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Täuschte die BOM den Bundesrat?

Damit sich Nicht-Mitglieder an die Beschlüsse der Branchen- organisation Milch (BOM) halten, erteilte ihr der Bundesrat 2011 die Allgemein- verbindlichkeit. Dabei will die BOM gar keine Nicht-Mitglieder gehabt haben.

 

 

Damit sich Nicht-Mitglieder an die Beschlüsse der Branchen- organisation Milch (BOM) halten, erteilte ihr der Bundesrat 2011 die Allgemein- verbindlichkeit. Dabei will die BOM gar keine Nicht-Mitglieder gehabt haben.

Monatelang drehte sich letztes Jahr bei der BOM alles um das Thema Allgemeinverbindlichkeit. Ohne sie, so wurde stets betont, würde die Milchbranche die Probleme mit der Überproduktion, den Butterbergen und sinkenden Milchpreisen nicht in den Griff bekommen.

An der Delegiertenversammlung im Mai letzten Jahres hiess es: «Aufgrund der Abdeckung der Mitglieder von rund 86% bei den Produzenten und rund 90% der Milchverarbeitung ist eine Ausdehnung auf Nicht-Mitglieder essenziell, damit mit den Massnahmen genügend Wirkung erzielt werden kann.»

Keine Nicht-Mitglieder?

Doch wer den Rechenschaftsbericht zu den Selbsthilfemassnahmen liest, den BOM-Geschäftsführer Daniel Gerber dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) abgeliefert hat, reibt sich verwundert die Augen. Darin steht nämlich, dass die BOM im Jahr 2011 gar keine Nicht-Mitglieder hatte.

«Die einzelnen Milchproduzenten sind einerseits direkt über die regionalen Organisationen und andererseits indirekt über die Schweizer Milchproduzenten SMP Mitglied bei der BOM», schreibt Gerber und dass  — logischerweise — «vom Inkasso des Marktentlastungsbeitrags keine Nicht-Mitglieder betroffen waren». Unwillkürlich stellt sich deshalb die Frage, ob der Bundesrat getäuscht wurde, als man ihm die Allgemeinverbindlichkeit unterbreitete?

BOM-Präsident Markus Zemp streitet den Täuschungsvorwurf ab, widerspricht aber auch seinem Geschäftsführer: «Bei der BOM sind beispielsweise nur PMOs von Käsereien ab zehn Millionen Kilo dabei. Und die anderen Käsereien sind bekanntlich nicht bei den SMP.» Auch BOM-Vorstandsmitglied Markus Willimann geht im Gegensatz zu Gerber davon aus, dass rund fünf Prozent der Milchproduzenten keiner der BOM angeschlossenen Organisationen angehören. Er gibt aber zu, dass es bei der Allgemeinverbindlichkeit gar nicht um die Nicht-Mitglieder ging, sondern um die Mitglieder.

Man wollte mit der Allgemeinverbindlichkeit verhindern, dass gewisse Mitglieder aus der BOM austreten und so die gemeinsamen Massnahmen unterwandern: «Das wurde im Vorfeld des Massnahmenpaketes angedroht.» Von einer Täuschungsabsicht könne dennoch keine Rede sein: «Der Bundesrat wurde in keiner Weise getäuscht, sondern über diese Besonderheit vorgängig informiert.»  

Haben alle bezahlt?

Wie viele Nicht-Mitglieder nicht zur Kasse gebeten wurden, ist unklar. Klar ist hingegen, dass sich anfänglich mehrere Organisation weigerten, in den Marktentlastungsfonds zu zahlen, danach aber einlenkten.  Mindestens eine Organisation hat bis zu dem Zeitpunkt, an dem Gerber den Rechenschaftsbericht verfasste, keinen Rappen bezahlt; und das war am 18. April 2012.

Der Bundesrat erteilte die Allgemeinverbindlichkeit nicht nur für den Marktentlastungsfonds, sondern auch für den Standardvertrag mit verbindlicher Segmentierung in A-, B-, C-Milch. Der Erfolg dieser Massnahmen blieb aus, und die BOM tat nichts, um die Umsetzung zu kontrollieren. Gerber schrieb: «Wir haben keine offiziellen Kenntnisse über die Umsetzung des Standardvertrags.» Statt konkreten Kontrollergebnissen legt er dem BLW einen Zeitungsartikel bei, der «Aufschluss über die Einschätzung verschiedener Marktakteure und implizit über die noch nicht vollständige Umsetzung gibt».

Dabei müsste die BOM zumindest über die Segmentierung bestens Bescheid wissen, weil ihr diese Daten quartalsweise vorgelegt werden müssen. Andernfalls sind Sanktionen vorgesehen. Doch Geschäftsführer Gerber wäscht seine Hände in Unschuld: «Die BOM kann nur aktiv werden, wenn sich eine Vertragspartei zu diesem Thema an die BOM wendet.» Und weil das bislang offenbar nicht der Fall war, blieben jegliche Sanktionen aus. 

Zemp und Willimann wehren sich trotzdem gegen den Vorwurf, die BOM nehme die Allgemeinverbindlichkeit nicht ernst. Zemp: «Der Vorstand hat im Juni auf meinen Antrag die Validierung aller Standardverträge beschlossen. Diese grosse Arbeit ist angelaufen und wird von einer Begleitgruppe unterstützt.» Er widerspricht damit Gerbers Behauptung, die BOM könne nicht von selbst aktiv werden.

BLW wartet ab

Die Umsetzung der Allgemeinverbindlichkeit ist Sache der Branchenorganisation, die BOM muss dem Bund jedoch jährlich Bericht erstatten und das Finanzinspektorat des BLW kontrolliert die Umsetzung der Marktentlastungsmassnahmen. Niklaus Neuenschwander vom BLW sieht vorerst davon ab, eine Nachbesserung des Berichts zu verlangen. Zumal bis heute noch nicht einmal alle Unterlagen vorliegen. Neuenschwander: «Erst nach erfolgter Genehmigung durch die Delegiertenversammlung der BOM werden wir noch die Jahresrechnung und den Revisionsbericht erhalten, der uns in Aussicht gestellt wurde.»
Gerber hatte es verpasst, sich rechtzeitig um die Wahl der erforderlichen Revisoren zu kümmern. Deshalb konnten die Delegierten — zum zweiten Mal in Folge und entgegen den Statuten — die Jahresrechnung der BOM an der ordentlichen DV nicht verabschieden.

Spricht man Gerber auf die zahlreichen Ungereimtheiten an, erhält man keine Antwort. Auf Nachfrage teilt er mit, wieso: «In den letzten Wochen wurden gegen die BOM mehrere Anfechtungsklagen eingereicht. In diesem Zusammenhang wurden wir mit sehr vielen Fragen seitens der anfechtenden Parteien eingedeckt. Eine weitere Runde in diesem endlosen Frage-Antwort-Spiel erachte ich als Geschäftsführer der BOM als nicht zielführend.»

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