Die Bewohner des Dorfes Guttannen am Grimselpass sind das Leben mit Naturgefahren gewohnt. Doch nun macht man sich im Dorfteil Boden ernsthaft Gedanken über eine Umsiedlung von etwa 30 Personen. Ihre zehn Häuser könnten zunehmend von den Folgen des tauenden Permafrosts in Mitleidenschaft gezogen werden.
Der Klimawandel sorgt dafür, dass der Boden im Hochgebirge immer stärker auftaut und die Gletscher schmelzen. Die Folge davon sind unter anderem Erdrutsche und Murgänge. Betroffen von diesem Phänomen ist auch der Guttanner Hausberg, das Ritzlihorn.
Aare muss sich neuen Weg suchen
Dort bröckeln Unmengen von Gestein ab, das bei starkem Regen als Murgang ins Tal schiesst. An der Spreitloui etwa haben Erdrutsche bereits mehrfach eine Strassengalerie beschädigt. Das Gesteinsmaterial bleibt in der Aare und auf dem Talboden liegen. Es ist schlicht zu viel, um es auszubaggern und irgendwo deponieren zu können. Über kurz oder lang könnte sich die Aare einen neuen Weg suchen. Von diesen Naturgefahren besonders betroffen ist der kleine Weiler Boden bei Guttannen.
Ein Haus wurde bereits aufgegeben
Seit geraumer Zeit macht sich die Bevölkerung dort Gedanken über die Zukunft. Ein erstes Haus wurde bereits aufgegeben, wie der «Berner Oberländer» vor einigen Tagen berichtete. In den kommenden Jahren wird es wahrscheinlich unumgänglich sein, dass weitere acht bis zehn Häuser aufgegeben werden.
Diese langsame Unerbittlichkeit mache es schwierig, sagte Gemeindepräsident Hans Abplanalp am Dienstag in der Sendung Rendez-vous von Schweizer Radio DRS. «Doch das gibt uns zum Glück auch Zeit zu reagieren», hob Abplanalp hervor. Die Gemeinde will laut Abplanalp mit den Betroffenen nach Lösungen, insbesondere Ersatzbauland, suchen.
Einige Vorfälle in den vergangenen Jahren
Im Berner Oberland hat sich der Klimawandel in den vergangenen Jahren handfest bemerkbar gemacht. Für grösseres Aufsehen sorgte 2005 das Gebiet über dem Unteren Grindelwaldgletscher. Riesige Gesteins- und Erdmassen gerieten in Bewegung, eine bewirtete Berghütte wurde aufgegeben.
2006 wurde ein Felsabbruch an der Eiger-Ostflanke zur Medienattraktion. Zwar bedrohte der Felssturz kein bewohntes Gebiet, die Abbrüche waren aber vom Wanderweg auf der gegenüberliegenden Talseite gut und gefahrlos zu sehen. Während dieser Zeit bildete sich auf dem Unteren Grindelwaldgletscher ein Gletschersee, der ab und zu unerwartet ausbrach. 2009 wurde extra ein Abflussstollen gebaut.