Drei Wochen vor den Eidgenössischen Abstimmungen vom 13. Juni sind die Mehrheiten bei den Agrarinitiativen gekippt: Wäre bereits Ende Mai abgestimmt worden, wären die Trinkwasser- und die Pestizid-Initiative abgelehnt worden.
Das Covid-Gesetz, das CO2-Gesetz und das Terrorismus-Gesetz erfahren nach wie vor mehrheitliche Zustimmung. Alle fünf Vorlagen erfuhren in der Hauptphase des Abstimmungskampfes aber eine Polarisierung der Meinungsbildung zum Nein hin, wie die am Mittwoch veröffentlichte zweite SRG-Trendumfrage zeigt.
Stadt-Land-Graben
Den 53 Prozent der Ablehnenden der Trinkwasserinitiative standen in der SRG-Erhebung 44 Prozent Zustimmende gegenüber. 3 Prozent sind noch unentschieden. Gemäss der ebenfalls am Mittwoch veröffentlichten dritten Abstimmungsumfrage von 20 Minuten/Tamedia lehnen 57 Prozent der Befragten die Initiative ab, 41 Prozent wollen sie annehmen, 2 Prozent machten keine Angaben.
Dabei zeigt sich weiter ein deutlicher Stadt-Land-Graben, wobei die Zustimmung auch in grossen Agglomerationen deutlich sinkt. Politisch bleibt ein ebenfalls ein klarer Graben: Anhänger der linken Parteien und der GLP wollen überwiegend für die Initiative stimmen, während die Anhänger der anderen Parteien und Parteiungebundene mehrheitlich gegen die Initiative stimmen würden.

Screenshot SRF
Junge am deutlichsten dagegen
Hauptargument der Gegner ist die Befürchtung, dass Einschränkungen zu mehr importierten Umweltschäden führen (61%). Zudem sehen sie in der Initiative eine existenzielle Bedrohung der Landwirtschaft.
Neu ist auch die Altersgruppe der über 65-Jährigen mehrheitlich für ein Nein. Wie vor einem Monat ist die Gruppe der 18- bis 39-Jährigen am deutlichsten dagegen, wie die Politikwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler des Forschungsinstitutes gfs.bern feststellen. Sämtliche Altersgruppen lehnen das Begehren ab. Der deutliche Nein-Trend bei der Trinkwasser-Initiative ist inhaltlich fundiert und erfasst breite gesellschaftliche Kreise, heisst es im gfs.bern-Bericht. Normalerweise lässt sich ein solcher Trend kaum noch umdrehen. Gemäss GFS ist einen Ja-Anteil von über 40 Prozent nur dann noch realistisch, wenn der aktuelle Trend gestoppt und die Sympathien für die Volksinitiative über das linke Lager hinaus gehen würden.
51 Prozent gegen Pestizid-Initiative
Auch bei der Initiative «für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» nimmt die Zustimmung ab. Der Vergleich der 1. SRG-Umfrage vom April mit der 2. SRG-Umfrage vom Mai zeigt einen negativen Trend. Der Anteil der Personen, die bestimmt oder eher Nein stimmen würden, ist im letzten Monat von 42 auf 51 Prozent angestiegen. 47 Prozent waren bei der 2. Umfrage dafür und 2 Prozent unentschlossen.
In der 20 Minuten/Tamedia-Umfrage sprachen sich 42 Prozent der Befragten für und 57 Prozent gegen die Initiative aus, 1 Prozent gab keine Stimmabsicht an.

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Argument Preis
GFS geht davon aus, dass er hier aber enger werden könnte als bei der Trinkwasserinitiative. In Städten und in Haushalten mit höheren Einkommen geniesst die Initiative Pestizidverbot jeweils höhere Unterstützung als die Trinkwasser-Initiative. «Mehrheiten sind damit trotz Nein-Trend bis zum Schluss eher wahrscheinlich als bei der Trinkwasser-Initiative», so das Forschungsinstitut gfs.bern zu SRF. Insgesamt spreche aber wenig für eine Annahme der Initiative.
Der Einsatz chemischen Substanzen gilt für eine Mehrheit von 67 Prozent zwar als nicht vereinbar mit einer nachhaltigen Landwirtschaft. Doch das Argument Preis hat auch bei dieser Agrarinitiative (wie beispielswiese bei der Fair-Food-Initiative) Einfluss. 76 Prozent unterstützen das Argument, dass durch zusätzliche Auflagen für die Landwirtschaft die Lebensmittel für die Konsumenten in der Schweiz teurer würden.
Mehrheit für CO2-Gesetz
Beim CO2-Gesetz sank die Zustimmung in der SRG-Umfrage auf 54 Prozent (-6 Prozentpunkte). 43 Prozent wollen das Gesetz ablehnen, 3 Prozent sind noch unentschieden. In der 20 Minuten/Tamedia-Umfrage betrug der Ja-Stimmenanteil 53 Prozent, 46 Prozent der Befragten sagten nein, 1 Prozent war unentschlossen.
In der zweiten Welle der SRG-SSR-Trendumfrage für die Abstimmung vom 13. Juni befragte das Forschungsinstitut gfs.bern im Auftrag der SRG zwischen dem 18. und dem 26. Mai 17’050 Stimmberechtigte. Der statistische Fehlerbereich beträgt plus/minus 2,8 Prozentpunkte.
Die dritte Umfragewelle der 20 Minuten-Tamedia-Umfrage basiert auf 17’193 Antworten von Teilnehmenden (12’173 aus der Deutschschweiz, 4660 aus der Romandie und 360 aus dem Tessin). Die Umfrage fand am 27. und 28. Mai statt. Der Stichproben-Fehlerbereich liegt bei plus/minus 1,2 Prozentpunkten.



