In einem Pilotversuch testen Agroscope und die Identitas AG eine solarbetriebene Sensorohrmarke. Diese soll es künftig ermöglichen, den Auslauf elektronisch zu erfassen. Was halten Sie davon? Für das zu mehr Gerechtigkeit? Oder ist es die «totale» Überwachung? Abstimmen und mitdiskutieren
Die Digitalisierung hält in der Landwirtschaft unvermindert Einzug. Immer neue Tools und Techniken kommen auf den Markt. So auch eine solarbetriebene Sensorohrmarke. Sie soll die Arbeit der Landwirte erleichtern und mehr Informationen über Nutztiere liefern.
Wie verhält sich Marke im Stall
Doch die Meldung von Agroscope führt mehrheitlich zu negativen Äusserungen. Doch dazu später mehr. Die vom Start-up-Unternehmen Ceres Tag entwickelte Sensorohrmarke sammelt Daten zur Tierlokalisierung und zu auffälligen Bewegungs- respektive Verhaltensmustern über die Zeit und lässt damit Rückschlüsse auf die Tiergesundheit zu.
In einem Versuch wird nun getestet, ob die Ohrmarke des australischen Unternehmens auch in der Schweiz eingesetzt werden kann. «Da sich die Tiere hier auch im Stall aufhalten, gilt es abzuklären, ob der mit Solarstrom angetriebene Sensor zuverlässig Daten in guter Qualität liefert», schreibt Agroscope.
32 Gramm schwer
Die 32 Gramm schwere Ohrmarke wird mit Zwillingsstiften am Ohr befestigt. Sie sollte gemäss Hersteller aus Brisbane ein Tierleben lang halten. Die Ohrmarke ist auch deutlich grösser als das derzeit eingesetzte Modell. In der Studie wird deshalb geprüft, wie sich diese Zweistift-Fixierung auf die Ohrmuschel während des Ohrwachstums auswirkt. Zudem soll überprüft werden, wie gut verträglich die Fixierung der Ohrmarke an Rindern unterschiedlicher Altersklassen ist.
«Wir haben 48 Prototypen für den Versuch zur Verfügung», sagt Joël Bérard von Agroscope zu «Schweizer Bauer». Es handle sich bei den Ohrmarken um Prototypen aus Kleinstserien. Diese seien derzeit nicht kommerziell erhältlich. «Sie verfügen über mehrere Technologien und ermöglichen die Lokalisierung durch Satellitenkommunikation, Bluetooth und RFID und ermitteln die Umgebungstemperatur», sagt Bérard weiter.
Der Versuch startete im August 2021 am Agroscope-Standort in Posieux FR. Im nächsten Jahr wird die Testserie auf einem Alpbetrieb fortgeführt. Die Resultate werden per Ende 2022 erwartet.
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Soll Auslauf aufzeichnen
Die «smarten» Technologien wie die Ohrmarke von Ceres Tag hätten das Potential, Tiermonitoring und Rückverfolgbarkeit auf eine bisher nicht gekannte Stufe zu heben, schreibt Agroscope. Die Ceres-Ohrmarke kombiniere verschiedene Technologien.
Mit dem Versuch soll eine Automatisierung des Auslauf- und Weidejournals gemäss Direktzahlungsverordnung geprüft werden. Zusätzlich ermöglicht der Versuch eine Aussage zur Eignung der Sensorohrmarke für zukünftige Fragestellungen im Bereich Tiermonitoring.
Heftige Kritik
Dass durch die Ohrmarke das Auslauf- und Weidejournal elektronisch erfasst, hat auf schweizerbauer.ch für eine Menge Kritik gesorgt. Die Schreibenden befürchten eine Überwachung durch den Staat. «Die perfekte Kontrolle über den Landwirt. Das Gewicht ist spürbar für die Tiere. Aber für die Kontrolle ist dies ja nebensächlich. Da muss man sich schon überlegen, wieder einmal zu streiken», schreibt Ulrich Egli.
Die Ohrmarke werden lediglich zur besseren Überwachung von Bauern und Kontrolleure werden entwickelt und getestet. «Die Behörden würden besser effizienter arbeiten», schreibt Peter. «Der Überwachungswahnsinn in der produzierenden Landwirtschaft muss nicht noch umfassender werde», fordert Büürin. Es gehe um die totale Kontrolle, schreibt Resli. Diese Marke sei nicht nötig, es gebe genügend ausgereifte System ohne «Big Brother».
Tierquälerei
Für massive Kritik sorgt auch das Gewicht und die Grösse der Ohrmarke. «Wenn meiner Kuh Gretli vor lauter Staub und Parasiten unter diesem Klotz das Ohr schmerzt und sie gequält in einer Ecke liegt, kommt gleich das Veterinäramt vorbei, um eine Busse zu verteilen. Dies unter Androhung der Kürzung der Direktzahlungen», hält User Jakob fest. Ueli vor Glungge macht sich auch Sorgen wegen Reaktionen vonseiten der Konsumenten. «Wie erkläre ich ihnen, was die Kühe, oder noch schlimmer die Kälber, für riesige Teile im Ohr tragen», schreibt er.
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Man stelle sich vor, wenn sich die Tiere kratzen oder in ein Fressgitter gehen möchten, hält Mythenbauer fest. «Man sollte das Bundesamt für Landwirtschaft für diese Tierquälerei bestrafen. Solche Sachen anbringen ist doch verboten», kritisiert er. «Hängt euch selber mal 32 Gramm an die Ohren und überprüft die Auswirkungen auf die Ohrmuschel», so die deutliche Ansage von Büürin.
Positive Reaktionen selten
Positive Reaktionen auf die Ohrmarke gibt es, diese sind aber in der Unterzahl. «Diese Ohrmarke finde ich sehr gut. Dann müssen die ehrlichen Bauern das Auslaufjournal nicht mehr ausfüllen und die unehrlichen bekommen keine Direktzahlungen», schreibt Arbeiter. Und Seppli fügt hinzu: «Wer gegen diese Ohrmarken ist, hat wohl ein schlechtes Gewissen.» Dass die Ohrmarken wegen dem Gewicht kritisiert wird, kann er nicht nachvollziehen. «Kühe tragen auch Treicheln und Glocken», hält er fest.
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