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«Schweizer Wein zu unrecht unterschätzt»

sam |

 

Katja Riem aus Kiesen BE stammt in sechster Generation aus der renommierten Kellerei Riem, Daepp & Co. AG. Die gelernte Winzerin und Landwirtin hegt und pflegt selbst einen Teil der familieneigenen Reben. Und die 24-Jährige engagiert sich für den Schweizer Wein.

 

«Schweizer Bauer»: Was macht für Sie Schweizer Wein aus?
Katja Riem: Der Schweizer Wein ist ein Kulturgut mit einer riesengrossen Tradition. Wir können qualitativ mit anderen Weinnationen schon lange mithalten. Der Schweizer Wein wird trotzdem noch immer unterschätzt. Der Schweizer Wein hat noch ein grosses Potenzial, was auch mit dem klimatischen Wandel zusammenhängen mag. Aus einer agrarwirtschaftlichen Situation ist im Vergleich zu den meisten anderen Agrargütern speziell, dass der Wein nicht durch Zölle geschützt ist. Das macht ihn auf der einen Seite angreifbar, was die Preise angeht. Dafür kann man sich mit Qualität profilieren.

 

Sollte man denn bei anderen Kulturen die Zölle auch abschaffen?
Nein. Denn etwa der Ackerbau hat ganz andere Voraussetzungen. Ich finde es unglaublich, dass man beim Abliefern von Ackerfrüchten manchmal ein halbes Jahr auf die Zahlung warten muss und dabei den Preis überhaupt nicht beeinflussen kann. Ganz anders beim Wein: Dank dem grossen Anteil der Direktvermarktung kann man vom Anbau bis zur Etikette alles beeinflussen. Dank dieser Nähe zum Endverbraucher ist es auch einfacher, sich zu positionieren.

 

Früher war es auch anders. Der Wein war früher in der Schweiz auch eher ein Massengut.
Ja, das stimmt. Mit der Einführung der geschützten Ursprungsbezeichnung und den offenen Grenzen konnte man einen Qualitätsschub erreichen. Gerade Schweizer Wein ist ein eher teureres Qualitätsprodukt.

 

Von Chasselas und Pinot geht man weg. Dafür werden entweder ganz neue oder dann alte Sorten vermehrt angebaut. Geht das so weiter?
Das ist richtig. Früher waren Chasselas und Pinot in der Schweiz Trumpf. Heute kommen immer mehr die pilzwiderstandsfähigen Sorten (Piwi-Sorten) auf. Man muss wissen, wie diese gezüchtet werden. Es gibt zum einen die europäischen Sorten. Dann die amerikanischen Sorten. Diese sind sehr resistent gegen Pilzkrankheiten und die Reblaus. Ihr Problem ist aber, dass sie nicht besonders gut schmecken. Diese amerikanischen Sorten werden aber schon lange zum Aufpropfen als Unterlage gebraucht wegen ihren Resistenzen. Bei den neuen Piwi-Sorten versucht man nun, europäische mit amerikanischen Sorten zu kreuzen.

 

Weshalb?
Durch die Kreuzung versucht man, die Resistenz der amerikanischen Sorten mit dem Geschmack der europäischen Reben zu mischen. Neue Rebsorten zu züchten, kann aber bis zu 30 Jahre brauchen. Immerhin: Es gibt erste Piwi-Sorten wie Solaris oder Johanniter, die vielleicht noch etwas exotische Noten haben, die aber bereits sehr gut beim Publikum ankommen. Und man sieht die Vorteile dieser Sorten gerade jetzt. Heuer ist ein sehr anspruchsvolles Jahr. Ein richtiges Pilzjahr. Unsere Standorte mit Solaris und Johanniter sind nicht gespritzt. Aber sind dennoch pilzfrei.

 

Dann ist also der pflanzenschutzarme oder gar freie Rebbau ja doch möglich?
Achtung. Gerade wir Winzer sind stark von der Nachfrage am Markt abhängig. Denn es gibt immer noch viele Konsumenten, welche an traditionellen Sorten hängen. Deshalb können jetzt nicht auf einmal alle nur noch Piwi-Sorten anbauen.

 

Der eine Trend geht sicher zu neuen Sorten. Ebenfalls im Trend sind alte Sorten. Geht auch dieser Trend weiter?
Beim Wein ist es immer schön, wenn man eine Geschichte dazu erzählen kann. Denn dazu eignen sich die alten Sorten gut. Das Wallis ist hier ein Vorreitergebiet. Für mich persönlich ist der Anbau von alten Sorten aber vor allem dann sinnvoll, wenn diese auch aus der Schweiz stammen, also autochthon sind.

 

Was gibt es geschmacklich für Trends?
Es gibt grosse Unterschiede zwischen den Generationen. Und den Kundensegmenten. Junge Menschen in meinem Alter haben gerne Weine mit Restsüsse. Süsse macht Weine runder und weicher. Da finden Junge eher den Zugang. Wir haben etwa 75 bis 80 Prozent Schweizer Weine. Dort wollen die Leute etwas Spezifisches, eine bestimmte Qualität. Bei den Importweinen hingegen sieht man, dass die einfach trinkbaren Weine im Trend sind. Aus Italien etwa die Primitivo-Weine. Es ist deshalb schwierig, von allgemeinen Trends zu sprechen. Der Markt ist stark segmentiert. Es gibt verschiedene Geschmäcker. Das ist auch das Schöne dran. Es ist auch die Kunst, im Verkauf herauszufinden, was das Gegenüber sucht.

 

Sie loben den Schweizer Weinbau. Warum geht aber der Absatz zurück?
Der Weinabsatz geht seit längerem zurück. In der Corona-Zeit hat sich der Trend noch verschärft. Gemäss offiziellen Statistiken ist der Absatz um 6 Prozent gesunken. Wein wird vor allem in den Restaurants getrunken. Und die waren lange zu. Es gibt aber noch andere Gründe. Alkohol wird in der Gesellschaft verpönter. Das hängt etwa mit den strengeren Regulierungen beim Autofahren zusammen. Auch generell die gesundheitliche Diskussion wirkt nicht nur förderlich. Obschon Wein in Massen getrunken sicher nicht ungesund ist.

 

Zudem geht der Trend bei den Jüngeren eher in Richtung Bier…
Schweizer Wein ist ein hundertprozentiges Schweizer Produkt. Beim Bier hingegen ist fast nur das Wasser aus der Schweiz. Ich persönlich kann deshalb nicht verstehen, dass mehr Bier und weniger Wein getrunken wird.

 

Welche Trends gibt es anbautechnisch?
Der Pflanzenschutz ist und bleibt ein Thema. Hier stehen wichtige Änderungen an. Etwa das Ausbringen mit der Drohne anstelle des Helikopters. Der Helikopter ist gesellschaftlich nicht mehr akzeptiert. Immer, wenn es ums Thema Pflanzenschutz geht, kommt im Fernsehen eine Aufnahme eines Helikopters im Wallis. Die Drohne hingegen ist kleiner und leiser. Man kann aber auch gezielter fliegen. Dafür kann man im Moment noch nicht so viel Gewicht laden. Und es braucht neue Fähigkeiten, mit der Drohne zu fliegen. Ganz ohne Pflanzenschutz wird es aber nicht gehen. Auch bei Piwi-Sorten braucht es teilweise Pflanzenschutz. Dass man reduzieren muss, ist sicher richtig. Ich gehe auch nicht gerne spritzen. Pflanzenschutz ist zudem teuer. Der herbizidfreie Anbau ist ein weiterer Trend. Das bedeutet, dass man auch unter den Stöcken eine Begrünung hat. Das ist nicht auf jedem Gelände möglich. Dank neuen Technologien geht es einfacher.

 

Wie ändert sich die Vermarktung?
Grossverteiler setzen auf den Preis. Wir hingegen setzen auf Regionalität. Da kann man auch auf verschiedene Aspekte setzen. Wir haben 75 bis 80 Prozent Gastronomiekunden. Deshalb hatten wir mit Corona nicht die besten Zeiten. Mit dem Bau des neuen Ladens hier in Kiesen setzen wir vermehrt auch auf Private, welche direkt bei uns kaufen können. Wir wollen hiermit interessierten Kunden auch ein Erlebnis bieten. Unser grosses Vorbild ist der Kambly-Shop in Trubschachen. Wir haben sogar den gleichen Architekten (lacht).

 

Mit welchen weiteren Faktoren positioniert sich Riem-Daepp für die Zukunft?
Ökologie wird bei uns gross geschrieben. Wir produzieren viermal mehr Strom, als wir selber brauchen. Wir heizen alle Gebäude mit Holz. Und wir recyclen einen grossen Teil der Flaschen. Eine Flasche zu produzieren, braucht 2 Deziliter Erdöl. Das Waschen braucht nur etwa einen Zehntel davon. Da wir die Energie zum Waschen selber produzieren, sind wir bei einer Netto-null-CO₂-Bilanz. Das Flaschenrecycling ist auch für unsere Kunden attraktiv. Denn diese sind eigentlich sehr froh, dass wir die die Gebinde und Flaschen zurücknehmen.

 

Kommentare (2)

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  • Emilie Jaberg | 16.11.2021
    Was kann OPTIFER? Mit den Leuchtbakterien werden Vieren und Spoeren von Pilzkrankheiten vernichtet
    Kein Mehltau mehr, kein Feuerbrand, keine Frostschaeden, 20% mehr Ertrag und alles Bio.
    Wenn ich eine Email bekomme,von Kaja Riem, kann ich Fotos senden.
    Es wurde entwickelt fuer einen gesunden und ertragreichen Boden.
  • Emilie Jaberg | 16.11.2021
    Was Mehltau und Pilzkrankeiten moechte ich Ihnen vehement wiedersprechen. Seit ueber 40 Jahren empfiehlt die FIBL fur den Biolkandbau OPTIFER. Leider hat unsere demokr. Regierung dem Produzenten nicht erlaubt die Wirkung auf die Packung zu schreiben. Hingegen hat Holland die groesste Prodution aufgebaut. Wir alle wissen von Holland kommen Top Produkte. Was kann OPTIFER? Es wird aus Tannenrinde hergestellt. Es produziert millionenfach Leuchtbakterien, die vernichetn Vieren und Sporen von Pilzkr

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