Bei der Delegiertenversammlung der Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP) gaben nebst der politischen Tagesordnung insbesondere die jüngsten Entwicklungen bei der Hochdorf Gruppe zu Reden.
Der Klimawandel sei in aller Munde, eine grüne politische Welle schwappe auch über die Landwirtschaft. So begann der Präsident Thomas Oehen die Delegiertenversammlung der Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP) in der Festhalle Seepark in Sempach LU.
"Spezies Landwirt"
234 Delegierte hörten zu, als der Präsident dafür plädierte, den Initiativen mit sichtbaren Massnahmen zu begegnen. Die extremen politischen Volksbegehren kämen zwar sehr unrealistisch daher, würden aber nur 4 bis 5 Prozent der Schweizer Bevölkerung direkt betreffen. Viele Leute hätten keinen persönlichen Bezug mehr zur "Spezies Landwirt". Und da Jede und Jeder die Massnahmen beim anderen suche, sei es wichtig zu handeln, damit die Landwirtschaft nicht zum Spielball der Politik werde.
Konkret sprach Thomas Oehen den "grünen Teppich" an, der die Nachhaltigkeit bei der Milch auszeichnen und mit 3 Rappen Mehrpreis pro Kilogramm Molkereimilch im A-Segment entschädigen soll. Zeitpunkt der Einführung sei vielleicht im Herbst, die Diskussionen seien aber noch lange nicht zu Ende.
Den Begriff Nachhaltigkeit klären
"Der eine Milchproduzent argumentiert, dass der ökologische Fussabdruck seiner Holsteinkuh mit 10'000 Kilogramm Milchleistung pro Jahr besser sei, als derjenige von zwei Kühen mit nur 5'000 oder 6'000 Kilogramm Jahresleistung", zeigt Oehen die unterschiedliche Auffassung des Begriffs "Nachhaltigkeit" auf. Der andere Milchbauer argumentiere, dass seine an Vollweide gewöhnte Kuh mit 6'000 Jahresleistung den besseren ökologischen Fussabdruck habe, weil sie kein importiertes Eiweiss fresse und zudem auf der Weide artgerechter gehalten werde.
Die Milchmengen der ZMP-Mitglieder konnten 2018 gegenüber dem Vorjahr um 2,7 Prozent auf 484 Millionen Kilogramm gesteigert werden. Dabei nahm vor allem der Anteil Biomilch Knospe zu, der mittlerweile 9,2 Prozent an der ganzen eingelieferten Milch ausmacht. Das Engagement der ZMP für die Heumilch wurde auch 2018 fortgesetzt, die Heumilch sei aber noch ein zartes Pflänzchen, das es zu schützen gelte.
Unklare Grenzen für Tochtergesellschaft
Etwas hitzigere Diskussionen erlaubten die Entwicklungen der Hochdorf-Gruppe, eine Tochtergesellschaft der ZMP Invest, die den Delegierten-Wahlkreis Entlebuch zu einer Wortmeldung veranlasste. Franz Studer aus Schüpfheim verglich die dreizehnjährige Hochdorf Gruppe mit seiner gleichaltrigen Teenie-Tochter, bei der man manchmal nicht so recht wisse, welchen Streich sie als nächstes plane.
Studer fragte die Geschäftsführung der ZMP an, weshalb Verluste im Geschäftsbericht der Tochtergesellschaft nicht ausgewiesen würden. Provokativ gab er zu bedenken, dass "die Tochter" wohl mit dem Vermögen der ZMP gespielt habe, mit einer Strategie ähnlich derjenigen der Swissair. Er zweifelte an, ob die ZMP der Hochdorf-Gruppe wirklich genügend klare Grenzen gesetzt hatte. Es liege nun auch an der ZMP, die Strategie der Hochdorf zu überarbeiten. Vor allem aber forderte Studer, dass die Kommunikation und die Transparenz gegenüber den Delegierten der ZMP besser sei.
Die Branchenorganisation Milch als Sprachrohr der Branche
Als weiteren Programmpunkt zeigte Stefan Kohler von der Branchenorganisation (BO) Milch den Nutzen der Organisation für die Milchproduzenten auf. Sie helfe, den Milchmarkt zu stabilisieren und verstehe sich als Sprachrohr der Branche. Kohler gab zu, dass er die Gestaltung der Nachfolge vom Schoggigesetz viel schwieriger erwartet hätte.
Die ZMP-Genossenschaft ist über ihre Beteiligungsgesellschaft ZMP Invest mit über 14,5 Prozent die grösste Hochdorf-Aktionärin. Hochdorf wiederum ist für die ZMP-Mitglieder die zweitwichtigste Abnehmerin von Milch. Wichtiger ist nur noch Emmi.
Aktuell sei man auf gutem Weg, die wichtigen Massnahmen durchsetzen zu können. Zwei Fonds sollen für ein langfristiges Gleichgewicht sorgen. Einerseits sei dies der Fonds "Rohstoffverbilligung Nahrungsmittelindustrie" und der Fonds "Regulierung", die beide als Rückversicherung für die Produzenten fungieren sollen.
Mehrwertstrategie der Branchenorganisation Milch
Anschliessend stellte Stefan Kohler die Mehrwertstrategie vor, die die BO aktuell verbreiten möchte. Es gehe dabei darum, den Mehrwert der Schweizer Milch ganz nach dem Motto "Tue Gutes und sprich darüber" auch in der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Jahrzehntelang sei die Milch unter ihrem Preis verkauft worden, doch die folgenden vier Punkte zeigen den Mehrwert der Schweizer Milch auf, den es zu schützen gelte:
- Grasland Schweiz: Die artgerechte Fütterung im Grasland Schweiz
- Schweiz natürlich: Die aussergewöhnlich vielen Familienbetriebe in der Schweiz
- Glückliche Schweizer Kühe: Der hohe Tierschutz in der Schweiz
- Schweizer Qualität: Die hohe Qualität des Rohstoffs Schweizer Milch
Mehr Milchmischgetränke
Für die Emmi Gruppe, an der die ZMP den Aktien-Mehrteil besitzt, kamen der Präsident des Verwaltungsrates Konrad Graber und der CEO Urs Riedener zu Wort. Er zeigte auf, wie sich in den letzten Jahren die Konsummuster von Milchprodukten von Konsummilch zu Milchmischgetränken verschoben haben und sprach von überarbeiteten Marktauftritten. Gerade der heisse Sommer 2018 hätte viele Leute dazu bewogen, zum gekühlten Emmi Café Latte zu greifen.
Nach dem Einblick in den Milchmarkt von Pirmin Furrer ergriff Stephan Hagenbuch, Direktor der Schweizer Milchproduzenten (SMP), das Wort. Er prophezeite eine bewegte zweite Jahreshälfte auf dem Schweizer Milchmarkt. Gleichzeitig zeigte er sich zuversichtlich, dass der Grüne Teppich am 1. September in Kraft treten könne.