren 9 Prozent der offenen Ackerfläche.
Die Raps- und Sonnenblumenfläche betrug somit zusammen 29’000 Hektaren und deutlich mehr als die Zuckerrübenfläche (17 600 Hektaren) oder fast dreimal die Kartoffelfläche (11’000 Hektaren) der Schweiz. Die Fläche von Soja ist viel kleiner, zeigt aber ebenfalls seit 2008 einen Wachstumstrend auf. Sie betrug im Jahr 2020 rund 2000 Hektaren. Hanf, Lein, Ölkürbisse, Senf, Leindotter, Mohn und Saflor sind weitere Pflanzen, die zu den Ölsaaten zählen aber eher Nischenprodukte darstellen.
6 Kilo Rapsöl pro Kopf
2020 konsumierte die Schweizer Wohnbevölkerung pro Kopf und Jahr fast sechs Kilo Rapsöl; es war das Öl, das gemäss BFS am häufigsten verzehrt wurde. Das mag Schweizerinnen und Schweizer erstaunen, denn in der privaten Küche fristet es eher ein Schattendasein neben Sonnenblumenöl (5,2 Kilo) und Olivenöl (2,2 Kilo). Ein Grossteil des Rapsöls dürfte in die Gastronomie fliessen: als Frittierfett und Speisemargarine etwa.
Auch zur Herstellung von Schokolade und Kosmetika wird es verwendet. Der Ölkuchen, der nach der Pressung von einheimischen Pflanzenölen übrigbleibt, deckt zudem 0,6 Prozent des Schweizer Futtermittelbedarfs für Nutztiere. So wurden 2019 gemäss Futtermittelbilanz 43’800 Tonnen Ölkuchen (Trockensubstanz) als Futtermittel für Nutztiere eingesetzt. Diese inländischen Ölkuchen entsprechen etwa 13% aller verfütterten Ölkuchen oder eben 0,6% der gesamten Futtermittel.
Wo Raps und Sonnenblumen angebaut werden
6654 Landwirtschaftsbetriebe bauten im Jahr 2020 Raps und 1930 Betriebe Sonnenblumen an. Dies ergab eine durchschnittliche Fläche von fast 4 Hektaren Raps beziehungsweise 2 Hektaren Sonnenblumen pro Betrieb. Der Anbau konzentriert sich auf Regionen im Mittelland. 50% der Rapsfläche befindet sich in den Kantonen Waadt, Bern und Aargau.
In einigen Zentralschweizer Kantone (Uri, Obwalden, Nidwalden) und in Appenzell Ausserrhoden wurde in den letzten Jahrzehnten kein Raps produziert. Rund 90% der Ölfrüchte werden in der Talzone angebaut. Raps wächst auch in der Hügelzone, in den Bergzonen werden nur noch marginale Flächen registriert. Soja- und Sonnenblumenflächen befinden sich zu 95% in der Talzone.
Ölsaaten in Bioqualität gibt es in der Schweiz derzeit nur wenig. 2020 wurde rund 5% der Fläche mit Ölsaaten biologisch angebaut. 2% der Rapsfläche und 8% der Sonnenblumenfläche wurden biologisch bewirtschaftet. Hingegen war ein Drittel der Sojafläche biologisch.
Der kurze Traum vom Rapsdiesel
Als erneuerbare, umweltfreundliche Alternative zu fossilen Brennstoffen erfuhr Raps in den 1990er Jahren neue Wertschätzung. Auf 1600 Hektaren wurde die Produktion von Rapsdiesel gestartet. Dank einer 2008 eingeführten Mineralsölsteuererleichterung rentierte das sogar.
Doch dann kam der Dämpfer: Anfangs der 2010-er Jahre musste gemäss Studien der OECD, der Weltbank und der Empa festgestellt werden, dass ein grosser Teil der Agrotreibstoffe aus industriellem Pflanzenanbau ein ökologisch und ökonomisch ineffizienter Ersatz für Erdöl sind. «Deshalb ist Raps als nachwachsender Rohstoff innert kürzester Zeit praktisch verschwunden», heisst es in der BFS-Statistik vom Donnerstag.
Edwin Heller
Schlechtes Verhältnis zwischen Fläche und Ertrag
2020 wurden in der Schweiz 88’100 Tonnen Raps, 12’300 Tonnen Sonnenblumen, 5200 Tonnen Soja, 300 Tonnen Öllein und 60 Tonnen Ölkürbisse (Kerne) geerntet. Das sind gesamthaft 106’000 Tonnen Ölsaaten. Im selben Jahr wurde auf einem Drittel der Fläche fast fünfmal mehr Kartoffeln (490’000 Tonnen) produziert. Das schlechte Verhältnis zwischen Anbaufläche und Ertrag bei Ölsamen erklärt sich aus dem im Verhältnis zur Kartoffel viel geringeren essbaren Anteil der Ölpflanzen.
Zudem sank seit 1985 der Herstellungspreis. Ölsaaten sind deshalb unterstützungsbedürftig. Gemäss Landwirtschaftsgesetz (LwG) werden für Ölsaaten zusätzlich zu den allgemeinen Direktzahlungen Einzelkulturbeiträge ausgerichtet. Seit 1999 leistet der Staat Flächenbeiträge für Ölsaaten. 2021 stammte fast ein Fünftel des Produktionswerts aus Flächenbeiträgen – 23 der 107 Millionen Franken. Zum Vergleich beträgt der Produktionswert von Kartoffeln im selben Jahr 159 Millionen Franken.
Ölsaaten und Agrarpolitik
Ölsaaten werden vom Staat speziell unterstützt. Gemäss Landwirtschaftsgesetz (LwG) werden für Ölsaaten zusätzlich zu den allgemeinen Direktzahlungen Einzelkulturbeiträge ausgerichtet. Damit wird der Anbau dieser Kulturen gefördert und eine sinnvolle Bereicherung der Fruchtfolge unterstützt. Für Raps, Sonnenblumen, Ölkürbisse, Öllein, Mohn und Saflor beträgt der Einzelkulturbeitrag jeweils 700 Franken pro Hektare und Jahr.
Relativ tiefer Selbstversorgungsgrad
Das alles erklärt, warum der Selbstversorgungsgrad bei pflanzlichen Speiseölen weit tiefer liegt als bei anderen Nahrungsmitteln: Der Inlandanteil über alle Nahrungsmittel lag 2020 bei rund 56 Prozent. Dieser Anteil betrug für die pflanzlichen Öle und Fette 24 Prozent. Wird die Selbstversorgung nach Ölpflanzen gesondert betrachtet, beträgt sie 63% für Rapsöl und 9% für Sonnenblumenöl.
2020 betrug der Verbrauch von pflanzlichen Ölen und Fetten 156’400 Tonnen. Davon machte die Inlandproduktion 36’800 Tonnen aus und stand einer viermal grösseren Importmenge von 149’800 Tonnen gegenüber
Bernhard Schneider
Bedarf steigt
Doch nicht nur die Anbaufläche wächst, auch der Bedarf scheint tendenziell zu steigen: 2020 war der Verbrauch von Ölen und Fetten allgemein in der Schweiz um 13 Prozent höher als im Jahr davor. Das BFS führt dies «auf die veränderten Essgewohnheiten während der Covid-19-Pandemie» zurück. 1980 lag der Verbrauch von Ölen und Fetten bei 13 kg pro Person. Seither ist der Konsum gewachsen und beträgt 2020 rund 17,8 kg pro Person. Diese Menge entspricht 49 g pro Person und Tag.
Rapsöl war mit 5,9 kg pro Person im Jahr 2020 das Öl, das in der Nahrung am meisten verwendet wird, gefolgt von Sonnenblumenöl mit 5,2 kg. Der Verbrauch von Palmöl ist zwischen 2017 und 2020 von 3,2 kg auf 2,2 kg pro Person und Jahr zurückgegangen. «Dies könnte darauf hindeuten, dass die Lebensmittelindustrie Palmöl vermeidet», schreiben die Statistiker. Der Verbrauch von Olivenöl betrug 2,2 kg pro Person