«Schweizer Bauer»: Sie sind neuer Präsident, wie ist es dazu gekommen?
Das ist eigentlich eine kurze Geschichte. Ich wurde zuerst zum Rassenrichter, dann in den Vorstand und schliesslich zum Präsidenten gewählt.
Was möchten Sie in Ihrer Amtszeit angehen, was sind Ihre Ziele?
Den Urfreiberger besser vermarkten und auf jeden Fall die Genetik erhalten. Ich möchte mehr Urfreibergerzüchter und Hengsthalter gewinnen, die unsere Sache weiterziehen.
Was möchten Sie anders machen, als Ihr Vorgänger?
Da gibt es nicht viel. Er ist ein Vorbild für mich. In der Urfreibergerszene sind wir eine grosse Familie. Als Präsident entscheide ich nicht allein, in welche Richtung wir gehen wollen. Wir entscheiden gemeinsam, das hat bisher gut funktioniert.
Wie sind Sie zum Urfreibergerpferd gekommen?
Durch Zufall. Meine damalige Freundin und heutige Frau hat ihren Wallach gegen eine Stute eingetauscht und es hat sich herausgestellt, dass diese 0 Prozent Fremdblutanteil hat. So bin ich zum ersten Mal mit der Rasse in Kontakt gekommen. Das war 2013. Wir waren sehr zufrieden mit dieser Rasse und haben deshalb damit weiter gemacht.
Können Sie kurz erklären was der Unterschied zwischen Freiberger, Original Freiberger und Ur-Freiberger ist?
Der Anteil an Fremdblut. Urfreiberger haben 0 Prozent Fremdblut. Bis 1950 wurden keine Warm- und Vollblüter eingekreuzt. Daher gelten alle Freiberger, die vor 1950 geboren wurden, sowie deren Nachkommen, als Urfreiberger. Original Freiberger haben einen Fremdblutanteil von bis zu 2 Prozent. Alle anderen bezeichnen wir als Freiberger.
Inwiefern ist dieser Fremdblutanteil heute relevant?
In der Urgenetik sind praktisch keine Erbkrankheiten vorhanden. Auch das Fundament ist viel kräftiger und das Bindegewebe stärker. Durch Einkreuzen wurden beispielsweise weichere Gänge erreicht, dies geht aber längerfristig auf Kosten der Stabilität. Die hypermobilität der modernen Pferde zieht oft hohe Tierarztrechnungen nach sich. Der Urfreiberger ist eine äusserst gesunde und robuste Rasse. Auch charakterlich hat das Einkreuzen mit Warm- und Vollblütigen Pferden eher Nachteile mit sich gebracht. Ein moderner Freiberger lässt sich kaum mehr vom Laien bedienen, geschweige denn ausbilden. Der Urfreiberger ist ein Pferd mit ausgeglichenem, ruhigem Charakter, welches sich von Freizeitreitern und Familien meist problemlos händeln lässt. Der Markt verlangt je länger je mehr wieder Pferde für den Freizeitreiter, welcher ein Leben lang in jeder Situation ein zuverlässiges, stabiles und gesundes Pferd an seiner Seite haben möchte. Auch Arbeitspferde für Feld und Wald werden erneut gesucht. Der Urfreiberger deckt dieses Marktsegment hervorragend ab.
Wieso braucht es für die Freibergerrasse zwei verschiedene Verbände?
Weil unsere Anliegen damals vom Schweizer Freibergerverband nicht ernst genommen und wir immer wieder vertröstet wurden. Für uns war es schwierig damit umzugehen, deshalb haben wir schlussendlich eine eigene Organisation gegründet, die mit Freibergern mit einem Fremdblutanteil von 0 Prozent weiter züchtet. Wir machen unser Ding, sie machen ihr Ding. Wir möchten wieder zum Ursprung zurück, damit ist man immer gut gefahren. Ausserdem ist es auch eine patriotische Sache, in der Schweiz sind nur noch wenige Urfreiberger erhalten. Wir wollen einen reinen Freiberger, den wir für alles gebrauchen können. In unserem Verband haben wir andere Statuten, eine strengere Punktierung und einen anspruchsvolleren Feldtest.
Verband des reinrassigen Freibergerpferdes (RRFB)
Der Pferdebestand der Urfreiberger beträgt aktuell geschätzt rund 350 Tiere weltweit. Der RRFB hat rund 100 Vereinsmitglieder in der Schweiz und etwa 20 im Ausland (hauptsächlich D).
Wie meinen Sie das mit der strengeren Punktierung?
Der Urfreiberger hat einen grösseren Kriterienkatalog als der SFV. Es werden mehr verschiedene Punkte beurteilt. Z.b. die Charakterbeurteilung fällt schwerer ins Gewicht. Zudem haben wir eine andere Bewertungsskala. Weil wir nicht einfach die Bewertungsskala des Freibergerverbands übernehmen durften, geht unsere Skala bis 10 Punkte, bei ihnen liegt das Punktemaximum bei 9.
Wie sieht der Feldtest bei den Urfreiberger aus?
Wie beim herkömmlichen Feldtest wird das Exterieur, das Fahren und das Reiten geprüft. Zusätzlich werden die Jungpferde in einer zusätzliche Disziplin, dem Schwachholzziehen bewertet. Dabei müssen sie mit einem leichten 6-8m langen Holzstamm einen Parcours absolvieren. Dort werden die Gelassenheit beim Anhängen der Last sowie die Zugleistung geprüft. Ausserdem zeigt sich dort die Beziehung zum Menschen und der Charakter eines Pferdes sehr deutlich. Zudem prüfen wir die Pferde auch im Verkehr. Seit letztem Jahr haben wir bei der Disziplin Fahren eine Änderung.
Die wäre?
Wir haben unsere Statuten angepasst, statt Einspännig ist es nun auch möglich, die Jungpferde im Zweispänner vorzustellen.
Weshalb?
Aus unserer Sicht ist das tierfreundlicher. Es ist wichtig, dass sich ein so junges Pferd an einem älteren, erfahreneren Pferd orientieren kann. Das gibt dem 3-jährigen Pferd Sicherheit und es wird selbst zu einem souveränen Fahrpferd. Zudem senkt es das Unfallrisiko, da die Jungpferde im Zweispänner gelassener reagieren, insbesondere im Verkehr. Ich persönlich bin prinzipiell dagegen, junge Pferde einspännig zu fahren. Das Zweispännige Fahren am Feldtest hat sich letztes Jahr, bei der ersten Durchführung, super bewährt. Beim Schwachholzziehen ist die einspännige Zugleistung nach wie vor gut zu beurteilen.
Was zeichnet den Urfreiberger aus?
Seinen Charakter, seine Gutmütigkeit, Menschenbezogenheit, seine gute Gesundheit und Robustheit. Der Urfreiberger ist ein Pferd, das vielseitig einsetzbar ist. Wir bieten mit unseren Urfreibergern Pferdebegegnungen für Kinder an und hatten noch nie ein Problem. Auch mit dem rauhen Klima hier im Oberengadin auf 1800m haben die Urfreiberger keinerlei Probleme. Sie kommen dank ihrer natürlichen Instinkte sehr gut in den Bergen zurecht.
Wie viele Pferde haben Sie und was machen Sie mit Ihnen?
Wir haben sieben Urfreiberger bei uns stehen. Davon zwei Stuten mit Fohlen, Jungpferde, Ausbildungspferde und einen Hengst auf Station. Zudem noch eine Original Freibergerstute mit 1.5% Fremdblutanteil. Unsere Pferde sind bei einem Landwirt in einem Selbstversorgerstall eingestellt. Meine Frau (Lehrerin) und ich (Hauswart) kümmern uns jeden Tag selbst um unsere Tiere. Wir haben eine Hengststation, übrigens die einzige im Kanton Graubünden. Neben der Zucht bieten wir mit unseren Pferden das ganze Jahr Pferdebegegnungen und Ferienspass für Kinder, Kutschenfahrten und Ausritte im Gebirge an. Letzten Winter haben wir zudem einen Kutschbetrieb in Scuol betrieben, das möchten wir auch in diesem Jahr machen und weiter ausbauen.
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