Auch der Bundesrat will die Nahrungsmittelversorgung in Entwicklungsländern verbessern und die Armut bekämpfen. Die Initiative «Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln» (Spekulationsstopp-Initiative) ist seiner Meinung nach aber der falsche Ansatz. Er empfiehlt, das Volksbegehren abzulehnen.
Dieses war von der JUSO gemeinsam mit der SP, den Grünen und mehreren Hilfswerken lanciert und im April letzten Jahres eingereicht worden. Die Initianten wollen der Spekulation mit Nahrungsmitteln einen Riegel schieben, die sie für den Hunger auf der Welt mitverantwortlich machen.
Initianten: Nahrungsmittelspekulation führt zu grossen Schwankungen
Die Initiative verlangt ein Verbot für Banken, Vermögensverwalter oder Versicherungen, in Finanzinstrumente zu investieren, die sich auf Agrarrohstoffe und Nahrungsmittel beziehen. Das Verbot soll auch für den Verkauf von so genannten strukturierten Produkten gelten. Ausserdem soll sich der Bund dafür einsetzen, dass die Spekulation mit Nahrungsmitteln weltweit wirksam bekämpft wird.
Nach Auffassung der Initianten führt die Nahrungsmittelspekulation zu grossen Schwankungen und stark erhöhten Nahrungsmittelpreisen. Gemäss der am Mittwoch verabschiedeten Botschaft ist auch der Bundesrat die Ansicht, dass teure Grundnahrungsmittel für die Bevölkerung in Entwicklungsländern schwerwiegende Konsequenzen haben können. Ein Spekulationsverbot ist für ihn aber nicht die Lösung des Problems.
Umstrittene Ursachen
Für ihn ist zunächst zweifelhaft, ob die Spekulation überhaupt für den Anstieg der Nahrungsmittelpreise in den vergangenen Jahren verantwortlich ist. Die wichtigsten Faktoren seien historisch tiefe Lagerbestände, ungünstige Wetterereignisse in wichtigen Anbaugebieten sowie die politischen Massnahmen verschiedener Export- und Importländer gewesen, schreibt der Bundesrat.
Ein Spekulationsverbot könne somit hohe Nahrungsmittelpreise nicht verhindern. Da die Spekulation auf diesen Märkten verschiedene nützliche und notwendige Funktionen erfülle, sei eher zu befürchten, dass die Agrarmärkte aufgrund dieser Beschränkungen weniger gut funktionieren würden.
Verbot ohne Wirkung
Zudem hätten Massnahmen, die nur in der Schweiz ergriffen werden nach Ansicht des Bundesrats kaum einen Einfluss auf die Vorgänge an den internationalen Warenterminmärkten. Diese befänden sich mehrheitlich im Ausland. Unternehmen könnten das Verbot in der Schweiz leicht umgehen, indem sie das betroffene Geschäft dorthin verlegten.
Der Bundesrat warnt auch vor den Auswirkungen, welche ein Verbot auf Banken, Händler oder industrielle Verarbeiter von Agrarprodukten hätte. Diese müssten mit zusätzliche Kosten und Einschränkungen in ihrer Geschäftstätigkeit rechnen, was einen Wettbewerbsnachteil gegenüber den ausländischen Konkurrenten bedeuten würde. Die Folgen wären laut Bundesrat der Verlust von Arbeitsplätzen, Wertschöpfung und Steuereinnahmen.
Kein Gegenvorschlag
In ihrer Botschaft erinnert die Regierung auch daran, dass es andere Lösungen gibt für das Problem starker Preisausschläge bei international gehandelten Grundnahrungsmitteln. So sei der Bundesrat zum einen bestrebt, die Funktionsweise der physischen Agrarmärkte zu verbessern. Zum andern setze er sich auf nationaler und internationaler Ebene für gut funktionierende und transparente Warenterminmärkte ein.
Und schliesslich engagiere sich der Bund im Rahmen der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit für eine nachhaltige Stärkung der Landwirtschaft in Entwicklungsländern sowie in der humanitären Nothilfe, schreibt der Bundesrat. Auf die Ausarbeitung eines Gegenvorschlags will er verzichten.