Urs Reimann aus Wölflinswil AG hat bei seinen 72 Hochleistungskühen Hitzestress festgestellt. Dank den Smart-Boxen kennt er nun kritische Bereiche im Stall – und weiss, dass sich Massnahmen lohnen werden.
Das richtige Stallklima ist für den Kuhkomfort ebenso wichtig wie Futter, Wasser und Liegebox. Aber deutlich schwerer zu beeinflussen, denn schliesslich hängt es auch von den Bedingungen draussen ab.
Hitze machte Probleme
Und nicht nur das – um es zu steuern und zu optimieren, muss man erst einmal wissen, welche Kriterien klimarelevant sind, wo die Optimalwerte liegen und wie man zu diesen kommt. Ein Problem, das auch Urs Reimann aus Wölflinswil AG kennt. Der Milchviehzüchter hält in seinem 2013 gebauten Laufstall 72 Holstein- und Red-Holstein-Kühe, Stallschnitt rund 10’000kg Milch. Gemolken wird mit dem Roboter.
«Wir hatten bei hohen Temperaturen die üblichen Probleme mit Hochleistungskühen», erinnert er sich, «gewisse Stallplätze wurden bevorzugt, im Sommer war jeweils die Fruchtbarkeit schlecht, und an Hitzetagen sank die Milchleistung um bis zu 10 Prozent.»
Neu auf dem Markt
Er hat Mitte Juli dieses Jahres eine wortwörtlich smarte Lösung gefunden und die Boxen der Produktreihe Lubratec Smart der deutschen Firma Huesker eingebaut. Vertrieben werden die Huesker-Produkte in der Schweiz von B+M in Densbüren AG, im Nachbardorf von Wölflinswil. Damian Laube von B+M: «Die Smart-Boxen sind ganz neu auf dem Markt. Wir waren auf der Suche nach einem Testbetrieb und sind auf Urs Reimann zugegangen.»
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Stallklima-Check
Zur Funktion: Die Smart-Boxen sind Sensoren, die staub- und nässegeschützt aufgehängt werden – aber nicht irgendwo. «Mit einem Stallklima-Check, bei dem die Luftbewegung mit einem Nebeltest erfasst und die Temperatur gemessen wird, werden klimakritische Punkte im Stall ermittelt», erklärt Damian Laube das Vorgehen. «An diesen Standorten werden die Boxen platziert.»
Im Stall von Urs Reimann hängen zwei Smart-Boxen, eine im Aussenbereich und eine im Innenbereich des Stalles bei den gegenständigen Liegeboxen. «Sie messen dort in Echtzeit den Kohlendioxidwert, den Ammoniakgehalt, die aktuelle Temperatur, Luftfeuchtigkeit und die Beleuchtungsstärke. Ausserdem berechnet das System den Temperatur-Humiditäts-Index (THI) anhand aktueller Daten für Temperatur und Luftfeuchtigkeit. So ist sofort klar, wenn Hitzestress droht», meint Damian Laube.
Kritisch im Aussenbereich
Die Stallklima-Messwerte werden in einer Cloud gespeichert, per Funktechnologie übertragen und können auf einer App abgelesen werden. Urs Reimann hat nach dem ersten Monat schon einiges herausgefunden. Bei der Fressachse sei das Klima gut, der Stall dort am höchsten. Im Bereich der Aussenboxen sei die Temperatur in der Mittagszeit höher als im Innenbereich, ebenso die Luftfeuchtigkeit.
«Beide Werte fallen aber in der Nacht stärker ab als im Stallinnern. Gemäss dem THI-Index erreichen wir an heissen Tagen bei den Aussenboxen Werte, die Hitzestress bedeuten. Das erkennen wir auch daran, dass die Kühe in den kühleren Stall ausweichen», sagt der Milchproduzent. Positiv stimmt den Züchter, dass Ammoniak praktisch nicht vorhanden ist.
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Gezielt investieren
Damian Laube und Urs Reimann wollen die Daten nun noch genauer analysieren und allenfalls handeln. «Das Ziel ist, im ganzen Stall dieselben Bedingungen zu schaffen», blickt der B+M-Projektleiter voraus. «Dazu kommen vermutlich bei Urs Reimann eher Schlauchlüftungen als Ventilatoren infrage. Mit den Smart-Boxen können die Lüftungen bei Bedarf auch automatisch gesteuert und die verschiedenen Lüftungstechniken, sofern es mehrere braucht, miteinander vernetzt werden. Das spart Energiekosten und erhöht die Effizienz des ganzen Lüftungssystems.»
Urs Reimann ist offen zu investieren, falls sich dies als nötig erweist: «Dies würde sich wirtschaftlich lohnen, wenn danach Fruchtbarkeit und Milchleistung wieder auf einem Topniveau wären. Zumal ich sicher sein kann, dass die Investitionen gezielt erfolgen und auch wirklich etwas bringen. Ich kaufe nicht einfach einen Lüfter und stelle ihn irgendwo hin.»