Mit dem eigenen Freibergerpferd als Trainsoldatin in der Schweizer Armee: Anja Tschannen erzählt im Trainblog von ihren Erlebnissen während der Sommer-Rekrutenschule 2020. Wenn sie nicht gerade mit dem Trainpferd über Stock und Stein stampft, ist sie als Redaktorin beim «Schweizer Bauer» und als Landwirtin tätig. In diesem Teil geht es um die erste Übung ausserhalb des Waffenplatzes.
«Bravo», sagt unser Fachinstruktor, nachdem er Haydo beziehungsweise dessen Bastsattel mit Argusaugen gemustert hat. Null Fehler und damit die erste Fachinspektion gut gemeistert: ich grinse auf den Stockzähnen.
Insgesamt fünfzehn Minuten haben wir Zeit, um unsere Pferde bereit zu machen, damit sie beladen werden können. Spätestens nach zehn Minuten müssen wir dabei den Stall verlassen haben. Alles steht und fällt mit der Satteldecke. Wenn diese nicht richtig auf dem Rücken platziert ist, wird es unglaublich schwer später eine anständige Sattlung hin zu bekommen.
18 Kilogramm Sattel
Der Bastsattel mit rund 18 Kilogramm ist auch nicht gerade handlich, und alleine kann man Fehler nur schwer korrigieren. Deshalb ist es wichtig, gerade am Anfang alles richtig zu machen. Zum Glück macht Haydo seinen Teil ebenfalls gut, tritt auf die Seite wenn er muss, wendet oder hält still, wenn gefordert.
Effizienz ist das Stichwort. Und das wird in der Armee sehr breitgefächert interpretiert. Während beim korrekten Satteln jeder Handgriff so vorgegeben ist, um möglichst schnell und fehlerfrei ans Ziel zu kommen, werden andere Arbeiten ziemlich sinnbefreit durchgeführt.
Sinnbefreite Arbeitsabläufe
Zum Beispiel dann, wenn auf Befehl hin die perfekte Stallordnung erstellt wird, inklusive klinisch rein gewischtem Stallgang und der Folgebefehl dann lautet: Heu stecken. Ich kenne auf jeden Fall keine anderen Stallgänge in der Schweiz, die so oft gewischt werden, wie unsere.
Ernüchternd ist auch der Moment, wenn am Samstagmorgen jeweils der Miststock geleert wird. Binnen Sekunden wird ein mühsam errichtetet Matdepot (Materialdepot) dem Erdboden gleichgemacht wird. Von sinnbefreiten zu sinnvollen Arbeiten.
Zwei grosse Übungen stehen an und wir können das gelernte zum ersten Mal ausserhalb des Waffenplatzes anwenden.
Holzrücken für Landwirt
Ein grosser Teil des Trainzuges hilft bei der Übung «Waldmann» dabei, mit Pferd und Maultier ein vorgegebenes Waldstück frei zu rücken (Holzrücken). Haydo und ich sind als Patrouille bei der Übung «Observ» eingeteilt.
Der fiktive Auftrag lautet: En gros die Kantonspolizei dabei zu unterstützen, die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Verschiedene Waldstücke werden durchkämmt, «Zeugen» befragt, Beobachtungsposten bezogen, bis schliesslich das Nummernschild eines vermeintlich verdächtigen Fahrzeuges der «Kapo» gemeldet werden und diese eingreifen kann. Wir sind voll im Film.
Verbrecher schnappen
Mein heimliches Ziel ist es, die wahren Verbrecher, die tags zuvor aus dem Gefängnis Thun ausgebrochen und zurzeit flüchtig sind, zu fassen und gemeinsam mit meinem Binom eine Ehrenauszeichnung für besondere Patrouillen- und Funkleistungen überreicht zu bekommen. Daraus wird aber nichts.
Nicht nur, dass wir die wahren Verbrecher nicht gesehen haben, sondern auch, dass ausgerechnet bei uns ständig Funkprobleme auftraten. Eine der Hauptaufgaben eines Patrouillenreiters ist das Beobachten eines vorgegebenen Sektors. So sollen möglichst viele wichtige Infos gesammelt und an den Auftragsgeber übermittelt werden.
Wenn die Kommunikation nicht funktioniert, ist man aufgeschmissen und kann einpacken – nicht nur als Patrouillenreiter.
Semizufrieden wegen den Ärgernissen mit dem Funk, aber zufrieden nach der sehr guten Gesamtbeurteilung der Übung «Observ» durch unseren Fachinstruktor, treten wir nach einem ereignisreichen Tag den Weg zurück auf den Waffenplatz an. Während die Tiere von Übung «Waldmann» verladen und gefahren werden, reiten wir Patrouillenreiter zurück.
Reiten nicht wie Zuhause
Reiten ist cool, doch wer denkt, dass spielt sich gleich ab wie Zuhause, hat sich geschnitten. Es fängt beim Sattel an, der noch schwerer ist als der Bastsattel, und hört bei der Reitausrüstung auf. Kampfstiefel sind ein Muss, darüber werden Reitchaps gestülpt, die so steif sind, dass man sie auch zu zweit nur mit Müh und Not zu bekommt.
Das Sturmgewehr wird gottseidank am Sattel befestigt, die Grundtrageeinheit bleibt aber auf Mann beziehungsweise Frau. Um den Hals hängen Kompass, Fernglas und Karte. Der Kampfhelm wird zum Reithelm umfunktioniert. Der wohl stabilste und unzerstörbarste Helm aller Zeiten, aber auch der schwerste. Alles in allem: richtig bequem ist anders.
Irgendwo kneift, zupft, drückt und zieht immer irgendetwas. Army-Stil halt. Das einzige Kleidungs- oder Ausrüstungsstück, dass seit RS-Start nie irgendwie stört oder schmerzt, ist nach langem Überlegen wohl das Militär-T-Shirt. Auch Haydo findet allem Anschein nach die Militärausrüstung nicht immer der Hit.
Druckstelle kühlen
Bei der wöchentlichen Revision am Freitag wird er als NEF (nicht einsatzfähig) beurteilt. Druckstelle am Rücken. Bisher hatte er Mühe mit Druckstellen an der Gurtenlage und deshalb beim Sattelgurt einen Fellüberzug bekommen. Beim Rücken ist schonen und kühlen angesagt.
Gut, dass ich dieses Wochenende Tierwache habe und mich gleich selbst um die Pflege meines Pferdes kümmern kann. Gut auch, dass Haydo und ich nächste Woche beim der Fahrausbildung mitmachen dürfen. So wird er trotzdem täglich bewegt, ohne dabei die Druckstelle zu belasten.
Noch einmal zurück zur verpassten «Ehrenauszeichnung für besondere Patrouillen- und Funkleistungen». Knapp vorbei ist auch daneben. Spätabends vibriert das Natel. WhatsApp Nachricht im Gruppenchat. Ein Link zu einem aktuellen Artikel der «20Minuten». Während wir im Wald auf der Übung waren, wurden quasi neben unserer Kaserne die flüchtigen Häftlinge gefasst. Definitiv Ironie des Schicksals.
Bisherige Einträge:
Teil 16: Militärpferde: Endlich Patrouillenreiter - Schweizer Bauer
Teil 15: «Meine grösste Angst: Nicht auf das Pferd zu kommen»
Teil 14: Endlich, die Militärpferde kommen
Teil 13: Vier Wochen ohne Militärpferde
Teil 12: Das eigene Pferd auf den Militärdienst vorbereiten
Teil 11: Ich kaufe Haydo zurück
Teil 10: Armeepferde: Start ins Militärleben
Teil 9: Schlusstest für künftige Militärpferde
Teil 8: Militärpferde auf Inspektion vorbereiten
Teil 7: Trainpferde: Karren ohne Kutscher ziehen
Teil 6: Militärpferde auf das Podest stellen
Teil 5: Trainpferde müssen auch Holz ziehen
Teil 4: Die Königsdisziplin der Trainpferde
Teil 3: NPZ bildet die jungen Militärpferde aus
Teil 2: Sein eigenes Pferd der Armee verkaufen
Teil 1: Mit dem eigenen Pferd in die Armee
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