Die Alpwirtschaft in der Schweiz erlebt in diesem Jahr eine deutlich entspanntere Situation hinsichtlich der Wasserversorgung, berichtet die «Aargauer Zeitung». Dank der ausgiebigen Niederschläge und späten Schneefälle ist das Risiko einer Dürre stark reduziert worden. Laut der Zeitung könnten die gesömmerten Kühe und Ziegen diesen Sommer ausreichend Wasser und frisches Gras haben. Dies sei eine willkommene Abwechslung nach den herausfordernden Trockenperioden der vergangenen Jahre.
Selina Droz, Geschäftsführerin des Schweizerischen Alpwirtschaftlichen Verbands (SAV), bestätigt gegenüber der «Aargauer Zeitung»: «Bezüglich Wasserversorgung ist die Situation auf den Alpen aktuell gut.» Dies sei besonders für Betriebe in wasserarmen Gebieten wichtig, da sie auf volle Reservoirs und ausreichend Wasser aus den Quellfassungen angewiesen seien.
Schneereserven über dem langjährigen Durchschnitt
Massimiliano Zappa, Hydrologe an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), sieht derzeit ebenfalls keine Anzeichen für Wasserknappheit. «Beim Thema Wasserknappheit für die Alpwirtschaft sehe ich derzeit bei allen Indikatoren grüne Flaggen», erklärt er im Artikel. Die Situation sei dank der intensiven Niederschläge und der späten, reichlichen Schneefälle im Frühjahr positiv.
Das jüngste Grundwasserbulletin des Bundesamts für Umwelt zeige «normale bis hohe Grundwasserstände und Quellabflüsse». Zudem liegen die Schneereserven in den Schweizer Bergen über dem langjährigen Durchschnitt, wie das Institut für Schnee- und Lawinenforschung laut der «Aargauer Zeitung» bestätigt.
Weiden zu nass und dreckig
Allerdings bringe das regnerische Wetter auch Herausforderungen mit sich. Wie sich Droz im Artikel weiter äussert, könne zu viel Regen die Qualität des Grases auf den Alpweiden beeinträchtigen. «Wenn es zu viel regnet, dann beeinträchtigt das die Qualität des Grases auf den Alpweiden», erläutert sie. Das Gras werde weniger nahrhaft, was sich negativ auf die Milchmenge von Kühen und Ziegen auswirken könnte. In tiefer gelegenen Alpen, wo der Alpaufzug bereits stattgefunden habe, müssten die Tiere zeitweise eingestallt werden und bekämen Heu zugefüttert, weil die Weiden zu nass und dreckig seien und das Gras bei den tiefen Temperaturen nicht nachwächst. Auch haben viele Betriebe aufgrund des Wetters den Alpaufzug nach hinten verschoben.
Im 2022 hat die Armee bereits im Juli Wasser auf die Alp Gräfimatt OW oberhalb des Sarnersees geflogen.
VBS
Wie lange die aktuelle Wassersituation anhalten wird, ist laut Zappa schwer zu prognostizieren. Erst wenn es beispielsweise von Anfang Juli bis Ende August überhaupt nicht regnen sollte, könnte die Trockenheit im Spätsommer wieder zu einem Problem werden. Ein Versiegen der kleinen alpinen Quellen, wie es im Sommer 2018 beobachtet wurde, sei in diesem Jahr jedoch äusserst unwahrscheinlich.
Kühe vorzeitig geschlachtet
Im Gegensatz zu diesem Jahr waren die vergangenen Jahre oft problematisch. Besonders im Sommer 2022 herrschte extreme Trockenheit. Damals musste die Armee Wasser per Helikopter auf die Alpen transportieren, um den Durst der Kühe zu stillen. Viele alpwirtschaftliche Betriebe waren gezwungen, ihr Vieh früher ins Tal zu bringen, weil das Gras auf den Alpweiden verdorrt war und die Wasservorräte erschöpft waren.
In der Westschweiz und im Jura führte die Trockenheit dazu, dass viele Kühe vorzeitig geschlachtet werden mussten, da es an Grünfutter mangelte. Laut der Zeitung von CH Media verzeichneten Viehmärkte damals gegen Ende des Sommers ein unüblich grosses Angebot, weil viele Bäuerinnen und Bauern ihre Kühe vorzeitig zur Schlachtung verkauften.