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Technischer Fortschritt für das Tierwohl

Viel Technik in den Tierställen und deren elektronische Vernetzung kann das Tierwohl fördern und die Umwelt schonen. Dank Prozessoptimierung können die Kosten pro Einheit gesenkt werden, inklusive Arbeitsaufwand, Futtermenge und Nährstoffausstoss. Für den zunehmend spezialisierten Tierhalter verschärft sich jedoch das Problem der Stellvertretung.

Ruth Floeder-Bühler, lid |

 

 

Viel Technik in den Tierställen und deren elektronische Vernetzung kann das Tierwohl fördern und die Umwelt schonen. Dank Prozessoptimierung können die Kosten pro Einheit gesenkt werden, inklusive Arbeitsaufwand, Futtermenge und Nährstoffausstoss. Für den zunehmend spezialisierten Tierhalter verschärft sich jedoch das Problem der Stellvertretung.

Die bäuerlichen Familienbetriebe in der Schweiz haben zwar an Grösse zugenommen, sich aber zwischen 2000 und 2012 strukturell ganz offensichtlich kaum verändert. Abgesehen von den natur- und marktabhängigen jährlichen Schwankungen stagniert das landwirtschaftliche Einkommen.

Die Bauernfamilien kompensieren dies mit ausserlandwirtschaftlicher Erwerbstätigkeit (siehe Bild). Sie verzetteln damit ihre Fähigkeiten, die fachlichen Ressourcen liegen brach. Diese müssten aber kreativ für die strukturelle Entwicklung des Betriebs eingesetzt werden, soll das landwirtschaftliche Einkommen wieder wachsen.

"Besser werden, dann wachsen"

"Zuerst besser werden, dann wachsen", plädiert Andreas Hofer, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Tierproduktion. Das bedeutet Prozessoptimierung: Die Kosten pro produzierte Einheit senken. Das bedeutet Marktbeobachtung: Die weltweit steigende Nachfrage nach tierischen Produkten mit Mehrproduktion beantworten. In der Schweiz werden einheimische Poulets und Eier gegenüber den ausländischen bevorzugt, sofern sie erhältlich sind.

Ein grösserer Milchviehbetrieb im Kanton Jura hat auf Rindermast umgestellt. Vorher wurde mit zwei Melkrobotern einer Million kg pro Jahr gemolken, der Stalldurchschnitt lag über 12‘000 kg. 60 Rappen pro kg Milch haben die Kosten nicht gedeckt. Wenn die Milchleistung steigt, muss eventuell der Kuhbestand reduziert werden. Melkroboter eignen sich nicht für jede Betriebsgrösse, für Kleinbetriebe ist die Investition zu hoch. Im typischen Roboterbetrieb hat es 50 bis 70 Kühe. Schweizweit sind heute 400 Melkroboter im Einsatz, jährlich kommen 100 hinzu. Zudem sind Melkstände in Gross-betrieben kostengünstiger. Ausserdem kann die Melkzeit zur Tierbeobachtung genutzt werden.

Die Gleichung "klein gleich bäuerlich" und "gross gleich industriell" geht nicht auf. Kreatives, unternehmerisches Denken erfordert Ruhe und Raum. Der Bauernberuf soll die Lebensqualität bieten, die er verspricht. Auch wenn die Tierhaltung viel Freude bereitet, sind Freiräume anzustreben. Der Arbeitstag sollte einmal aufhören, eine valable Stellvertretung sollte stressfreie Ferien garantieren. Dem ökonomischen Wachstum geht also eine Professionalisierung voraus. Wachstum hat viel mit Sparen am rechten Ort zu tun.

Ressourceneffizienz steigern

Der Lysinbedarf der Mastschweine sinkt mit zunehmendem Lebendgewicht. So verbessert eine der Mastphase angepasste Fütterung die Stickstoff- und Phosphoreffizienz, das Tierwohl und die Umwelt. Für eine wirtschaftliche Phasenfütterung braucht es mindestens zwei Futtersilos und dennoch eine angemessene Bestellmenge, um den Einkauf kostengünstig zu gestalten.

Daher arbeiten in der Schweiz lediglich 20 % der Schweinemastbetriebe mit Phasenfütterung, anders in Deutschland, wo in gewissen Regionen acht Schweine pro Einwohner gehalten werden. Im Kanton Luzern hingegen kommt auf einen Einwohner nur ein Schwein.

Mit Hightech Produktionsmittel sparen

Precision Farming ist nicht nur in der Pflanzenproduktion, sondern auch bei Nutztieren ein Thema. Im EU-Forschungsprojekt All-Smart-Pigs werden die Möglichkeiten einer Hightech-Schweinehaltung ausgelotet. Anhand von Futtermengenmessung, kontaktloser Gewichtserfassung, Geräuschaufzeichnung zur frühzeitigen Erkennung von Husten und Luftqualitätsmessung werden Gesundheits- und Leistungsparameter errechnet und mit den Daten im ohnehin vorhandenen Datenpool im Betrieb und in Systemen zur Rückverfolgung in der Wertschöpfungskette abgeglichen.

Während ein Fütterungsroboter durch bedarfsgerechtes Futterangebot individuell Zunahme, Futterverbrauch und Futterverwertung regulieren kann, ist bei der Interpretation der Gesundheitsparameter letztlich der gesunde Menschenverstand gefragt. So kann mit technischer Aufrüstung die Betreuungsqualität grösserer Tierbestände gegenüber kleineren zwar verbessert werden. Aber der erfahrene, mit der Technik vertraute Tierhalter wird wieder unentbehrlich. Es wäre zu überlegen, ob nicht eine neue überbetriebliche Zusammenarbeitsform gefunden werden soll, wo unter Spezialisten die Verantwortung fürs Tiermanagement geteilt wird.

Mehr produzieren

Geht die Mehrproduktion mit dem geschickten Einsatz neuster Technik einher, steigt die Ressourceneffizienz, die Produktionskosten pro Einheit sinken. In der Schweiz besteht noch grosses Potential an Einsparmöglichkeit von Arbeit, Futter, Energie und Wasser, welche die Investitionskosten laufend zurückgeben (Abb.4.3.1). Ein Aargauer Landwirt beispielsweise begann mit 20 Jahren und 10‘000 Franken in die Muttersauenproduktion zu investieren. Heute hält er 220 Muttersauen zu Coop-Naturafarm-Konditionen. 2011 konnte er einen Neubau mit 140 Muttersauenplätzen einweihen. Vor dem Stall stehen sechs Futtersilos.

Die Technik im Stall hat der Schweinezüchter sorgfältig evaluiert und zusammen mit dem Hersteller für seine Rahmenbedingungen entwickelt. Dazu gehört auch, dass der Neubau mit einer Arbeitskraft betrieben werden kann. Den 14 ha grossen Landwirtschaftsbetrieb führt der Betriebsleiter zusammen mit seinem Vater. Die zehnjährige Planungs- und Realisierungsphase, die es brauchte, um alle rechtlichen und technischen Hürden zu nehmen, nutzte er für die gewinnorientierte Produktion im alten Stall, so dass er die nach und nach nötigen drei Mio. Franken Investitionskosten für den Neubau ohne nennenswerte Bankkredite aus eigener Kraft aufbringen konnte.

Spezialisieren

1999 gründeten zwei Betriebsleiter im Zürcher Oberland eine Betriebsgemeinschaft mit dem Ziel zu wachsen, trotzdem ihre Lebensqualität zu verbessern und weiterhin zu den 10 % besten Landwirtschaftsbetrieben der Schweiz zu gehören. Sie gaben den Kartoffelbau auf und erhöhten die Zahl der Kuhplätze schrittweise von 80 auf heute 200.

Dabei achteten sie darauf, nie mehr als 10‘000 Franken pro Kuhplatz zu investieren, dafür das grosse Spezialwissen des einen Betriebsleiters einzusetzen, der noch in der Beratung tätig ist. Arbeiten, die von Lohnunternehmen übernommen werden können, werden konsequent ausgelagert. In diesem Bereich ist der Lohnunternehmer derjenige, der die neuste Technik kostengünstig einsetzt.

Diversifizieren

Durch Raumplanung und Gewässerschutz ist die Durchmischung von Tierhaltung und Pflanzenproduktion vorgegeben. 70 % der verfütterten Trockensubstanz muss aus eigener Fläche kommen. Für bodenunabhängige Betriebe sieht die Raumplanungsverordnung Spezial-Landwirtschaftszonen vor. Mit deren kantonal unterschiedlichen Umsetzung kämpfen innovative Bauernfamilien bei jedem Bewilligungsverfahren von Neuem.

Gülle und Mist müssen zu 50 Prozent auf eigener oder gepachteter Fläche ausgebracht werden. Soweit sie in ihrer Nährstoffbilanz noch Kapazität haben, können andere Betriebe Gülle oder Mist übernehmen. Der Gülletourismus wird mit einer Bewirtschaftungsdistanz von sechs Kilometern unterbunden. Ausgenommen davon sind Betriebe mit Geflügel und Pferden sowie Betriebe, die einen bedeutenden Teil des Futterbedarfs aus Nebenprodukten decken. Hier gibt es einen Ansatz zur Diversifizierung, die überlegt werden will.

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