«Um die Versorgung einer wachsenden Weltbevölkerung mit Lebensmitteln sicherzustellen, muss die landwirtschaftliche Produktion wachsen und gleichzeitig ökologisch verträglich bleiben», schreibt das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in einer Mitteilung.
Nährstoff- und Wasserverfügbarkeit
Es gibt zwei Wege: Entweder steigt der Ertrag pro Fläche, oder die Anbaufläche wird vergrössert, ohne dass sich der Energieaufwand für den Anbau erhöht. Derzeitige Landwirtschaftspraktiken seien heute oft auf eine hohe Düngemittelmenge angewiesen, heisst es weiter.
Die Forschungsergebnisse einer Studie unter Leitung von Jörg Schaller belegen, dass eine Düngung des Ackers mit sogenanntem «amorphen Silikat» sowohl die Nährstoff- als auch die Wasserverfügbarkeit im Boden erhöhen kann. Im Vergleich zur Kontrolle stieg der Weizenertrag um über 80 Prozent auf den Flächen, die mit einem Prozent Silizium gedüngt wurden.
Der Ertrag im Vergleich zur konventionell bewirtschafteten Fläche stieg um 80 Prozent.
Philipp Huber
Mit Silizium gegen die Dürre
Insbesondere die Fähigkeit zur Wasserspeicherung kann neue Potentiale eröffnen: Wie ein Schwamm zieht amorphes Silikat Wassermoleküle an, die sich in einer Gelhülle um den Silikatkern anlagern. «Wenn die oberen 20 Zentimeter der Bodenschicht ein Prozent mehr Silikat haben, haben wir rund 40 Prozent mehr pflanzenverfügbares Wasser», beschreibt Jörg Schaller das Ergebnis seiner Versuche. In einer Dürreperiode könnte dieses zusätzliche Wasser für die Pflanze bis zum nächsten Regenguss lebenserhaltend sein und damit Ernteverluste mindern.
Mehr Kohlenstoffbindung
Durch die verbesserte Wasserverfügbarkeit im Boden nahm die Pflanzenbiomasse nach der Silizium-Düngung um etwa 50 Prozent zu. Im Ergebnis wird mehr Biomasse gebildet und die Erträge steigen. Durch die erhöhte Biomasseproduktion gelangt auch mehr organischer Kohlenstoff in Form von Stroh in den Boden, der dort fixiert wird, und damit die Bodenfruchtbarkeit verbessert.
«Natürliche, wenig beeinflusste Böden enthalten sechs bis sieben Prozent amorphes Silikat», erklärt Schaller. Pflanzen reichern die hochreaktiven Siliziumverbindungen, die aus der Verwitterung von Gestein entstehen, als sogenannte Pflanzenopale in ihren Stängeln und Blättern an. Hier verleihen sie Stabilität und wehren auch Frassfeinde ab.
Kreislauf unterbrochen
«Wer sich schon einmal an Schneidegras geschnitten hat, weiss, was gemeint ist», sagt Schaller. In natürlichen Systemen gehen die Verbindungen wieder in den Boden über, sobald die Pflanze abstirbt und verrottet. Auf landwirtschaftlich genutzten Flächen ist dieser Kreislauf unterbrochen. Vor allem Getreide nimmt grosse Mengen Kieselsäure über die Wurzeln aus dem Boden auf und lagert diese als amorphe Silikate in der Biomasse ein, schreibt das Leibniz-Zentrum.
Mit der Ernte verschwindet ein Teil davon dann wieder aus dem Kreislauf und dem Boden. Agrarböden, die seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten genutzt werden, würden allmählich verarmen. «Heute besitzen sie nur noch einen Bruchteil des ursprünglichen Gehalts an amorphem Silikat – meist deutlich weniger als ein Prozent», halten die Forschenden fest.
Einmalige Massnahme
Insbesondere zu möglichen negativen Auswirkungen bedarf es aber noch weiterer Forschung. Wird etwa zu viel amorphes Silikat auf das Feld gebracht, könnten grosse Mengen Nährstoff in kurzer Zeit freigesetzt werden. Im ungünstigsten Fall werden die Nährstoffe ausgewaschen und gelangen in Gewässer, wo die Entstehung von Algen angeregt werden könnte.
In jedem Fall ist die Siliziumdüngung eine einmalige Massnahme, um die Bodenvorräte wieder aufzustocken. Einmal in den Boden gebracht, sollten die Effekte der Düngung einige Jahrzehnte andauern. «Insgesamt könnte die Düngung mit Silizium eine nachhaltigere und umweltfreundlichere Option für die Pflanzenproduktion darstellen und gleichzeitig den Klimawandel abschwächen», halten die Forschenden fest.