Vor einigen Jahre hat Frédéric Gilgen sich entschieden, ausschliesslich auf Natursprung zu setzen. Der Stier, den er gegenwärtig dazu nutzt, ist der Siegermuni fürs Bern-Jurassische Schwingfest.
Er sei zwei Monate alt gewesen, als seine Eltern Fred und Rosmarie Gilgen vom Berner Oberland nach Tavannes BE zogen, um von der Bürgergemeinde einen etwa 35 Hektaren grossen Bauernhof zu pachten.
Risiko bewusst
Ihre Simmentaler-Kühe brachten sie mit, und sie erwarben sich im Berner Jura den Ruf, hervorragende Kühe zu züchten. Bei den Ausstellungen in Tavannes oder Saignelégier JU lernte auch ihr Sohn Frédéric schöne Kühe zu schätzen. Er führt seit elf Jahren als Nachfolger seines Vaters dessen Tradition fort.
Doch anders als sein Vater, der etwa ein Viertel seiner rund 50 Kühe und Rinder im Jahr künstlich besamt hat, setzt Frédéric Gilgen seit drei, vier Jahren ausschliesslich auf Natursprung. «Ich bin mir dem Risiko bewusst, dass das zwei Jahre lang eine Serie von etwas weniger guten Kühen zur Folge haben könnte», gibt Gilgen zu. Zumal er bei der Auswahl eines Stiers, den er zwei Jahre lang einsetzen möchte, grösseren Wert auf die Milch und die Gehalte legt als aufs Exterieur.
Züchterauge funktioniert
Gilgen liefert seine Milch an eine Tête-de-Moine-Käserei nach Saignelégier. Trotzdem schaut er, bevor er sich am Munimarkt in Thun oder direkt vom Züchter einen Stier kauft, nicht nur die Papiere an, sondern auch die Mütter. Viele kennt er schon von Ausstellungen, wo er regelmässig nach vielversprechenden Stierenmüttern Ausschau hält. Gelegentlich reserviert er sich einen möglichen männlichen Nachkommen sogar schon, bevor das Kalb geboren ist.
Doch manchmal ist er selbst damit schon zu spät, weil andere Bauern bereits Interesse angemeldet haben. Das zeigt Gilgen, dass sein geschultes Züchterauge einwandfrei funktioniert. «Wenn man einen bestimmten Wunsch-Stier mal nicht bekommt, spürt man wenigstens, dass man noch etwas von Zucht versteht», meint Gilgen.
Christian Zufferey
Passend für den Jura
Obschon im gesamten Jura nur etwa ein knappes Dutzend Bauern reine Simmentaler besitzen, sind sie die für ihn passende Rasse. Ihm gefalle die Farbe, die Körpergrösse und ihre Fleischigkeit. «Das heisst, man hat auch am Ende ihres Lebens noch etwas von ihnen, nämlich gutes Fleisch», betont Gilgen. Ausserdem passen sie gut in diese eher karge Region. Er betont zwar, dass sich sein Betrieb an einer guten Lage befinde, wo die Weiden und Kunstwiesen dank einer Humusschicht von bis zu 40 Zentimetern weniger schnell austrocknen als sonst in weiten Teilen des Jura.
Die Futtergewinnung sei für ihn daher relativ einfach. Er benötige nur wenig Fremdfutter, namentlich Kraftfutter, womit er auch das Pflichtenheft für Tête de Moine problemlos einhalten kann, wonach die Kühe mindestens 70 Prozent betriebseigenes Futter fressen müssen.
zvg
Simmentaler Stefano
Etwa ein bis zwei Jungstiere im Jahr zieht er in der Regel gross, um sie am Munimarkt zu verkaufen. Derzeit hat er aber nur den einen Stier, Stefano, den er zum Decken nutzt. Doch er könnte womöglich schon bald einem neuen Besitzer gehören, denn er ist der Siegermuni des Bern-Jurassischen Schwingfestes, das Ende Juni am Mont Crosin stattfinden soll. Er rechnet zwar damit, dass der Sieger höchstwahrscheinlich das Preisgeld wählt.
Falls aber ein Bauer gewinnen sollte, der für Stefano Verwendung hat, könnte sich Gilgen vorstellen, vorübergehend mal wieder künstlich zu besamen. Aber nur so lange, bis er einen neuen, für seinen Betrieb passenden Stier gefunden hätte. Weil ab Ende Juni, wenn seine Kühe tagsüber und nachts im Freien weiden, die meisten Kühe tragend sein werden, würde es höchstens zwei oder drei Kühe betreffen, die zu besamen wären.