Während den Festtagen präsentieren wir euch in regelmässiger Folge Artikel, die 2024 auf reges Interesse gestossen sind. Dieser Artikel wurde am 23. Juni 2024 erstmals publiziert.
Der Raum ist geschmückt mit Fotos der drei jungen Schwinger. Das Treffen fand am Küchentisch des mit Blumen dekorierten Bauernhauses statt. Im malerischen «Hasennest» in Walterswil BE sind die drei Brüder auf einem Landwirtschaftsbetrieb aufgewachsen, den Fabian Aebersold als ausgebildeter Landwirt später weiterführen möchte.
Zusammen mit seinem ältesten Bruder David Aebersold (23), gelernter Milchtechnologe, und seinem Zwillingsbruder, dem Zimmermann Adrian Aebersold (20), stehen sie seit ihrer Kindheit im Sägemehl.
Esaf als Anstoss
Für David Aebersold waren Martin Sommer und Vater Daniel Aebersold der entscheidende Anstoss für den Start im Sägemehl. Nach dem Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest 2010 in Frauenfeld TG packte auch die Zwillinge Fabian und Adrian das Schwinger-Virus. Seither trainieren sie mehrmals wöchentlich beim Schwingklub Sumiswald. Bereits in jungen Jahren erzielten alle drei solide sportliche Erfolge.
Am Seeländischen Schwingfest 2022 in Oberwil bei Büren zogen die Zwillinge Fabian und Adrian erstmals grössere Aufmerksamkeit auf sich und beendeten das Fest beide als Neukranzer mit 57.00 Punkten. Bis heute kann Fabian sechs und Adrian zwei Kränze verbuchen. Ihr älterer Bruder David Aebersold hatte es schwerer und fiel verletzungsbedingt lange aus. Doch nach einer intensiven Regenerationszeit feierte er am Mittelländischen Schwingfest in Riggisberg BE dieses Jahr seinen ersten Kranz.
Stürmische Zeiten
Dass der Zusammenhalt der Brüder gross ist, zeigte sich insbesondere während David Aebersolds Pechsträhne. Zwei Kreuzbandrisse und ein darauffolgender Bänderriss bei seinem geplanten Comeback in der letzten Saison zwangen ihn zu einer langen Geduldsprobe. «Abend für Abend zuzusehen, wie meine Brüder ins Training gehen und selbst nicht mitmachen zu können, tat schon weh», erzählt er. Trotz der Enttäuschung blieb er zielorientiert.
Adrian Aebersold im Kampf.
Barbara Loosli
Die Unterstützung und der Aufbau seiner Brüder halfen ihm, immer überzeugt zu bleiben: «Ich möchte wieder mit meinen Brüdern schwingen.» Die enge Bindung, die sie zueinander pflegen, wissen sie zu schätzen. Streit gibt es selten, und wenn, wird dieser kurzerhand mit einer Prise Humor gelöst. «Wir unterstützen uns gegenseitig, gönnen uns die Erfolge und bauen einander auf, auch wenn es mal nicht so läuft», so Adrian Aebersold.
Diszipliniertes Training
Heute ist Fabian der erfolgreichste der Brüder, wobei er lange Zeit einstecken musste. «Fäbu hat gelernt, auf die Zähne zu beissen», sagt sein Zwillingsbruder Adrian Aebersold. «Viele Male musste ich mich gegen Adrian in den Schlussgängen an den Bubenschwinget geschlagen geben», entgegnet Fabian Aebersold. Sie seien nicht die Grössten von der Postur her, hätten aber glernt, ihre geringeren Voraussetzungen zu kompensieren. Diszipliniertes Training liess sie über sich hinauswachsen, so dass sie heute keine um einen Kopf grössere Gegner scheuen.
Bis die Köpfe an der Dachschräge anstiessen, trainierten die Brüder neben dem regulären Klub-Training täglich in ihrem selbst eingerichteten «Schwingerrüümli» im Estrich. Besonders am Boden seien sie stark und hartnäckig, weshalb sie oft als unangenehme Gegner bezeichnet werden. «Wir sind eben erst auf dem Rücken, wenn wir auf dem Rücken sind», meint Fabian Aebersold.
Unmögliches möglich machen
«Der durchschnittliche Schwinger ist etwa 10 cm grösser und 20 bis 30 kg schwerer als wir», sagt Fabian Aebersold. Ihr Ziel ist es, aus wenig viel zu machen. Deshalb nehmen sich die Brüder ein Beispiel an einigen ihrer Schwingerkollegen, die trotz kleinerer Statur scheinbar Unmögliches möglich machen und ihr volles Potenzial ausschöpfen. Sie denken dabei an Eidgenossen wie Konrad Steffen oder Damian Gehrig, aber auch an Gustav Steffen, der bereits über 25 Kränze gewonnen hat.
David Aebersold im Kampf.
Barbara Loosli
Sie trainieren aktuell drei- bis viermal wöchentlich. Schwingen, Krafttraining, Kondition stehen im Fokus, ergänzt durch Biken, Joggen, Hornussen oder Ballsportarten. Diese gute Vorbereitung sei der Schlüssel zum Selbstvertrauen, wie Fabian Aebersold betont: «Die mentale Stärke steht in direktem Zusammenhang mit den Erwartungen an uns selbst.» Hierbei sei das geerdete familiäre Umfeld, die gegenseitige Bestärkung wesentlich.
Melken gibt Ruhe
Besondere Rituale vor einem Fest pflegen sie nicht wirklich, dennoch geniesst es der gelernte Landwirt Fabian Aebersold, am Abend vor einem Fest im Stall bei den Kühen zu sein. «Melken am Vorabend gibt mir ein gutes Gefühl und bringt mir Ruhe.» Der Schwingsport liegt der ganzen Familie Aebersold am Herzen. Vater Daniel, selbst jahrelang im Ring, steht seinen Söhnen mit väterlichem Rat zur Seite.
Heute sei er laut seinen Söhnen als Zuschauer zwar nervöser als zu seiner aktiven Zeit, dennoch verfolgt er zusammen mit Mutter Doris jedes Schwingfest ihrer Söhne gespannt. Mutter Doris wird ebenfalls für ihr Engagement und ihre ausgezeichnete Küche gelobt. Einen speziellen Ernährungsplan verfolgen die Brüder nicht. «Wir haben das Glück, dass unsere Mutter sehr gut und ausgewogen kocht, da brauchen wir keinen Ernährungsplan», sagt David Aebersold.
Saisonstart geglückt
Mit einem gefüllten Rucksack und erledigten Hausaufgaben starteten sie erfolgreich in die Saison. Bereits am Freiburger Kantonalschwinget in Frasses FR gewann Fabian Aebersold seinen heurigen ersten Kranz, worauf seine Brüder David und Adrian am Mittelländischen Schwingfest in Riggisberg BE mit dem Kranzgewinn nachzogen. Fabian setzte seinen Höhenflug am Oberländischen Schwingfest in Brienz BE fort, wo ein gestellter Gang gegen Schwingerkönig Joel Wicki die Arena beben liess und ihm einen weiteren Kranz einbrachte.
Fabian Aebersold gegen Joel Wicki.
Barbara Loosli
Trotz der guten Resultate wollen sie sich nicht unter Druck setzen. Auch haben sie sich bisher noch nie mit dem Besuch eines Mentaltrainings beschäftigt. Es gelinge ihnen auch ohne externe mentale Unterstützung, einen kühlen Kopf und die Ruhe zu bewahren. «Wir freuen uns über jeden Erfolg, nichts ist selbstverständlich, und wir sind dankbar, überhaupt diese Möglichkeiten zu haben», so Fabian Aebersold.