Leben in natürlichem Umfeld. Offener Rundgang, genügend Futterstellen, mehrere Liegeboxen und unterschiedliche Bodenbeläge im Freigehege. In Werners Pferdespension steht das Tierwohl im Mittelpunkt.
In Sax im St. Galler Rheintal, etwas ausserhalb des Dorfes, betreiben Werner Hanselmann und sein Sohn Oliver Hanselmann einen Milchwirtschaftsbetrieb mit angegliederter Pferdepension. Ihr Pferdestall ist einer der zehn Betriebe zwischen dem Kanton Bern und dem Münstertal in Graubünden, der 2019 mit der Plakette, «Der gute Stall», ausgezeichnet wurde.
Beim Besuch auf dem Hof fällt zuerst die Ruhe in der Pferdegruppe auf. Grössere und kleinere, ältere und jüngere Pferde befinden sich im Freigelände, fressen an einer der verschiedenen Futterstellen das Ökoheu aus eigener Produktion oder zugekauft vom Nachbarhof. Einige der Tiere haben sich in den Schatten zurückgezogen. Weil ein angenehmer Wind weht und es auch nicht drückend heiss ist, befinden sich zwei Pferde auf dem Rundgang. Dies ist ein 800 Meter langer Auslauf, auf dem immer wieder Netze mit Raufutter hängen. Am Schluss geht es dann noch zur Tränke und so bewegen sich die Pferde in einem ganz natürlichen Umfeld.
Zustupf war Ursprung
Doch wie kam es zu dieser Pferdehaltung? Im Jahr 1994 hat Werner Hanselmann mit wenigen Boxen für Pensionpferde begonnen, um zum Milchwirtschaftsbetrieb einen Nebenerwerb zu haben. Dann sei das Ganze etwas grösser geworden, «aber den ganz grossen Schritt gab es durch den Kontakt zu meiner späteren Lebenspartnerin Pascale Hartmann.» Hartmann sei über ein Inserat, auf der Suche nach einem Platz für natürliche Pferdehaltung, auf ihn gestossen. Ihre Idee war es, den Tieren ähnliche Voraussetzungen zu bieten, wie sie diese in der freien Natur vorfinden.
Dieses Bestreben sei jedoch sowohl von den Pferdebesitzern, die ihre Tiere in Werners Pferdepension unterbrachten, als auch von Sohn Oliver Hanselmann belächelt worden. «Ich war sehr skeptisch, und es hat einige Zeit gedauert, bis ich überzeugt war. Heute bin ich der leider inzwischen verstorbenen Frau dankbar, dass sie so konsequent auf ihre Ziele hingearbeitet hat. Dank ihrer fortschrittlichen Ideen baue ich heute mit meinem Team Laufställe für Pferde und den dazu gehörenden Auslauf.»
Die Ruhe bei der Gruppenhaltung – aktuell sind es 17 Pferde die sich den Platz teilen – rührt einerseits vom grosszügigen Gelände mit unterschiedlicher Bodenbeschaffenheit, andererseits von den zahlreichen Futterplätzen her. «Bei uns hat keines der Tiere Stress, weil es Futter will, es gibt während 24 Stunden genügend Möglichkeiten, sich aus einem der Netze zu bedienen,» so Oliver Hanselmann. Während Werner Hanselmann verantwortlicher Betriebsleiter ist, ist Sohn Oliver Hanselman für die Bereitstellung und Instandhaltung der Infrastruktur sowie für die Administration zuständig.
Spezielle Liegeboxen
Eine Besonderheit sind auch die Liegeboxen. Deren Belag besteht weder aus Gummimatten noch aus Sägemehl und auch nicht aus Stroh. «Wir haben nach einer Alternative gesucht und auch wenn es vielleicht etwas schräg klingt, es ist separierte Jauche unserer Milchkühe. Dies bedeutet, die Rohfasern enthalten bereits die Bakterien, welche den Urin binden. Wir stiessen zu Beginn auf Skepsis bei den Pensionären, aber seit sie sehen, wie wohl sich die Pferde in den Liegeboxen fühlen, ist das kein Thema mehr», erklärt Oliver Hanselmann seine Praxis, die er übrigens bereits einmal in einem Referat an der Landwirtschaftlichen Schule Strickhof präsentieren durfte.
Stallwettbewerb:
Einfach ist der Stallbau nicht. Allein durch die vielen gesetzlichen Vorschriften werden oft die Möglichkeiten eingeschränkt. Und dennoch: Viele gute Beispiele zeigen, wie ideenreicher Stallbau den Wohlfühlfaktor anzuheben vermag. Deshalb führen das Schweizer Nationalgestüt, die BEA Pferd, der «Schweizer Bauer» und das Schweizer Reitmagazin «Kavallo» den Stallwettbewerb «Der gute Stall» durch.
In den kommenden Wochen werden die zehn Sieger des Stallwettbewerbs 2019 vorgestellt. Der obige Ställ ist der erste der Serie.
Für den Stallwettbewerb 2020: Verlangen Sie die Wettbewerbsunterlagen per E-Mail: [email protected] oder Tel. 0522321891. Die Verleihung findet kommenden Frühling an der BEA Pferd in Bern statt.