In Frankreich werden jetzt Betrugsfälle mit Pferdefleisch gerichtlich aufgearbeitet, die zahlreiche Mitgliedstaaten betreffen. In mehreren Verfahren am Strafgericht von Marseille müssen sich die Mitglieder eines verzweigten Netzwerks verantworten, die massgeblich auch an dem 2013 bekanntgewordenen Pferdefleischskandal beteiligt waren.
In den Jahren von 2010 bis 2015 waren grosse Mengen an Pferdefleisch als Nahrungsmittel verkauft worden, obwohl die Tiere aus verschiedenen Gründen nicht mehr für den menschlichen Verzehr freigegeben waren. In der vergangenen Woche kam es zu ersten Urteilen.
Gegen fünfzehn französische, belgische und niederländische Personen aus der Pferdefleischbranche wurden Strafen von bis zu zwei Jahren Gefängnis ohne Bewährung verhängt.
Der von der Anklage als «zentrales Element» bezeichnete Drahtzieher, ein grosser belgischer Händler, wurde zu vier Jahren Haft verurteilt, von denen zwei zur Bewährung ausgesetzt wurden. Hinzu kommen fünf Jahre Berufsverbot und eine Geldbusse in Höhe von 100’000 Euro (100’235 Franken).
Hohe Geldstrafen und Gefängnis
Eine ähnlich zentrale Rolle wiesen die Richter einem niederländischen Pferdehändler zu. Er muss eine Haftstrafe in gleicher Höhe verbüssen. Die Geldbusse fiel jedoch 25’000 Euro geringer aus. Der Geschäftsführer eines im südfranzösischen Alès ansässigen Fleischgrosshändlers soll für ein Jahr hinter Gitter, drei weitere Jahre sind zur Bewährung ausgesetzt.
Neben einer Strafzahlung von 75’000 Euro (75’200 Fr.) wurde auch in diesem Fall ein fünfjähriges Berufsverbot verhängt. Mehrere beteiligte Tierärzte wurden zu Gefängnis von maximal einem bis drei Jahren verurteilt, allerdings mit Bewährung. Die Veterinäre und ihre Mitarbeiter hatten unter anderem bei den Kontrollen im Schlachthof «in die andere Richtung gesehen» beziehungsweise Dokumente gefälscht.
Zweiter Prozess eröffnet
Ein weiterer Prozess um Betrug mit Pferdefleisch wurde in der vergangenen Woche eröffnet. Verantworten müssen sich Viehhändler, Fleischgrosshändler und Tierärzte. Insgesamt sitzen 25 Personen auf der Anklagebank. Ihnen wird vorgeworfen, das Fleisch von Pferden, die von einem Pharmaunternehmen zur Herstellung verschiedener Medizinprodukte eingesetzt wurden, in die Lebensmittelkette eingebracht zu haben.
Medienberichten zufolge handelte es sich bei den Pferden um ausgemusterte Rennpferde, die an den Pharmakonzern verkauft wurden. Nachdem sie ihren Zweck erfüllt hatten, nahm der Händler die Tiere zurück, um sie weiterzuverkaufen. Dabei sollen jedoch sämtliche Hinweise auf die medizinische Nutzung und das damit einhergehende Verbot der Schlachtung für den menschlichen Verzehr aus den Papieren getilgt worden sein, so dass das Fleisch letztlich bei den Konsumenten landete.
Zahlreiche Injektionen
Laut einem Gutachten bestand zu keinem Zeitpunkt ein nennenswertes gesundheitliches Risiko für die Konsumenten. Nach Angaben der Wochenzeitschrift «La France Agricole» wiesen die Tiere allerdings aufgrund zahlreicher Injektionen erhebliche Gewebeveränderungen im Halsbereich auf, die bei der Beschau im Schlachthof aufgefallen sein müssen.
Den verantwortlichen Personen habe aber keine Absicht nachgewiesen werden können, so dass diese Verfahren eingestellt worden seien. Anders sieht das bei für die beteiligten Händler tätigen Tierärzten aus. Sie werden beschuldigt, an der Fälschung von Dokumenten beteiligt gewesen zu sein und auch Exportgenehmigungen ausgestellt zu haben, ohne die fraglichen Pferde in Augenschein genommen zu haben.