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«Jede Kuh ist für die LBE wichtig»

 

Steven Siegenthaler aus Mont-Soleil im Berner Jura folgt auf Thomas Ender aus Kallern AG als Chefeinstufer bei der Linear AG, die sich um die Einstufung der Milchkühe der Rassen Holstein/Red Holstein, Swiss Fleckvieh, Simmental, Montbéliard und Eringer kümmert.

 

«Schweizer Bauer»: Sie sind seit knapp viereinhalb Jahren als Einstufer für die Linear AG unterwegs und haben in dieser Zeit über 15000 Tiere beschrieben. Per Anfang 2023 werden Sie die Nachfolge von Thomas Ender als Chefeinstufer antreten. Was ändert sich für Sie?

 

Steven Siegenthaler: Als Chefeinstufer und Teamleiter habe ich eine grössere Verantwortung. Zudem stehe ich auch Züchtern Red und Antwort, wenn sie Anliegen oder Fragen haben. Der Chefeinstufer ist auch Teil des Vorstandes und kann so mehr Einfluss auf die Entwicklung der Linear AG nehmen.

 

Wenn Sie zurückschauen: was waren die schönsten Momente als Einstufer?

 

Da gibt es viele! Einmal ging ich auf einen Betrieb, um eine EX-Kuh zu bestätigen. Sobald ich sie exzellent bestätigt habe, fing der Züchter ein Jubel-Jodel an! Es war seine allererste Kuh, die diese Note haben durfte. Schöne Momente waren auch, wenn ich gute Kühe mit sehr hohen Noten beschreiben oder bestätigen konnte. Aber auch all die interessanten Gespräche auf den vielfältigen Betrieben waren bereichernd, und die positiven Rückmeldungen freuten mich.

 

Wenn Sie in die Zukunft schauen: Welche Herausforderungen kommen auf die Linear AG zu?

 

Im genomischen Zeitalter besteht die Gefahr, dass ein Teil der Züchter auf die lineare Beschreibung (LBE) verzichtet. Aber ohne LBE würden die Exterieurzuchtwerte rasch an Sicherheit verlieren. Genomik braucht unbedingt eine kontinuierliche Kontrolle der Ergebnisse, sei es für Leistungs-, Fitness- oder Exterieurmerkmale. Ich betone: Jede Kuh ist für die LBE wichtig. Und die LBE bleibt ein gutes Hilfsmittel für die Selektion, da sie eine frühe Information über die Langlebigkeit gibt. Aufgrund der höheren Treibstoffpreise wird es zudem eine Herausforderung sein, den Züchtern weiterhin eine kostengünstige Dienstleistung anzubieten.

 

Für die Linear AG sind 18 Personen als Einstufer unterwegs. Wie gelingt es, dass alle Einstufer die einzelne Kuh möglichst gleich einstufen? Gibt es auch hier Entwicklungsmöglichkeiten?

 

Wir sind sehr selektiv, wenn wir neue Einstufer ausbilden und anstellen. Nur Personen mit grossen Vorkenntnissen haben eine Chance, Einstufer zu werden. Die Harmonisierung gelingt uns zudem mit einem zweimaligen Teamtreffen pro Jahr. Alle Einstufer beschreiben dieselben Kühe, dann findet eine Gesamtdiskussion statt. Weiter machen wir auch ab und zu Tandems. Das heisst, wir gehen für die Einstufung während einem Tag zu zweit auf die Betriebe.

 

 

Zur Person

 

Der 27-jährige Steven Siegenthaler aus Mont-Soleil im Berner Jura ist gelernter Landwirt und studierte an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaft (Hafl) in Zollikofen BE Agronomie. In den letzten Jahren hat er neben seiner Tätigkeit als Einstufer bei der Linear AG mit einem 50%-Pensum für den Neuenburger Bauernverband gearbeitet. Diese Tätigkeit hat er nun zu Gunsten seines neuen Engagements als Chefeinstufer aufgegeben. Siegenthaler ist ein leidenschaftlicher Züchter, welcher die Herde unter dem Präfix Siegsoleil zusammen mit seinem Vater weiterentwickelt

 

Seit einem Jahr wird bei Holstein die Vorderbeinstellung erfasst. Zuvor wurde, ebenfalls bei Holstein, die ideale Grösse von der Note 7 auf 5 heruntergeschraubt. Stehen weitere Veränderungen und Anpassungen an?

 

In den letzten Jahren ist die ideale Grösse von der Note 7 auf 6, und dann von 6 auf 5 angepasst worden. Das heisst, dass heute eine durchschnittlich grosse Kuh ideal ist. Auch in diesem Jahr wurde eine Anpassung vorgenommen: Die idealen Noten für die Flankentiefe wurden von 7-8 auf 6-7 runtergenommen. Grund dafür ist, dass die Noten 8 und 9 einen starken negativen Zusammenhang mit der Fruchtbarkeit und der Langlebigkeit haben. Ob und welche Anpassungen es in Zukunft geben wird, hängt davon ab, wie die Rassen weiterentwickelt werden und was die Mehrheit der Züchter und Milchproduzenten wünscht.

 

Immer mehr Züchter und Milchviehhalter suchen die robuste und mittelgrosse Kuh, die vielleicht eher wenig Körpertiefe und einen gröberen Knochenbau hat – Eine Kuh, die aber sehr gut altert. Oftmals hört man Stimmen, dass diese Kuh bei der LBE zu schlecht wegkommt. Was sagen Sie dazu?

 

Die Entwicklung des Holstein-Schemas geht in diese Richtung: mittlere Grösse und eine leicht überdurchschnittliche Körpertiefe sind heutzutage ideal geworden. Aus diesem Grund bin ich überzeugt, dass solche Kühe auch eine gute Note im Format erhalten können.

 

Sie stellen als Züchter zusammen mit Ihrem Vater Jean Siegenthaler auch gerne an Ausstellungen Tiere aus. Gibt es einen Zielkonflikt, wenn man möglichst ein Schautier züchten will, das gleichzeitig eine Top-Einstufungsnote hat?

 

Ich denke, dass auch an Ausstellungen die ausgeglichene, ausbalancierte Kuh, wie sie auch für die LBE gesucht wird, gewinnt. Aus meiner Sicht gibt es keine grossen Unterschiede. Der Richter gewichtet vielleicht nicht immer eins zu eins gleich wie wir bei der LBE. Oftmals schaut der Richter weniger die Gliedmassen, insbesondere die Füsse, an, umso mehr Wert legt er aufs Euter und den Stil der Kuh.

 

Welches Zuchtziel verfolgen Sie persönlich?

 

Die komplette und wirtschaftliche Kuh! Ich will eine mittlere Grösse von 155 cm, viel Rippenstruktur, eine solide Lende, ein Top Euter und eine starke Bewegung. Ab der 3. Laktation sollte sie über 11000kg produzieren. Die Eutergesundheit ist uns auch sehr wichtig.

 

Passen Sie das Zuchtziel an, eventuell wegen politischen Änderungen wie dem neuen Weidebeitrag?

 

Ein Zuchtziel sollte langfristig verfolgt werden. Ich überprüfe ab und zu das Zuchtziel, auch im Vergleich mit den aktuellen Ergebnissen der Herde. Aber nein, wir werden keine Anpassungen wegen dem Weidebeitrag machen müssen, da wir jetzt schon viel weiden. Auf 1200 m ü. M., mit viel Waldweiden und als Tête-de-Moine Milchproduzenten, sind unsere Kühe auf die Weidefähigkeit selektiert.

 

Welche Stiere kommen aktuell in der Siegsoleil-Herde in den Einsatz?

 

Bei Red Holstein setzen wir Power, Spirit, Star, Tower und Achilles ein, bei Holstein Victor und Dark Knight.

Kommentare (1)

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  • ReHa | 22.10.2022
    Ist eine Schweizer Kuh Muss Milkyway? Das schönste Rindviech des Universums. Vielleicht gibt es ja im All einen Grasplaneten, wo nur Kühe weiden? Die Atmosphäre besteht aus Methan und Sauerstoff.

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