Vor 50 Jahren standen der Baldegger- und der Hallwilersee vor dem Kollaps. Mit der weltweit ersten See-Belüftung sowie Massnahmen bei Abwasser und Landwirtschaft wurde das Verhängnis abgewendet. In Luzern wurden am Mittwoch die Medien über die Gesundung informiert.
Ausgerechnet die Gewässer, die dem in den Kantonen Luzern und Aargau gelegenen Seetal den Namen geben, waren in den 1960-er Jahren am Ersticken. Aufgrund extrem hoher Nährstoffbelastung bildeten sich hatten sie Teppiche von Burgunderblutalgen, der Sauerstoff wurde knapp. Ganze Fischpopulationen brachen zusammen.
Ursache: Industrie und hohe Tierbestände
Ein Indikator für die Gesundheit des Sees ist die Phosphorbelastung. Als gesund gelten 20 bis 30 Milligramm pro Kubikmeter (mg/m3). Im Hallwilersee lagen die Werte in den sechziger Jahren bei 250 mg/m3, im Baldeggersee gar bei 520 mg/m3.
Ursache für der lebensbedrohenden Zustand war einerseits die Landwirtschaft mit hohen Tierbeständen, welche die Seen mit Düngstoffen belasteten. Anderseits liessen auch die Haushalte und die seit 1883 im Seetal boomende Industrie ihre Abwässer ins Wasser.
Weiterhin "Belohnung" für umweltbewusste Bauern?
An der Medienkonferenz wurde die Frage aufgeworfen, ob man statt einer Belohnung für die umweltbewussten Landwirte auch über «Strafen» für die anderen Bauern nachgedacht habe. Im Aargau sei ein Systemwechsel durchaus ein Thema, sagte Philippe Baltzer, Leiter der Abteilung für Umwelt des Kantons Aargau. Im Luzernischen dagegen setzt man lieber auf Anreiz statt Zwang, betonte Josef Wermelinger, Präsident des Gemeindeverbandes Baldegger- und Hallwilersee.
Seeexterne und seeinterne Massnahmen
Um den Kollaps abzuwenden, kamen die Seen sozusagen auf die Intensivstation. Mit seeinternen und seeexternen Massnahmen wurde Gegensteuer gegeben, Siedlungsgebiete wurden an Kläranlagen angeschlossen und Bauern erhielten Entschädigungen, wenn sie kein Phosphor einsetzen. Das heute auf 85 Prozent der Landwirtschaftsfläche der Fall.
Aufsehen erregte die künstlichen Belüftung des Sees, die 1980 aus einem Wettbewerb der Kantone Aargau und Luzern hervorging. Im Winter werden die Seen mit Druckluft zwangszirkuliert, im Sommer wird ins Tiefenwasser Reinsauertstoff eingetragen. Im Baldeggersee wurde 1982, im Hallwilersee 1986 begonnen. Dank dieser Massnahme weist der Hallwilersee heute noch eine Phosphorbelastung von 19 mg/m3 auf, der Baldeggersee eine von 23 mg/m3.
Bis heute wendete der Kanton Luzern über 20 Millionen Franken auf. 2011 waren es 570’000 Franken. Im Aargau liess der Kanton die Gesundung gegen 8 Millionen Franken kosten. Jährlich sind es zwischen 300’000 und 400’000 Franken.
Noch nicht am Ziel
Man habe viel erreicht, aber man sei noch nicht am Ziel, sagte Josef Wermelinger, Präsident des Gemeindeverbandes Baldegger- und Hallwilersee, der aktiv an der Sanierung beteiligt ist. Immer noch sei der Seegrund sauerstofflos.
Die künstliche Zufuhr von Sauerstoff könne man vielleicht in fünf Jahren abstellen, so Wermelinger. Die Belüftung werde hingegen wohl noch 15 Jahre nötig sein, wenn die Selbstregulation der Seen wieder erreicht werden soll.
Noch 1976 hätten sich die sechs Aargauer Seetalgemeinden über die «passive Haltung im Nachbarkanton» beklagt, sagte Philippe Baltzer. Als sich daraufhin die beiden Kantonsregierungen zur Aussprache trafen, kam Bewegung in die Seetal-Gewässer.
Er sei überzeugt, dass man auf einem guten Weg sei, gesunde Seen zu erhalten, so Baltzer. Erreicht sei das Ziel, wenn die Felchen sich wieder natürlich fortpflanzten. Dafür gebe es Indizien.