Mit einem Aufkleber versucht die Gemeinde von Claro TI nördlich von Bellinzona das einheimische Personal vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. Angebracht werden soll er auf den Aussentüren von Unternehmen, die so anzeigen können, wie viel Prozent ihrer Belegschaft dauerhaft im Tessin wohnhaft ist.
Damit wolle man mehr Transparenz schaffen, sagte ein Mitarbeiter der Gemeinde am Dienstag auf Nachfrage der Nachrichtenagentur sda. Das Projekt sei als Hilfe für Tessiner Konsumenten gedacht, die «heimische Wirtschaft» zu unterstützen - Grenzgänger wolle man nicht diskriminieren.
Symbolisches Zeichen
Den Aufkleber zieren kleine Männchen, die jeweils den Prozentsatz der Beschäftigten mit einer permanenten Aufenthaltserlaubnis in der Schweiz für die Firma anzeigen. Der Preis des Aufklebers beträgt zehn Franken. Am vergangenen Freitag startete der Verkauf in der rund 2'800 Einwohner zählenden Gemeinde. «Bisher haben wir drei Abnehmer gefunden, darunter ein Altenheim und eine Zahnarztpraxis», sagte ein Sprecher der Gemeinde Claro auf Anfrage.
Claro liegt rund 40 Kilometer von der italienischen Grenze entfernt und zählt somit nicht zum unmittelbaren Einzugsgebiet italienischer Grenzgänger - trotzdem ist sie die erste Gemeinde im Tessin, die einen solchen Aufkleber eingeführt hat. Damit habe man ein symbolisches Zeichen setzen wollen, heisst aus der FDP geführten Stadtgemeinde. Diese sieht sich durch die Medienaufmerksamkeit der vergangenen Tage in ihrem Anliegen bestätigt: Am Dienstag berichtete sogar der italienische Zeitung «Corriere della Sera» über den Sticker aus der Schweiz.
Tessiner Wirtschaft auch durch Vergaberecht geschützt
Erst im Oktober 2014 hatte die Tessiner Regierung beschlossen, ausländische Bewerber bei der Vergabe von Aufträgen der öffentlichen Hand im Rahmen ihrer Möglichkeiten auszuschliessen und einheimische Firmen zu bevorzugen. Sie will sich dabei aber an internationales und nationales Recht halten. Die Tessiner Regierung hatte entsprechende Anpassungen im kantonalen Gesetz über öffentliche Beschaffungen im Oktober in eine Vernehmlassung gegeben.
Gemäss dem Vorschlag sollen bei Bauaufträgen mit einem Volumen von bis zu 8,7 Millionen Franken nur noch Schweizer und namentlich Tessiner Firmen berücksichtigt werden. Für Lieferungen und Dienstleistungen soll eine Obergrenze von 350'000 Franken gelten. Damit will die Kantonsregierung einheimischen kleinen und mittelgrossen Betrieben einen bevorzugten und geschützten Zugang zu einem Markt sichern, dessen Volumen sie pro Jahr auf 400 bis 500 Millionen Franken schätzt.
Schranken für Subunternehmer
Damit die Hürden nicht umgangen werden können, will die Regierung die Vergabe von Aufträgen an ausländische Subunternehmen verbieten. Und auch bei von der öffentlichen Hand subventionierten Bauten will sie mit Gesetzesbestimmungen sicherstellen, dass für Aufträge bis zu einem bestimmten Volumen einheimische Betriebe den Vorzug erhalten.
Wird das Gesetz verletzt, drohen Sanktionen wie Bussen und bis zu fünf Jahre Ausschluss von Auftragsvergaben. Auftraggeber riskieren bei Verstössen den Verlust von Subventionen beziehungsweise strafrechtliche Sanktionen.