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Wie die Geschichte von Kühen und Schweizern verknüpft ist

pd/blu |

 

Die genetische Entwicklung von Schweizer Kühen ist eng mit der gesellschaftlichen Entwicklung hierzulande verknüpft. Das zeigen DNA-Analysen von Kuhknochen von der Steinzeit bis ins frühe Mittelalter.

 

Die Forscherinnen und Forscher der Universität Basel untersuchten, wie sich die Grösse und die genetische Vielfalt von Kühen im Laufe der Geschichte verändert haben, wie aus einer Mitteilung der Universität Basel vom Montag hervorgeht. 

 

Wichtigstes Haustier

 

Ursprünglich aus dem Nahen Osten stammend, ist das Hausrind seit der Jungsteinzeit, also 7500 Jahren, auch auf dem Gebiet der heutigen Schweiz das wichtigste Haustier und wird auf verschiedene Arten genutzt.  Seit dieser Zeit hat das Rind demnach als Fleisch- und Milchlieferant, sowie als Arbeitskraft eine grosse wirtschaftliche Bedeutung. «Seine Milch ist seit dem 4. Jahrtausend vor Christus Teil der menschlichen Ernährung, als Zugtier kam es bis ins 20. Jahrhundert nach Christus zum Einsatz», sagt Sabine Deschler-Erb, Professorin für Integrative Prähistorische und Naturwissenschaftliche Archäologie (IPNA).

 

Im Laufe der Zeit haben sich die landwirtschaftlichen Praktiken und die Anforderungen an die Leistung der Tiere immer wieder gewandelt – mit Einfluss auf die genetische Vielfalt. Die Archäozoologin und ihr Team wollten diese Entwicklungen nachvollziehen und haben dafür Tierknochen aus verschiedenen Gebieten der Schweiz näher untersucht. Dabei konnten die Forschenden auf die Fundstücke und die Informationen verschiedener Kantonsarchäologien zurückgreifen. Die Resultate veröffentlichten sie im Fachjournal «Diversity».

 

Grösse schwankt

 

Die Kuhknochen seien eine Fundgrube für Studien über die Vergangenheit. «Gerade weil Nutztiere so eng mit den Menschen zusammenlebten, sind ihre Überreste eine Fundgrube für Informationen zu sozio-kulturellen Veränderungen: neue Wohnformen, Ernährungsweisen, Bevölkerungsgrösse, landwirtschaftliche Praxis», sagt Sabine Deschler-Erb.

 

Die Vermessung der Knochen gibt Aufschluss über den Wuchs der Rinder. «Die durchschnittliche Körpergrösse war nicht zu allen Zeiten gleich. Wie es dazu kam, zeigt ein Blick auf die Genetik», sagt Dr. José Granado, spezialisiert auf DNA-Untersuchungen und Erstautor der Studie. Analysen von mitochondrieller DNA, die im Gegensatz zum Erbgut der Chromosomen nur über die Mutter weitergegeben wird, lassen die genetische Abstammung der Tiere erkennen. Die Vielfalt des Genpools nimmt im Laufe der Zeit mal zu, dann wieder ab.

 

Fleisch, Milch, Arbeitskraft: das Hausrind hat viel zu bieten. 
natürli Zürioberland

 

Frisches Blut aus Rom

 

Einen Anstieg an Diversität gab es im 1. Jahrhundert vor Christus. «Diese lässt sich am besten durch den Import neuer Tiere erklären, die in den lokalen Bestand eingekreuzt wurden», so Granado. Das sei kein Zufall, so die Forscher: In dieser Zeit liessen sich die Römer nördlich der Alpen nieder und brachten Rinder aus der Heimat mit. Eine intensivere Form der Landwirtschaft sollte die wachsende Bevölkerung ernähren. Es brauchte grössere Ackerbauflächen sowie kräftigere und entsprechend grössere Arbeitstiere, um sie zu pflügen und zu düngen. «Durch Züchtung wollte man diese Eigenschaften pushen», erklärt Granado.

 

Im 3. und 4. Jahrhundert nach Christus zogen sich die Römer dann wieder zurück. «Im folgenden Frühmittelalter wurde die Landwirtschaft wieder kleinteiliger, die Menschen waren wieder vermehrt Selbstversorger», sagt Sabine Deschler-Erb. «Grosse Rinder, die viel Platz und Futter brauchen, waren da eher ein Nachteil für einen einzelnen Hof. Die möglicherweise bessere Wahl waren Schweine, denen man auch Speisereste füttern oder die man für das Fressen von Eicheln in den Wald schicken konnte.» Zwar hielten die Menschen weiterhin Rinder, züchteten aber mit dem bestehenden Material. Die genetische Vielfalt sank in der Folge, mit der Zeit war auch der Wuchs der Tiere wieder kleiner.

 

Wechselnde Diversität

 

Die Wellenbewegungen in der Genetik des Hausrinds seien bis heute zu beobachten. «Will man wie in den letzten Jahren die Produktivität hochhalten und befruchtet Tausende Kühe mit den Samen eines guten Zuchtbullen, schrumpft der Genpool», so Granado. Es gibt aber auch Gegenbewegungen: Die Stiftung Pro Specie Rara setze sich für den Erhalt selten gewordener Nutztierrassen ein, auch im Biolandbau gelten andere Massstäbe. «Es ist denkbar, dass künftige Entwicklungen eher wieder weg kommen von der intensiven Nutzung, weil sich zum Beispiel das Konsumverhalten oder die ethischen Massstäbe verändern», sagt Deschler-Erb.

 

Auch das passt in die Geschichte des Hausrindes: «Es gab immer wieder Zeiten, in denen die Diversität gesunken ist», so Granado. Einen solchen Flaschenhals gab es etwa in der Eisenzeit: «Da tendierte die Vielfalt gegen Null.» Seither habe sich die Genvielfalt wieder vergrössert. Ein solcher Trend lasse sich also auch wieder umkehren.

 

Fundgrube für Informationen

 

Wie sich Rinder innerhalb einer bestimmten Region entwickelten, ist bisher kaum untersucht. Die Basler Studie ist die erste, die dies leistet, überdies über einen so langen Zeitraum – von der Steinzeit bis ins frühe Mittelalter. Bisherige Studien betrachteten die geografische Verbreitung des Hausrinds.

 

«Gerade weil Nutztiere so eng mit den Menschen zusammenlebten, sind ihre Überreste eine Fundgrube für Informationen zu sozio-kulturellen Veränderungen: neue Wohnformen, Ernährungsweisen, Bevölkerungsgrösse, landwirtschaftliche Praxis», sagt Sabine Deschler-Erb. DNA-Analysen von Knochenmaterial seien allgemein beliebt, um mehr über vergangene Populationen zu erfahren. Allerdings fokussiere man stark auf menschliche Knochen, die aus Gräbern stammen. «Davon gibt es aber vergleichsweise nur sehr wenig, Knochen von Haustieren sind in grösserer Zahl vorhanden», hält sie fest.

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