In der Schweiz besteht derzeit keine gesetzliche Grundlage, damit die Behörden in Notlagen Ausnahmebewilligungen für die Einfuhr, den Vertrieb und die Abgabe von nicht zugelassenen immunologischen Tierarzneimitteln erteilen können.
Die Landesregierung hat am Mittwoch die Vernehmlassung zu einer entsprechenden Änderung des Tierseuchengesetzes eröffnet. Bis Ende Juli können sich interessierte Kreise dazu äussern.
Ausnahmebewilligungen
Künftig soll das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) in Notlagen Ausnahmebewilligungen für die Einfuhr, den Vertrieb und die Abgabe von nicht zugelassenen immunologischen Tierarzneimitteln erteilen können. Die Bewilligung kommt gemäss Vernehmlassungsvorlage nur in Betracht, wenn kein gleichwertiges, zugelassenes Produkt verfügbar ist. Zusätzlich gelten strenge Anforderungen an Qualität, Sicherheit, Herstellung und Vertrieb der Arzneimittel. Die Beurteilung der Gesuche erfolgt unter Beizug des Schweizerischen Heilmittelinstituts (Swissmedic) und gegebenenfalls des Bundesamts für Umwelt (BAFU).
Die Reform könne in Krisensituationen von entscheidender Bedeutung sein, schrieb der Bundesrat in einer Mitteilung. Er verwies auf den Ausbruch des Blauzungenvirus im Spätsommer 2024. Die Krankheit betrifft Schafe und Rinder schwer, verursacht hohes Fieber, Entzündungen und Lahmheit – mit teils hoher Sterblichkeit.
Rechtsklarheit
Da kein zugelassener Impfstoff verfügbar war, musste das BLV eine Allgemeinverfügung erlassen, um den Import und die Verteilung eines nicht zugelassenen Impfstoffs zu ermöglichen. «Diese Notlösung ist jedoch weder rechtlich noch praktisch auf Dauer vertretbar», schreibt der Bundesrat.
In der EU gibt es seit Längerem gesetzliche Grundlagen, damit Mitgliedsländer unter bestimmten Umständen nicht zugelassene Impfstoffe verwenden können. Das Schweizer Parlament machte in den vergangenen Monaten Druck, eine analoge Lösung zu verabschieden.
Neben der spezialgesetzlichen Regelung im Tierseuchengesetz sind Anpassungen im Heilmittelgesetz sowie Ausführungsbestimmungen in der Tierseuchenverordnung vorgesehen. Auch die Zusammenarbeit zwischen den involvierten Stellen wird gesetzlich verankert. Damit werden Rechtsklarheit und Handlungssicherheit geschaffen – insbesondere für Bund, Kantone, Tierärzteschaft und Tierhaltende.