Die Schweiz produziert pro Jahr und Einwohner nur rund 250 Kilowattstunden Sonnen- und Windstrom. Schlechter platziert als die Schweiz sind nur gerade Ungarn, Slowenien, die Slowakei und Lettland.
Die Schweiz produziert pro Jahr und Einwohner nur rund 250
Kilowattstunden Sonnen- und Windstrom. Das entspricht ungefähr dem
Jahresstromverbrauch eines halbwegs effizienten Geschirrspülers. Damit landet
sie im Vergleich mit den 28 EU-Ländern auf dem 25. Platz.
Der Gesamtanteil dieser neuen erneuerbaren Energien am
Stromverbrauch bleibe in der Schweiz «kaum nennenswert», schreibt die
Schweizerische Energie-Stiftung (SES) in einer Mitteilung vom Mittwoch. Sie hat
in einer Studie die Solar- und Windenergieproduktion der Schweiz mit den 28
EU-Ländern verglichen.
Schweizerinnen und Schweizer verbrauchen pro Kopf und Jahr
ungefähr 7000 kWh Strom. Wind- und Sonnenstrom decken hierzulande zusammen
gerade einmal 3,7 Prozent des Bedarfs. Beim Leader Dänemark sind es mit
jährlich 2500 kWh pro Einwohner knapp 50 Prozent. Dahinter folgen
Photovoltaik-Spitzenreiter Deutschland mit einer Produktion von 1905 kWH und
Schweden mit 1691 kWh.
Schlechter platziert als die Schweiz sind nur gerade Ungarn,
Slowenien, die Slowakei und Lettland. Das sei «bedenklich» für ein Land, «das sich
gerne mit seine fortschrittlichen Strompolitik und -erzeugung brüstet», wird
Projektverantwortliche Tonja Iten in einer Mitteilung zitiert.
Ausbau «auf sehr tiefem Niveau»
Zwar nehme der Ausbau der Sonnenenergie in der Schweiz «auf
sehr tiefem Niveau» kontinuierlich zu. Ihr Anteil an der Stromproduktion stieg
im letzten Jahr um 18 Prozent auf 3,5 Prozent.
Doch die Produktion von Windenergie stagniere und trage mit
0,2 Prozent kaum nennenswert zur Schweizer Stromproduktion bei. Zur Zeit gibt
es 36 grössere Windkraftanlagen in der Schweiz. Neue kamen im letzten Jahr
keine dazu. Im Nachbarland Österreich - ebenfalls ein Binnenland - sind es 20
mal mehr.
Enormes Ausbaupotenzial
Insgesamt schneide der Strommix der Schweiz mit 60 Prozent
Wasserkraft immer noch besser ab als derjenige der EU. Aber der schleppende
Ausbau von Solar- und Windenergieanlagen kontrastiere «mit dem enormen
Ausbaupotenzial» dieser Energieträger in der Schweiz.
Das Bundesamt für Energie schätzte kürzlich, dass in der
Schweiz alleine auf Hausdächern und an Hausfassaden jährlich 67
Terrawattstunden Strom erzeugt werden könnten. Das übersteige den gegenwärtigen
Stromverbrauch im Land von 58 TWh pro Jahr deutlich. Zudem seien die Preise für
Photovoltaik- und Windenergieanlagen in den vergangenen Jahren stark
eingebrochen.
Das vorhandene Potenzial kontrastiere mit der «Deckelpolitik
der Schweiz», vor allem bei der Photovoltaik. Dort sei der Netzzuschlag im
letzten Jahr zwar auf 2,3 Rappen pro kWh erhöht worden. Doch die Förderung sei
zeitlich befristet, die Zuschläge würden ineffizient verteilt und wegen der
«rigorosen Wartelistenpolitik» blockiert.
Das führe dazu, dass Betreiber von Fotovoltaikanlagen lange
auf die Vergütung warten müssten. Und auf eine Einspeisevergütung hätten neue
Projekte gar keine Chance mehr. Für Grossanlagen seien die Erlöse am Strommarkt
damit zu tief, als dass sie sich refinanzieren könnten.
Bessere Förderinstrumente
Gemäss SES setzen die meisten EU-Staaten «zielführende
Förderinstrumente für die erneuerbaren Energien ein» und schützen neue
Kraftwerke durch gesetzlich garantierte Minimalvergütungen vor
Preisschwankungen. Damit wolle die EU ihre ambitionierten Energiewende- und
Klimaziele erreichen.
«Die Schweiz täte gut daran, diesen Bemühungen zu folgen»,
folgert Iten. Denn es sei dringend notwendig, den Atomstrom und die fossilen
Energieträger mit einem Ausbau der erneuerbaren Energien zu ersetzen. Nur so
könne die Energiewende in der Schweiz umgesetzt werden.