Die Weltmarktpreise für Zucker haben sich seit Anfang Oktober sehr fest entwickelt und dabei ein neues Zwölfjahreshoch markiert. Der Kontrakt auf Weisszucker an der Agrarterminbörse in London zur Lieferung im März 2024 kostete am Donnerstagmorgen (2.11.) gegen 11.00 Uhr hiesiger Zeit 742,40 $/t (etwa 667 Franken). Am 25. Oktober hatte der Kurs mit 747 $/t (etwa 671,5 Franken) sogar den höchsten Stand für Märzfutures seit August 2011 erreicht.
Wegen Thailands Exporteinschränkung
Auch der Rohzucker-Future an der New Yorker Börse verteuerte sich deutlich. Der betreffende Kontrakt mit Fälligkeit im März 2024 wurde für 27,54 cts/lb (etwa 552 Franken/t) gehandelt. Zum Ende des vergangenen Monats hatte sich der Kurs sogar in der Spitze bei 28 cts/lb (etwa 561 Franken/t) bewegt; das war der höchste Wert seit Oktober 2011. Als Auslöser für den Anstieg der Zuckerfutures führen Analysten die Erwartung von Marktakteuren an, dass Thailand seine Zuckerexporte bald einschränken könnte.
Am Dienstag (31.10.) hatte der stellvertretende Handelsminister des Landes betont, dass Zucker zu den inflationsrelevanten Waren gehöre und eine wichtige Rolle für die Ernährungssicherung Thailands spiele. Deshalb müsse ein Regulierungsgremium Vorgaben für die Ausfuhren des Süssstoffs machen. Zucker hatte sich in Thailand in den vergangenen Monaten deutlich verteuert.
Thailand ist zweitgrösster Zuckerexporteur weltweit.
Thailand ist zweitgrösste Zuckerexporteur
Unterdessen taxiert die Thai Sugar Millers Corporation die Zuckererzeugung im eigenen Land für 2023/24 aktuell auf voraussichtlich nur 7 Mio. Tonnen. Das wäre ein 17-Jahrestief, und das Vorjahresvolumen würde um 36% verfehlt. Der Verband befürchtet dürrebedingte Ertragseinbussen bei der anstehenden Zuckerrohrernte, wofür auch das Wetterphänomen El-Niño verantwortlich sei.
Der agrardiplomatische Dienst (FAS) des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums (USDA) hatte die thailändische Zuckererzeugung zuletzt noch bei immerhin 9,4 Mio. Tonnen gesehen. Nach USDA-Zahlen war das südostasiatische Land in der vergangenen Vermarktungssaison der zweitgrösste Zuckerexporteur der Welt.
Engpass bei Logistik
Derweil korrigierte die Internationale Zuckerorganisation (ISO) ihre Prognose für das weltweite Produktionsdefizit 2023/24 kräftig nach oben, und zwar um 2,24 Mio. Tonnen auf jetzt 4,36 Mio. Tonnen Zucker. Für die vergangene Vermarktungssaison hatte sich noch ein Überschuss von schätzungsweise rund 490’000 Tonnen Zucker ergeben. Die ISO wies ausserdem darauf hin, dass die Welt mehr als bisher auf Zucker aus Brasilien angewiesen sei, um die knappe Versorgung abzufedern.
Brasilien führt die Weltrangliste der Zuckererzeuger und -lieferanten an. Allerdings warteten vor den überlasteten brasilianischen Häfen am Donnerstag (2.11.) rund 70 Schiffe auf ihre Beladung, so dass sich der Export von mehr als 3 Mio. Tonnen Zucker verzögerte. Das USDA hatte die brasilianischen Zuckerausfuhren für 2023/24 zuletzt auf voraussichtlich insgesamt 32,5 Mio. Tonnen veranschlagt; damit würde die Vorjahresmenge um 4,3 Mio. Tonnen übertroffen. Die brasilianische Zuckererzeugung sehen die US-Beamten für die laufende Saison, die im März 2024 endet, bei 41 Mio. Tonnen, nach lediglich 38,05 Mio. Tonnen im Vorjahreszeitraum.
Brasilianische Häfen sind überlastet, so dass zurzeit nicht genügend Zucker exportiert werden kann. Auch dies führt zu einer Preissteigerung auf dem Weltmarkt.
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EU-Selbstversorgungsgrad auf 93%
Die EU-Kommission taxiert die Zuckerproduktion in der EU-27 für 2023/24 auf 15,6 Mio. Tonnen Weisszuckeräquivalent; das wären 7% mehr als die für die vergangene Saison geschätzte Menge. Gleichzeitig dürften die betreffenden EU-Zuckerexporte ohne Zucker in Verarbeitungsprodukten um fast 30% auf 700’000 Tonnen ausgeweitet werden. Auf der anderen Seite wird von einer Einschränkung der EU-Zuckerimporte um etwa ein Viertel auf 1,9 Mio. Tonnen unverarbeitete Ware ausgegangen.
Den Zuckerverbrauch in der laufenden Vermarktungssaison sieht die Kommission auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums von 16,7 Mio. Tonnen. Damit würde sich der Selbstversorgungsgrad der Gemeinschaft als Folge der voraussichtlich grösseren Erzeugung um 5 Prozentpunkte auf 93% erhöhen. Unter dem Strich prognostizieren die Experten die Zuckerbestände in der EU für Ende September 2024 auf 1,4 Mio. Tonnen, was in etwa der zum Vorjahreszeitpunkt verzeichneten Menge entsprechen würde.