Nun beginnt der Alltag, der sich grösstenteils auf dem Stallareal abspielt: Am Morgen werden die Pferde geputzt und deren Box gemistet, worauf dann gebastet wird (gesattelt, gezäumt und die Lasten aufgebunden). In zwei Gruppen werden die Waldwege rund um die Stallungen bestritten. Für das Mittagessen kehrt man zum Stallareal ein, nach der grosszügigen Mittagspause wiederholt sich das Ganze.
Grundsätzlich läuft Cléopatre gut mit, doch hat sie starken Respekt vor der Oberlast. Einem Tier nach dem anderen wird die Last aufgebunden, immer ohne Probleme. Kaum ist Cléopatre an der Reihe verzögert sich der Ablauf. Sie tänzelt weg – seitwärts, nach vorne, nach hinten. Die beruhigenden Worte des Kaders bringen nichts. So kommt es, dass Cléopatre momentan noch ohne Oberlasten ausrückt, beziehungsweise nur mit dem leeren Gestell der Oberlast.
Die junge Agronomin Tirza Bauer hat im Sommer 2024 die Rekrutenschule beim Train absolviert.
zvg
Noch viel Übung notwendig
Dies tönt ziemlich herausfordernd, doch ist nichts gegen zwei andere Sachen, mit denen ich mehr zu kämpfen habe: Zum einen habe ich (mit meinen 1.60m) Mühe damit, den Bastsattel auf den zirka zwei Meter hohen Sattelhalter zu hieven.
Oftmals reicht es auch nicht mit Schwung, immer wieder knallt der Sattel zu Boden. Sehr unangenehm, wenn man ins Gesicht des Adjutanten blickt, kurz nachdem man nach einem erneuten Versuch in Richtung Pferdeboxen zurücktaumelt. «M…melde Stall 12!», stammle ich, während ich den Sattel schief in den Armen halte. Immerhin konnte ich ihn noch auffangen. Mir wird sogleich geraten, den Sattel, während des Balancierens auf dem Kopf, leicht zusammenzudrücken. So sei dieser leichter kontrollierbar. Dies half wirklich, aber dennoch ist noch viel Übung notwendig.
Die Sattelhalter sind hoch, was mir ein tägliches Armtraining bietet.
Tirza Bauer
Probleme mit der Lunge
Zum anderen habe ich bereits seit Beginn der Stallarbeit Probleme mit meiner Lunge. Ich wusste bereits vor der Rekrutenschule, dass dies ein Problem darstellen könnte, doch es war mir egal. Ich dachte mir, die Funktion als Trainsoldat sei es Wert, es dennoch zu versuchen.
Doch jetzt stehe ich im Stall und merke, wie meine Lunge das volle Volumen nicht ausnutzen kann. Es ist wie ein alter Handy-Akku, der auch bei voller Ladung nicht mehr 100 % Kapazität hat, weil die Batterieleistung mit der Zeit abnimmt. Das pfeifende Geräusch beim Ausatmen erinnert an eine klapprige, alte Lokomotive.
Zwar beschränkt sich der Hustenanfall nur auf die Stallarbeit, doch merke ich, dass ich beim Ausrücken im Wald ziemlich schnell ausser Atem komme, sobald der Weg nur ein wenig steiler wird. Dies löst ein leises Bedenken in mir aus. Jetzt haben wir noch kein Gepäck zu tragen, doch was ist, wenn dies hinzukommt? Ich verdränge diesen Gedanken wieder – irgendwie werde ich das sicherlich schaffen.
Im Stall sammeln sich schnell Staubpartikel, mit denen meine Lunge zu kämpfen hat.
Tirza Bauer
Gespräch mit dem Fachausbilder
Dennoch erwische ich mich manchmal in der Überlegung, die Funktion zu wechseln. Was wäre denn eine mögliche Option? Hundeführer sicherlich nicht. Dafür hätte ich den Eignungstest bestehen müssen. Veterinärsoldat? Wenn diese blöde Seuchenbekämpfung nicht wäre!
Die Tatsache, dass mich das Bastgeschirr mit den vielen Riemen zusätzlich herausfordert, bringt mich zu einem Gespräch mit dem Fachausbildner des Trains, unserem Adjutanten. Er fordert mich heraus, weiter dranzubleiben, es falle bekanntlich kein Meister vom Himmel. Zudem finde grundsätzlich keine Selektion mehr während der Fachausbildung statt, es sei denn, es wäre zum Wohle der Tiere. Das wäre bei mir jedoch nicht der Fall. Er halte mich für genügend kompetent, ein Pferd zu führen.
Anderem Tier zugeteilt
Ich entscheide mich, weiterhin der Funktion Treu zu bleiben. Zudem erfahre ich kurz nach dem Gespräch, dass ich nun einem anderen Tier, in einem anderen Binom zugeteilt werde.
Prince. Das schöne Maultier, das ich am Ankommenstag zu den Stallungen führen konnte. Ich werde jetzt trotzdem Maultierführerin! Ein neuer Motivationsschub macht sich in mir breit. Die Atemprobleme verdrängend, mache ich mich daran, das Basten mit dem Maultiersattel zu lernen. Immerhin wirkt dieser weniger kompliziert als jener der Freiberger.
Ab jetzt werde ich mich um Prince kümmern.
Tirza Bauer
Bisher erschienene Beiträge :
Blog 1: Vom Hörsaal in die Kampfstiefel
Blog 2: «Wir schlafen mit dem Sturmgewehr»