Mit Guy Parmelin wird im kommenden Jahr ein Landwirt Bundespräsident. Der Romand ist als Wirtschaftsminister auch zuständig für die Landwirtschaft. Wie zufrieden sind Sie mit Parmelin? Abstimmen und mitdiskutieren
Das Resultat für den Agrarminister fiel am Mittwochmittag deutlich besser aus als erwartet. Mit 188 von 202 gültigen Stimmen wurde er in das Amt gewählt.
Zusammenhalt stärken
Guy Parmelin sagte in seiner Ansprache, dass er den Zusammenhalt des Landes ins Zentrum seines Präsidialjahres stellen werde. Die Corona-Pandemie sei für die Bevölkerung ein Schock. Solidarität sei besonders in Krisenzeiten wichtig. «Zusammen schaffen wir das», sagte Parmelin.
Der Zusammenhalt sei wichtig – zwischen Alt und Jung, zwischen Stadt und Land, über den Röstigraben hinaus und unabhängig von der gesellschaftlichen Stellung. Parmelin will für alle da sein. «Ich bin nicht nur noch ein Romand, sondern auch ein bisschen ein Deutschschweizer», so Parmelin.
Nähe zur Bevölkerung
Er will auch als Bundespräsident nicht anders auftreten als bisher. «Parmelin wird seinen Charakter nicht verändern, er bleibt so, wie er ist», sagte er über sich selbst. Wichtig ist ihm die Nähe zur Bevölkerung. «Ich möchte die Probleme erkennen und alles machen, um die Situation zu verbessern», sagte er vor den Medien.
«Ich verkörpere selber das Ganze», sagte Parmelin Als französischsprachiger Meisterlandwirt aus einem kleinen Waadtländer Dorf sei er nun gewählter Bundespräsident und Wochenaufenthalter in einer grossen Schweizer Stadt.
Parmelin wird ein Jahr lang als «primus inter pares» (Erster unter Gleichen) die Bundesratssitzungen leiten und Repräsentationspflichten wahrnehmen. Parmelin ist der 15. Waadtländer, der den Bund präsidiert. Zuletzt hatte mit FDP-Bundesrat Jean-Pascal Delamuraz in den Jahren 1989 und 1996 ein Bundesrat aus der Waadt das Amt inne. Bis Ende 2018 stand Parmelin dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) vor. Seit Anfang 2019 ist er Vorsteher des Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF).
Erst der dritte Landwirt im Bundesrat
Parmelin ist erst der dritte Landwirt im Bundesrat. Parmelin ist nach Rudolf Minger (BGB) und Paul Chaudet (FDP) erst der dritte Bauer im Bundesrat. Vor seiner Wahl 2015 sass letztmals 1966 mit Chaudet ein Landwirt in der Landesregierung.
Vor seiner Ausbildung an der Landwirtschaftsschule schloss Parmelin die Maturität mit Schwerpunkt Latein und Englisch ab. Seine Wurzeln hat der Winzer und Meisterlandwirt in Bursins im Waadtland. Der Betrieb, auf dem Parmelin aufgewachsen ist, umfasst heute 5 Hektaren Reben und 31 Hektaren Ackerbau. Die Milchproduktion hat er im Jahr 2011 aufgegeben. Sinkende Produzentenpreise und anstehende Investitionen in den Milchviehstall hätten den Entscheid herbeigeführt, sagte Parmelin vor 5 Jahren. Der Hof wird von seinem Bruder bewirtschaftet.
«Werde nicht alle Erwartungen erfüllen können»
Parmelin steht seit Anfang 2019 dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) vor. Kurz vor dem Wechsel, im Dezember 2018 sagte er: «Ich werde nicht alle Erwartungen der Landwirtschaftskreise erfüllen können.» Er sei sich der Spannungen zwischen den Interessen der Landwirtschaft und der übrigen Wirtschaft gerade in der Freihandelspolitik bewusst.
«Ich glaube aber, dass es Kompromisse geben kann. Und für solche Kompromisse werde ich kämpfen», sagte er damals. Im März 2021 wird sich Parmelin in der Abstimmung für ein Freihandelsabkommen mit Indonesien für ein Ja einsetzen. Die Schweizer Produktion von Raps- und Sonnenblumenöl sei nicht in Gefahr, versicherte er diese Woche.
Agrarreform
Weitere Abkommen werden folgen. Parmelin wird für ein Abkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten einsetzen. Bauern fürchten dadurch Preisdruck vor allem beim Fleisch.
Ein weiteres heisses Eisen die Agrarreform AP22+. Hier hat der 61-Jährige einen schweren Stand. Seine eigene Partei, die SVP, lehnt die Vorlage ab. Auch der Schweizer Bauernverband lehnt die AP22+ ab. Kommende Woche wird der Ständerat über die Sistierung der Vorlage abstimmen.
Am Entscheid der Wirtschaftskommission des Ständerats hatte Guy Parmelin gar keine Freude und warnte im «Echo der Zeit» von Radio SRF: «Wird die Vorlage verzögert, so erhöhen sich die Chancen der Volksbegehren.» Im kommenden Jahr werden die Trinkwasser- und Anti-Pestizid-Initiative zur Abstimmung gelangen. Die AP 22+ sei eine Art Gegenvorschlag zu den Volkinitiativen.
Parmelin wird in den kommenden Monaten gefordert sein. Und er dürfte sich in der Landwirtschaftsbranche nicht nur Freunde machen.