Wegen der teilweise verheerenden Überschwemmungen konnte die Reisegruppe des «Schweizer Bauer» nicht zur Käserei von Maritza Solano in die Turrialba-Region reisen. Stattdessen kam Solano für eine Präsentation und eine Degustation ins Hotel Palma Real in der Hauptstadt San José.
Unser lokaler Reiseleiter Stéphane Dähler, die Hoteldirektorin Nicole Schmid, eine Aargauerin, und Solano machten dies möglich. Mit Solano trafen wir eine Frau, die ein grosser Fan der Schweiz und des Schweizer Käses ist.
Als Expat in Genf entdeckte sie den Schweizer Käse
Sie begleitete ihren Ehemann und heutigen Geschäftspartner Alvaro Ramírez, als dieser aus beruflichen Gründen in die Schweiz, genauer gesagt nach Genf, kam. Das war in den Jahren 2004 bis 2009. Als Bauerntochter aus der Region Turrialba, deren Eltern selbst Käse hergestellt hatten, interessierte sie sich seit jeher für Käse. «Aufgrund meiner Gewohnheit suchte ich in der Schweiz zuerst ähnlichen Käse, wie wir ihn Costa Rica kennen, jungen Käse, weissen Käse. Dann aber entdeckte ich die Magie der gereiften Käse.»
Bei der Präsentation zeigte Solano ein Bild eines Waadtländer Chalets und sagte: «Solche Chalets, die Berge, die Kühe haben mich inspiriert.» Sie probierte sich in der Schweiz quer durch alle Käsesorten und besuchte sämtliche Schaukäsereien, von der Gruyère-Käserei in Pringy FR über die Emmentaler-AOP-Käserei in Affoltern i. E. BE bis zur Appenzeller-Schaukäserei in Stein AR. Dass vor Publikum gekäst wird und man eine Käserei auch touristisch nutzen kann, war für sie neu. In ihrer Käserei in Costa Rica macht sie das jetzt auch.
Verschiedene Kurse in der Käseherstellung
In der Folge sammelte sie in der Schweiz selbst auch eigene Erfahrung in der Käseherstellung. Sie berichtet, dass Stefan Küttel, ehemaliger Käser auf dem Oberberg am Jaunpass, ihr vieles gezeigt habe. An der Walliser Landwirtschaftsschule in Châteaneuf VS besuchte sie einen dreimonatigen Kurs im Käsen. Dort steht bekanntlich der Walliser Raclette AOP aus Rohmilch im Zentrum. Solano lacht, wenn man sie auf die Eringerkühe anspricht, die dort gehalten werden.
Zum Erlernen der Geheimnisse der Weichkäseherstellung besuchte sie einen Kurs an der Molkereischule in Poligny (F) im französischen Jura (30km von der Schweizer Grenze entfernt). Sie arbeitete ausserdem in einem Käseladen in der Stadt Genf. Sie habe gelernt, wie wichtig für die Rohmilchherstellung die Kupferkessi seien. Diese hätten es ihr angetan. Für ihre Käserei in Costa Rica beschaffte sie später in der Region Château d’Oex VD zwei Occasionskupferkessi mit 600 bzw. 400 Litern Inhalt.
Maritza Solano importierte zum Käsen zwei Kupferkessi aus der Schweiz nach Costa Rica.
Daniel Salzmann
Mit Frischkäse angefangen
Zurück in Costa Rica, machte sie ab dem Jahr 2010 Versuche auf dem Bauernhof bzw. in der Hofkäserei ihrer Eltern in der Region Turrialba. Im Jahr 2013 dann gründeten Maritza Solano und ihr Mann Alvaro Ramírez eine eigene Käserei. Ihre erste Produktelinie war die von «Petit Blanc» für Frischkäse. Heute bietet sie die Geschmacksrichtungen Basilikum, Walnuss+Feigen, Mango+Ingwer und Schnittlauch an.
Später kamen zwei Ziegenfrischkäse dazu, ein «Capricho», eine Kugel mit Knoblauch und Pfefferhülle (ähnlich der Belper Knolle von der Käserei Glauser), und ein «Saanen», ein Ziegenfrischkäse mit Kräutermantel. Der Name ist natürlich eine Ehrerbietung an das Saanenland und die Saanenziege. Bei der «Schweizer Bauer»-Degustation stiessen die Frischkäse von Solano auf Begeisterung.
Verschiedene gereifte Käse nach «echtem Schweizer Rezept»
Unter der Dachmarke «Le Chaudron» (frz. für Kupferkessel) nahm sie in der Folge weitere Produkte ins Sortiment auf. Und zwar gereifte Käse, wie es man sonst eben in Costa Rica nicht kennt. Auch die Verwendung von Rohmilch, wie sie es für die Chaudron-Linie tut, ist für Costa Rica etwas Ungewöhnliches. Mit ihren inzwischen 20 Angestellten stellt sie laut Website acht gereifte Käse her. Auf dem «Tomme Guayabo» (1 Monate Reifezeit) prangt grafisch ein Kleber in oranger Farbe mit der Aufschrift «echtes Schweizer Rezept». Dasselbe ist beim drei Monate gereiften Raclette der Fall, den es auch in einer «langsam holzgeräuchterten» Version gibt.
Und natürlich fehlt dieser Hinweis auch nicht beim «Supreme», der laut einem Zeitungsbericht dem Schweizer Gruyère AOP nachempfunden ist. Diesen lässt Solano sieben bis zwölf Monate reifen, er eignet sich laut Beschrieb für Fondue, Quiche und zum Gratinieren. Hier ist Solano in Konkurrenz zum importierten Hartkäse aus der Schweiz (im Jahr 2023 kamen 5,6 Tonnen Hartkäse aus der Schweiz nach Costa Rica, sicher vor allem über den Käsehändler Emmi).
Solano hat aber den Vorteil, dass sie eine Einheimische und eine charmante Verkäuferin ist, wie die «Schweizer Bauer»-Leser bei der Präsentation erfuhren. So schaffte sie es mit ihren Rohmilchprodukten auch in die Läden der US-Detailhandelskette Walmart, obwohl Rohmilchverarbeitung in den USA zuerst einmal als gesundheitlich gefährlich und nicht als Bedingung für erstklassigen Käse gilt.
Auf dem Supreme-Käse steht auf dem orangen Button "Echtes Schweizer Rezept".
Daniel Salzmann
Erster Käse mit geschützter Ursprungsbezeichnung
Im Jahr 2020 schliesslich lancierte Maritza Solano eine zusätzliche Linie. Sie heisst «Del Guayabal» und wird aus pasteurisierter Milch hergestellt. Sie hat sich mit ihrem ganzen Käsewissen und all ihrer Erfahrung des traditionellen Turrialba-Käses angenommen, wie ihre Eltern ihn hergestellt haben. Dieser Käse ist auch näher am gewohnten Geschmack der Leute in Costa Rica. Es gibt ihn in den Geschmacksrichtungen «Authentic» (echt), Kräutern und Knoblauch-Rosmarin.
Der Name bezieht sich auf das «Guayabo National Monument», eine archäologische Stätte in ihrer Heimat Turrialba mit Überresten aus der vorspanischen Zeit. Er ist der erste Käse mit geschützter Herkunftsbezeichnung in ganz Lateinamerika. Das ist selbstverständlich auch etwas, das sie in der Schweiz gelernt hat: Ein Gruyère AOP muss aus diesem Gebiet kommen, ein Vacherin Mont d’Or AOP aus diesem Gebiet etc.
So sieht der "Del Guayabal" aus. Er orientiert sich an Käse, wie er für Costa Rica typisch ist.
Daniel Salzmann
Ausgezeichnet als «Unternehmerin des Jahres»
Im Jahr 2023 wurde sie zur «Unternehmerin des Jahres» ernannt für die Marktentwicklung, die sie geleistet hat. Bei der Präsentation zeigt sie ein Bild von ihr auf der grossen Bühne. Man muss sich bewusst sein: Für die allermeisten Leute aus Costa Rica bedeutet Käse einen Frischkäse oder einen jungen, weissen Käse. Reifung des Käses in einem Keller oder Dinge wie die Krustenbildung sind hier sozusagen nicht bekannt.
Was ihr half: Handwerk und lokale Herstellung haben in Costa Rica eine hohe Bedeutung. Bei der Gourmetlinie «Le Chaudron» half ihr sicher auch der wirtschaftliche Aufschwung Costa Ricas in den letzten Jahren, der für die Mittel- und Oberschicht Produkte mit dieser Herstellungsqualität überhaupt erst erschwinglich macht. Bei der Linie «Dei Guayabal» knüpft sie an bestehende Käsetraditionen des Landes und an die Bekanntheit der Region Turrialba an.
6 Milchlieferanten: 5 mit Kühen, 1 mit Ziegen
Derzeit verarbeitet Maritza Solano in ihrer Käserei ungefähr eine Million Kilogramm Milch pro Jahr. Das ist zum einen Ziegenmilch von einem Lieferanten, der rund 1200 Liter pro Woche bringt. Da Ziegenkäse in Costa Rica etwas sehr Spezielles und weitgehend Unbekanntes ist, ist dies bereits eine beachtliche Verarbeitungsmenge.
Die Kuhmilch bezieht sie von fünf Milchproduktionsbetrieben mit Jersey-Kühen, einer bringt mit 15-25 Kühen rund 2’000 Liter pro Woche, vier bringen mit 35-45 laktierenden Kühen rund 4’000 Liter pro Woche. Umgerechnet gibt das in etwa eine Milchleistung von 5’000 Kilogramm pro Laktation, was für silofreie Fütterung in den Tropen eine recht hohe Leistung darstellt.
1 US-Dollar pro Liter Milch
Für die Kuhmilch bezahlt sie knapp 1 US-Dollar pro Liter (etwas weniger als 0,88 CHF). Reiseleiter Stéphane Dähler wies bei der Präsentation darauf hin, dass diese Milchbetriebe in klimatisch für die Milch nicht idealer Gegend ohne jede Subvention produzieren müssen.
Die silofreie Fütterung und das Abliefern von Milch mit einer hohen Qualität hat Solano selbst während mehreren Jahren als Vorbild auf ihrem eigenen Hof praktiziert, im Jahr 2018 hat sie die eigene Milchproduktion im Sinne einer Fokussierung der Kräfte auf die Käserei aufgegeben. Laut Auskunft von Solano beanspruchen derzeit die beiden Linien «Le Chaudron» und der Linie «Del Guayabal» je etwa die Hälfte der verarbeiteten Milchmenge.
Die Reisegruppe des «Schweizer Bauer» genoss im Hotel Palma Real ein Raclette. Fast wie zuhause!
Daniel Salzmann
Raclette-Käse wird auch kalt gegessen
Ihr Raclettekäse wird öfter kalt als warm (geschmolzen) gegessen. Auf der Website wird er als perfekt für Sandwich und zum Aperitif empfohlen, auf der Verpackung steht «Spezialkäse zum Schmelzen». «Maritza Solano weist aktiv darauf hin, dass man ihn kalt essen kann. Sie will den Markt damit breit halten», erklärt Stéphane Dähler. Der Käse habe eine gelbere Farbe als Raclettekäse aus der Schweiz, weil die Milch der Jerseykühe fetthaltiger sei, so Solano.
Die Milch kommt mit einem Fettgehalt von etwa 5% in die Käserei, für den Raclette rahmt sie ab auf 4,2% Fett, wie sie sagt. Sie hat damit mehr Fett im Käse, als viele Deutschschweizer Leute es von den industriell oder grossgewerblich hergestellten Raclette-Käsen von Emmi, Cremo, Strähl, Seiler und Co. her gewohnt sind. Die haben oft nur 46% Fett in der Trockenmasse, während der traditionelle Walliser Raclette AOP 50% bis 55% Fett in der Trockenmasse hat. Weniger Fett bedeutet tendenziell eine bessere Schmelzfähigkeit.
Es lässt sich also sagen, dass sich Solano nicht nur bezüglich Rohmilchverkäsung, sondern auch bezüglich des Fettgehalts am Walliser Raclette AOP orientiert, wie sie es in Châteauneuf gelernt hat. Darum darf ihr Käse ebenso wie der Walliser nicht zu stark erhitzt werden. Die anfallende Käsereibutter kann sie an Hotels und Restaurants verkaufen.
Die Reisegruppe des «Schweizer Bauer» freute sich sehr über die Begegnung mit Maritza Solano und verabschiedete sie mit einem grossen Applaus.