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Kühe lieber im Stall als auf Weide

In der Schweiz wird das Weiden von Kühen mit Direktzahlungen gefördert. Doch offenbar halten sich die Vierbeiner lieber im Stall auf. Dies geht jedenfalls aus einer Untersuchung aus Deutschland hervor.

Kühe auf der Weide – so stellen sich das Konsumentinnen und Konsumenten vor. In der Schweiz gibt es Tierwohlprogramme, die die Betriebsleitenden dazu animieren sollen, ihre Tiere mehr auf die Weide zu führen. Seit dem 1. Januar 2023 gibt es neu einen Weidebeitrag.

Weidebeitrag in der Schweiz

Nebst dem bisher bekannten Raus-Programm-Beitrag (regelmässiger Auslauf ins Freie) stellt der neue Beitrag gemäss dem Bund «besonders hohe Anforderungen an den Auslauf- und den Weideanteil».

Die Weidefläche, die Rinder und Wasserbüffeln von Mai bis Oktober an 26 Weidetagen zur Verfügung steht, muss an jedem Weidetag mindestens 70% der Tagesration an Trockensubstanz decken. Ausgenommen hiervon sind bis zu 160 Tage alte Kälber. Auch beim Weidebeitrag muss wie beim RAUS-Beitrag ein Auslaufjournal geführt werden. Die Teilnahme am Programm «Weidebeitrag» ist freiwillig.

Mögen Vorzüge des Stalls

Das vermehrte Weiden ist gemäss Umfragen ein Wunsch der Konsumentinnen und Konsumenten. Doch mögen die Kühe überhaupt den vermehrten Weidegang? Gemäss Forschenden der Landesforschungsanstalt von Mecklenburg-Vorpommern für Landwirtschaft und Fischerei in Gülzow (D) ist das nicht so. Glückliche Kühe halten sich lieber liegend im luftigen Stall auf. Die Forscher untersuchten, ob und wann die Kühe im Sommer rausgehen, wenn sie die Chance dazu haben.

Das Resultat: «Kühe mögen keine Hitze, keinen Regen und keinen Wind. Sie nutzen die Vorzüge eines schattigen, komfortablen Stalls und verlassen den Stall am häufigsten nachts», sagte der Direktor der Landesforschungsanstalt, Peter Sanftleben, zum Onlineportal focus.de. Messungen würden belegen, dass die Tiere bereits Aussentemperaturen von 8 bis 10 °C als Belastung empfinden.

In einem Projekt der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung haben Experten aus elf Landesanstalten und Kammern sowie der KTBL und der DLG daran geforscht, wie Milchkühe tierfreundlich, umweltgerecht, klimaschonend und wettbewerbsfähig gehalten werden können. Ein strukturierter Liegeboxenlaufstall oder ein Aussenklimastall mit Strohmatratzen biete den Kühen bereits heute ein hohes Mass an Tierkomfort.

Aus den drei Haltungskonzepten «Tierwohl-Stall», «Umwelt-Stall» und «Ökonomie-Stall» wurde von Forschenden ein «Kompromiss-Stall» entwickelt, der die wesentlichen Punkte für eine nachhaltige Milcherzeugung berücksichtigt. Der Begriff «Kompromiss» wurde bewusst gewählt, um zu signalisieren, dass die Zielkonflikte für eine zukunftsfähige Milchviehhaltung und nachhaltige Milcherzeugung mit gut abgewogenen Zugeständnissen zu lösen sind. «Kompromiss» steht aber auch für die Bereitschaft, die Bedürfnisse anderer zu respektieren und anzuerkennen. ->  Mehr dazu hier

Offene Bauart

Die Forschenden haben die Gewohnheiten der Tiere mit Sensoren aufgezeichnet. Warme Ställe mögen die Kühe nicht. Gemäss den Forschenden ist der sogenannte Kompromissstall die beste Lösung. Dieser besteht aus offenen Seitenwände, grossen Raumvolumen, weichen Liegeplätzen, Lüfter zur Kühlung, Futter zu jeder Tageszeit sowie Sensortechnik zur Überwachung der Gesundheit und des Verhaltens. 

Der Kompromissstall ist ein mehrhäusiger Milchviehstall, der durch seine offene Bauart mit integrierten Laufhöfen ganzjährig Aussenklima und direkte Aussenklimareize für die Kühe sicherstellen soll. Der Stall ist flächenoptimiert als Liegeboxenlaufstall mit planbefestigten Laufgängen und Fressständen konzipiert.

Eine optimale Strukturierung des Stalls soll gemäss den Forschenden einerseits die Emissionsflächen verringern und eine Kot-Harn-Trennung ermöglichen, was die Emissionen wiederum senken kann. Andererseits biete er Möglichkeiten zur Automatisierung, was sowohl das Tierwohl, die Umwelteinwirkungen und die Arbeitsqualität positiv beeinflussen könne.

Dach begrünen

Um ein optimales Stallklima zu schaffen und die Kühe vor Sonneneinstrahlung zu schützen, soll das Dach des Stalls bepflanzt werden. Das soll den Hitzeeintrag reduzieren und zudem Regenwasser gebunden werden. Das verbessere die Gesamtklimabilanz der versiegelten Fläche.

«Darüber hinaus sichern die bei dieser Bauweise integrierten, himmeloffenen Laufbereich den Kühen ein Mehr an Bewegung sowie den freien Zugang zu den direkten Witterungseinflüssen wie Regen, Wind und Sonne», halten die Forschenden fest. Photovoltaik-Module auf dem Dach sollen zur eigenen Energieerzeugung eingesetzt werden.

Hohe Kosten

So ein Stall ist aber sehr teuer. Pro Kuhplatz ist mit Kosten von 20’000 bis 25’000 Euro (19'200 bis 24'000 Fr.) zu rechnen, sagte Sanftleben. «Bei einer Milchviehanlage mit 400 Tieren summieren sich die Investition somit schnell auf zehn Millionen Euro (9,6 Mio. Fr.)», fuhr er fort.

Weiter Kosten entstünden zudem für medizinische Versorgung oder umweltgerechte Futtergewinnung. Ein höchstmögliches Tierwohl, bester Umweltschutz und eine hervorragende Betriebswirtschaft seien daher kaum zu verbinden, Abstriche unvermeidbar, stellte er klar.

Kommentare (10)

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  • Samuel S. | 19.09.2023
    1. Hätten die Kühe auf der Weide auch die Möglichkeit, sich vor Sonne, Wind und Regen zu schützen, dürfte das Ergebnis dieser Studie anders aussehen. Leider gibt es kaum Weiden, welche den Tieren Witterungsschutz bieten. Wie viele Menschen verbringen gerne den ganzen Tag an der prallen Sonne?

    2. Im Schlussabschnitt wird festgestellt, dass ein höchstmögliches Tierwohl, bester Umweltschutz und eine hervorragende Betriebswirtschaft kaum zu verbinden und Abstriche unvermeidbar seien.
    Dies zeigt klar, dass aus ethischer Sicht die Viehwirtschaft nicht mehr vertretbar ist. Abstriche bei der Betriebswirtschaft sind aus existenziellen Gründen nicht möglich. Entsprechend wird das Finanzielle auf dem Buckel der Tiere und des Klimas optimiert, was berechtigterweise zu immer mehr Kritik der Bauern aus Politik und Gesellschaft führt.
  • Daniel von Siebenthal | 15.09.2023
    Man müsste diesen Tieren nur das Futter wegnehmen und schwups wären sie wieder gerne auf der Weide.
    Versucht doch mal eure kleinen Kinder die Wahl zwischen Brokkoli und chicken nuggets zu geben. Oder zwischen Bequem oder Anstrengend
    "Vermutlich" würden die Bewegungssensoren eine Bewegung zu den Nuggets hin verzeichnen.
  • Bäuerin | 15.09.2023
    Hochleistungskühe müssen hochleistungen erbringen, die sparen energie, wo sie nur können. Extensivere Tiere haben noch Energie übrig, um die Freiheit der Weide zu geniessen...
    • Bernd Gottschalk | 15.09.2023
      Ganz genau so !!!
  • Remo | 14.09.2023
    Das kann ich nicht bezeugen. Ich halte Mutterkühe, welche frei wählen können, ob sie im Stall oder oder auf der Weide sein können. Den Großteil verbringen sie definitiv auf der Weide. Bei Sturm, starkem Regen, Hagel, oder besonders heißen Tagen suchen sie den Schutz im Stall. Bei heissem Wetter kommen sie zwischen 11:00 bis vielleicht 16:00 in den Laufstall. Den Rest der Zeit sind sie jedoch im grünen (ca.19 Stunden). Bei normalem Wetter kommen sie lediglich nach Hause um Wasser zu trinken und gehen dann wieder auf die Weide auch wenn sie im Stall Futter haben. Ich Frage mich wie viel an der Studie wahr ist. Was die Wirtschaftlichkeit anbelangt: Sind die Tiere draussen, hat man massiv weniger Aufwände für Fütterung oder misten. Also ist Weidehaltung definitiv rentabler. Viele Hochleistungstiere werden natürlich im Stall mit Mais oder Silage und Kraftfutter zugefuttert welche eigendlich nicht das ideale Futter für ein Rind sind. Es dient nur zur Mehrleistung und birgt wesentlich höhere Kosten.
    • Muchel | 14.09.2023
      Nicht nur bei Mutterkühen, mache es auch so bei Milchkühen.
      Das beste finde ich ist immer noch die Weide im Frühjahr zu öffnen, und sie im Spätherbst zu schliessen. Dazwischen sollen sie sich doch selbst aussuchen wo sie sich aufhalten.
      Die Mehrarbeit die sich dadurch ergibt ist, das von der Weide holen zum Melken. Wenn es im Sommer mal nichts auf der Weide zu futtern hat, macht doch nichts, die Futterkrippe wird immer gefüllt. Ganz klar ist aber auch, das dieses System nur bis zu einer gewissen Grösse einer Herde gut geht.
    • Käthi Koller | 14.09.2023
      Der Kommentar von Remo sagt alles richtig , das Beste ist wenn Tiere wählen können.
  • Resli | 13.09.2023
    Genau so ist es!! Aber das merkt unsere Spassgeselschaft nicht. Meine Kühe müssen regelrecht Gezwungen werden bis sie auf der Weide sind. Nur um das Scheiss Raus welches immer mehr Milchkäufer fordern zu erfüllen. Aber im Stall muss natürlich alles Top sein.
    • Tschüge | 14.09.2023
      Kenne ich auch von den Pferden. In meinem Stall waren die lieber nachts draussen und kamen frühmorgens in einen sauberen frisch eingestreuten Stall.
      War auch für mich einfacher, am Tag ausreiten oder so, abends Pferde raus und misten.
  • Gesunder Menschenverstand | 13.09.2023
    Die "gescheiten" Forschenden haben sich in Wiederspruche verwickelt:
    Um ein optimales Stallklima zu schaffen und die Kühe vor Sonneneinstrahlung zu schützen, soll das Dach des Stalls bepflanzt werden...und...Photovoltaik-Module auf dem Dach sollen zur eigenen Energieerzeugung eingesetzt werden.
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