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«Eigentlich ein grosser Familienbetrieb»

Familie Villiger bewirtschaftet im Kanton Jura in Montfaucon einen Betrieb mit Rindviehhaltung und einer Pferdeweide. In der zweiten Generation Villiger hat sich der Betrieb noch einmal weiterentwickelt.

Barbara Schwarzwald |

Der Empfang auf dem Hof von Ronny und Lucy Villiger ist stürmisch. Die junge Mischlingshündin Sidney würde beim Gast vor Freude am liebsten ins Auto steigen, wäre da nicht der 34-jährige Landwirt Ronny Villiger, der sie zurückkommen lässt.

Dritte Generation 

Letzterem gilt in der nächsten Stunde die Aufmerksamkeit – jedenfalls ist es so geplant. Doch es folgt Überraschung auf Überraschung. Von einer dritten Generation Villiger war bis anhin nichts bekannt. «Jeff» (knapp zweijährig) steht auf einer Geburtsanzeigentafel am Wohnhaus geschrieben.

Beim Betreten fokussiert das Auge sogleich einen Stubenwagen. Darin schlummert die kleine Emmy, gerade mal acht Tage alt! Mami Lucy empfängt die Gäste herzlich. Res und Esther Villiger, die Eltern von Ronny, haben sich zum Gespräch mit dem «Schweizer Bauer» dazugesellt.

Viel Strom vom Dach

Montfaucon befindet sich im Bezirk Franches-Montagnes (Freiberge) auf knapp 1000 m ü.M. Bis nach Frankreich ist es ein Katzensprung. Dass sich das 600-Seelen-Dorf respektive seine um die 15 Landwirte mit den Berufskollegen in Frankreich solidarisieren, zeigt die auf dem Kopf stehende Ortstafel. Selber gestreikt hätten sie nicht, lassen Vater und Sohn verlauten. Sie wissen auch nicht, wer das Werk mit der Tafel vollbracht hat.

Bei der Anfahrt zum Villiger-Hof fallen dessen gepflegte Weiden auf. Nirgends sonst sind sie so gut unterhalten. Die Fotovoltaikanlagen auf dem Stall- und auf dem Fahrsilodach stechen von Weitem ins Auge. Später ist zu erfahren, dass damit 80% des Strombedarfs von Montfaucon abgedeckt werden. Vor gut zehn Jahren seien sie installiert worden. Wegen der «Grünen» habe es eine Verzögerung von einem Jahr gegeben.

Aus dem Aargau in den Jura

Während Montfaucon und Umgebung mit dem Errichten der Anlagen einverstanden waren, monierten Umweltaktivisten, die Rinder und die Pferde auf den Weiden würden durch die Panels geblendet. Eine Teilnehmerin der Aufrührer habe tatsächlich gefragt, ob es nicht besser wäre, schwarze Panels zu verwenden, damit das Wasser eher heiss würde.

Ronny und Lucy konnten die «Pferdeweide Villiger», wie das Anwesen auf der gleichnamigen Homepage bezeichnet wird, von seinen Eltern vor zwei Jahren übernehmen. Im Jahr 1988 kauften die gebürtigen Aargauer Res und Esther nach intensiver Suche das Anwesen Pré-Petitjean 73 in Montfaucon. Alles sei heruntergewirtschaftet gewesen, lassen die 62-Jährigen wissen. Im Jahr 1995, als Ronny und seine Geschwister Vanessa (32 J.) und Silvio (30) noch Kleinkinder waren, brannte der Hof vollständig ab. Ein harter Schicksalsschlag! Im Pyjama sei er, damals Kindergärtler, aus dem «schönen, alten Jura-Haus» geflüchtet, erinnert sich Ronny.

Viel Weideland

Ronny und Lucys Landwirtschaftsbetrieb umfasst 70 ha LN plus 70 ha Weideland. Bruder Silvio Villiger, der ursprünglich Metzger gelernt und vor vier Jahren den Nebenerwerbskurs für Landwirte berufsbegleitend während eines Jahres absolviert hat, hat einen eigenen Landwirtschaftsbetrieb ganz in der Nähe.

Das ganze Villiger-Land wird durch die Brüder und unter Mithilfe von Vater Res gemeinsam bewirtschaftet. Da Silvios Hof deutlich weniger arbeitsintensiv ist, ist Silvio bei Ronny angestellt. Auch Res und Esther sind seit zwei Jahren seine Angestellten. Die 31-jährige Lucy, gelernte Drogistin, wirkt nebst in der Kinderbetreuung und im Haushalt als Sekretärin auf dem lebhaften Bauernhof mit.

Viel Platz für Pferde

Nebst 200 Aufzuchtrindern, «alles Fleischrassen», die Ronny im Winter im grosszügigen Stall in Tiefstreue und im Sommer auf den Weiden hält, betreuen Villigers Pensionspferde. Viele Pferde, alte und junge. Pferde von Privatpersonen aus der ganzen Schweiz, Sportpferde, die dereinst an Olympiaden teilgenommen haben, Zirkuspferde, die die Zuschauer zu begeistern wussten. Die Anzahl interessiert.

Erst nach etwas Nachhaken wird die Zahl verraten: Es sind um die 80 Pferde, die an 365 Tagen pro Jahr im Freien auf den grosszügigen Jura-Weiden von Villigers gehalten werden. Im Winter haben sie einen gedeckten Unterstand, angebaut an den Rinderstall, und eine Winterweide. Diese sieht wegen der aktuell zu milden Temperaturen wie gepflügt aus. Im Frühling wird sie frisch angesät. Wenn die Temperaturen der Jahreszeit entsprechend seien, würden die Pferde auf dem Schnee gefüttert, ist zu vernehmen.

Einfache Haltung

Damals, vor gut 30 Jahren, als Res und Esther als Erste in der Gegend mit dieser Pferdehaltung begannen und während des Winters die Tiere auf der Weide liessen, seien sie knapp an einer Anzeige vorbeigeschrammt. «Tierfreunde» hätten sich bei der Polizei über sie beschwert. Wäre der Kantonstierarzt Neuem gegenüber nicht so offen gewesen, wer weiss, wie die Geschichte geendet hätte. «Die Pferde werden bei uns nicht beritten», klärt Ronny auf.

Sie werden während des vereinbarten Aufenthalts auch nicht aus der Herde genommen. Als «Ferien – auch für das Pferd» bezeichnen Villigers ihre Haltung. «Unser Angebot ist günstig», hält die Familie fest. Wie teuer ein Wochenaufenthalt für ein Pferd ist, geben Villigers nicht preis. Wenn die Halter es wünschen, erhalten ihre Pferde auf dem Hof das Gnadenbrot.

Für generellen Fortschritt sorgen

Dass Pensionspferdehaltung lukrativer als manch anderer Betriebszweig ist, verneinen Villigers nicht. Aber es sei definitiv kein 40-Stunden-Job. Tagtäglich werde ihr Hof von Pferdehaltern und von Landwirten, die sich Rinder zum Kauf anschauen wollen, frequentiert. Jederzeit zuvorkommend, verständnisvoll und nett zu bleiben, sei Bedingung. An sieben Tage pro Woche, während 365 Tagen pro Jahr, sind Villigers für die Tiere verantwortlich. Während sie sich über Jahrzehnte sogar sonntags in den Dienst der Pferdehalter stellten, kommt heute definitiv die eigene Familie zuerst. 

Ronny Villiger war Mitglied der Junglandwirtekommission im Kanton Jura. Damals habe er mit weiteren Kommissionsmitgliedern bei Bundesrat Johann Schneider-Ammann ihre Anliegen einbringen können: weniger Bürokratie, bessere Produktepreise, mehr unternehmerische Freiheiten, keine kurzfristigen Planungen mehr. Vater Res ergänzt, dass er null Verständnis habe, dass die Landwirtschaft es bisher nicht geschafft habe, eine Pensionskasse aufzubauen. «Ihr Frauen (an Esther und die Schreiberin gewandt), die ihr 30 Jahre dem Bauer den ‹Seich› gemacht habt, ihr seid nicht einmal registriert.»

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