Das Walliser Stimmvolk entscheidet am 28. November über die Initiative «Für einen Kanton Wallis ohne Grossraubtiere». Selbst bei einem Ja könnte diese aber nach Ansicht des Staatsrats, der Befürworter und der Gegner nicht in vollem Umfang umgesetzt werden. Während die einen sie deshalb für «nutzlos» halten, sehen die anderen darin eine Möglichkeit, ein starkes «Signal nach Bern» zu senden.
Die kantonale Initiative für ein Wallis ohne Grossraubtiere (Wolf, Luchs, Bär) wurde 2016 von einem Dutzend Oberwallisern und mehreren CVP- und CSP-Politikern lanciert. Im Januar 2017 wurde sie mit 9545 Unterschriften eingereicht, 3545 mehr als nötig.
Der Text fordert die Aufnahme eines neuen Artikels in der Kantonsverfassung mit dem Wortlaut: «Der Staat erlässt Vorschriften zum Schutz vor Grossraubtieren und zur Beschränkung und Regulierung des Bestands. Die Förderung des Grossraubtierbestands ist verboten.»
Irreführender Titel
Der Begriff Grossraubtiere, der in dem Artikel nicht näher erläutert wird, soll Wölfe, Luchse, Bären und Goldschakale umfassen, «nichts anderes», versprechen die Befürworter des Textes. Das Nein-Komitee, das sich aus linken Mandatsträgern und Naturschutzorganisationen zusammensetzt, kritisiert den Titel der Initiative. Dieser suggeriere, dass die Grossraubtiere bei Annahme der Initiative ausgerottet würden.
«Es stimmt, dass der Titel irreführend ist», räumen die Befürworter ein. «Aber das Volk wird aufgefordert, über den Text als Ganzes abzustimmen, und dieser ist nicht irreführend», sagt der CVP-Politiker Robin Udry, das einzige französischsprachige Mitglied des Initiativ-Komitees.
Mehr Geld für Herdenschutz
Im ersten Satz des Artikels wird gefordert, «dass der Staat Vorschriften zum Schutz vor Grossraubtieren erlässt». Nach Ansicht der Befürworter würde die Initiative eine «Optimierung des Herdenschutzes» ermöglichen. Dies, indem sie dem Kanton einen klaren Auftrag erteilt, mehr Geld in diesen Bereich zu investieren, erklärt Christine Cavalera, Herdenschutzexpertin im Auftrag der kantonalen Dienststelle für Landwirtschaft. Dies würde die derzeit «unzureichenden» Massnahmen des Bundes ausgleichen.
Jérémy Savioz, Gemeinderat von Siders (Grüne) und Koordinator des Nein-Komitees, relativiert diesen Zusammenhang. «Dafür braucht es keine kostspielige Initiative. Der Kanton könnte schon heute beschliessen, die Massnahmen des Bundes zu ergänzen, indem er beispielsweise einen Teil der Kosten für die Anstellung eines Hirten übernimmt», sagt er.
Kompetenz bleibt beim Bund
Auch den zweiten Satz des Gesetzestexts «Der Staat erlässt Vorschriften über die Begrenzung und Regulierung des Bestands der Grossraubtiere» kritisieren die Gegner. Dieser vermittle dein Eindruck, das Wallis könne «seine Wildtiere allein und in seiner Ecke verwalten», obwohl dies Aufgabe des Bundes ist.
Die Kantonsregierung räumt ein, dass ein «Ja die Dinge nicht grundlegend ändern wird». Aber es würde uns ermöglichen, «eine Botschaft nach Bern» zu senden. Die Befürworter hoffen, dass die Eidgenossenschaft den vom Wallis angenommenen Text übernehmen wird.
Kurt K.
Förderung von Rudeln verbieten
«Ich denke, die ganze Schweiz kennt die Haltung unseres Kantons zum Wolf», sagt Gegner Savioz. Er bedauert, dass «Zeit und Geld dafür verschwendet werden, eine bereits bekannte Meinung zu verbreiten, anstatt konkrete Lösungen zu suchen».
Ebenfalls für problematisch halten die Gegner der Initiative den Satz «Die Förderung des Grossraubtierbestands ist verboten», der ihrer Ansicht nach der einzige anwendbare Teil des Gesetzes wäre. Sie monieren die «vage Formulierung» und fürchten um das Recht auf freie Meinungsäusserung und um die wissenschaftliche Forschung. Bei einem Ja hätte der Kanton die Möglichkeit, alles zu verbieten, was die Entwicklung eines Rudels fördern könnte, kritisieren sie.
Schluss mit Wolfsromantik
«Das Ziel ist es, die Verbreitung einer romantischen Vorstellung vom Wolf zu vermeiden», sagt Befürworter Udry. «Ein öffentliches Museum, das ein Grossraubtier vorstelle, könnte gerügt werden, wenn es nicht auch über seine schädlichen Auswirkungen auf die Landwirtschaft und die Viehzüchter spricht», sagt SVP-Politiker Grégory Logean.
Die Umweltorganisationen seien nicht gegen die Regulierung des Wolfs durch Abschüsse, sagt Savioz weiter. Er weist darauf hin, dass das Gesetz alle Grossraubtiere ohne Unterschied ins Visier nehme. Er sei deshalb besorgt über die Auswirkungen, die ein solcher Artikel auf die ohnehin schwache Luchspopulation im Kanton Wallis haben könnte.
Die Befürworter betonen, dass sie nicht die Ausrottung des Wolfs anstreben, aber dass eine Neugewichtung der Kräfte notwendig sei, weil das Raubtier zu Lasten von Viehhaltern übermässig geschützt werde.
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