Thomas Käslin melkt Biestmilch jeweils von Hand und bringt sie danach sofort nach Hause. – Christian Zufferey Trudy Käslin bewahrt die Ziegen-Biestmilch in einer PET-Flasche und einer einfachen Tiefkühltruhe auf. – Christian Zufferey
Wenn alle anderen Arbeiten im Stall gemacht sind und seine Gitzi genug Biestmilch getrunken haben, entnimmt Thomas Käslin von einigen seiner Ziegen weitere Biestmilch, um sie in PET-Flaschen in der Tiefkühltruhe zu lagern.
Thomas Käslin ging nie aktiv auf die Suche nach einem eigenen Bauernhof. Er hat sich zwar zum Landwirt ausbilden lassen, arbeitete dann aber bei den Titlis-Bahnen in Engelberg OW und 16 Sommer lang auf Alpen. Doch als ihm ein Bahnmitarbeiter erzählte, dass in Grafenort NW ein Betrieb verkauft werden sollte, zögerte Käslin nicht.
Er schaute sich zusammen mit Ehefrau Trudy den Bauernhof an und hat ihn 2014 erworben — noch bevor der Betrieb öffentlich zum Verkauf ausgeschrieben wurde. Es war ein etwa 15 Hektaren grosser Bergbauernhof in der Bergzone III mit acht Mutterkühen, etwas Jungvieh und rund 40 Ziegen sowie zwei Alpen mit einer Fläche von insgesamt über 360 Hektaren. Diese sind allerdings so steil und steinig, dass sie nur mit Ziegen bestossen werden. Inzwischen halten Käslins daher keine Mutterkühe mehr. Stattdessen haben sie heute etwa 140 Ziegen: Pfauen- und Bündner Strahlenziegen sowie einige Mischlinge, für die sie vor drei Jahren einen neuen Laufstall gebaut haben.
Wertvolles Sackgeld
Praktisch vom Vorgänger haben Thomas und Trudy Käslin einen Vertrag mit der Swiss Bio Colostrum AG übernommen, um Ziegen-Biestmilch in PET-Flaschen abzufüllen, richtig zu etikettieren und tiefgekühlt zu lagern, bis Mitinhaber Gian Keller sie zweimal jährlich abholen kommt. 18 Franken ist ihm die Ziegen-Biest wert, genauso viel wie Schaf-Biest.
Für Kuh-Biest zahlt Keller 15 Franken pro Kilo. «Wir wollen einen für Bauern attraktiven Preis anbieten», sagt er. Obschon er weiss, dass er den Bauern praktisch nur ein Sackgeld zahlen kann, weil niemand von der Biestmilch-Produktion leben kann. Auch für Käslins sind die etwa 200 Franken im Jahr, die sie für die Ziegen-Biest bekommen, ein Trinkgeld.
Zumal sich Käslins dessen bewusst sind, dass neugeborene Gitzi die Biestmilch erst mal selbst brauchen. Thomas Käslin gibt sogar zu: «Ich habe anfangs zu viel Biest weggenommen, woraufhin man deutlich beobachten konnte, dass die Gitzi weniger fit waren.» Von Ziegen, die Zwillinge oder gar Drillinge zur Welt bringen, nimmt er heute daher keine Biestmilch mehr weg.
Im Gegenteil, er achtet sogar darauf, dass alle Gitzi genügend Biest bekommen, indem er sie ans Euter ihrer Mutter ansetzt. «Auf diese Weise bekommen die Jungen das Kolostrum nicht nur sicher und einfach, sondern auch mit der richtigen Temperatur», sagt Käslin. Während dreier Tage verbleiben die Gitzi bei ihrer Mutter — für die anschliessende Aufzucht und Mast nutzt er meist Kuhmilch, weil diese weniger kostet als Ziegenmilch, die er jeden zweiten Tag an die Käserei Odermatt in Dallenwil liefert.
Biest in Tiefkühltruhe
Die 1,5-Liter-PET-Flaschen zu füllen, die Gian Keller ihm jeweils bringt, wenn er die Biestmilch abholt, ist damit praktisch nur bei Totgeburten möglich. Wenn bei Einlingsgeburten noch etwas Kolostrum übrigbleibt, genügt es nicht mehr, um eine Flasche zu füllen.
Im Gegensatz zu Kühen, wo die Bauern auch die TVD-Nummer der Kuh auf einer Etikette notieren müssen, darf man bei Ziegen auch Biestmilch mehrerer Ziegen zusammenfüllen — selbst dann, wenn eine erst halb volle Flasche in der Tiefkühltruhe liegt. Das Abfülldatum ist trotzdem auf jeder Flasche anzugeben.
Kolostrum für Eigenbedarf
Doch Käslins müssen auch noch etwas Biestmilch für sich selbst in der Reserve haben. Sie wollen vorbereitet sein, falls mal eine Ziege bei der Geburt eingeht. Nur wenn etwas Biestmilch-Reserve da ist, hat das Gitzi eine Chance, trotzdem zu überleben. Grundsätzlich könnte auch Kuh-Biest in Reserve gehalten werden.
Darauf waren Käslins jedoch erst einmal angewiesen, kurze Zeit nachdem sie ihren Betrieb übernommen haben. Sie wurden dabei sogar von einem Nachbarn unterstützt. Inzwischen haben Käslins stets genügend Biestmilch in der eigenen Tiefkühltruhe auf Vorrat – sie bewahren sie jeweils in Halbliter-PET-Flaschen auf.
Ob Käslins den Ziegen nun Biest für die eigene Reserve entnehmen wollen oder um sie für Gian Keller aufzubewahren — gemolken wird die Biest immer erst dann, wenn alle anderen Arbeiten im Stall erledigt sind. «Es ist das Letzte, was wir tun, bevor wir nach Hause zurückkehren», sagt Trudy Käslin. So wird gewährleistet, dass stets ganz frisches Kolostrum in Flaschen abgefüllt werden kann, das bereits innert weniger Minuten im Tiefkühler konserviert bleibt.
3 Responses
Leider auch hier, die Ziege darf ihr Gitzi nicht behalten. Was gibt es schlimmeres für ein Muttertier, wenn man ihr dad Junge wegnimmt!!! Das ist grausam und nicht nötig, da wohl auch dir Ziegr mehr Milch gibt, als ihr Kind braucht. Im Interesse für das Tierwohl, soll das Junge bei der Mutter belassen werden!
Würden unsere domestizierten Nutztiere heute noch in freier Wildbahn leben, käme vielleicht ein Raubtier und würde das Gitzi fressen!!! Und so hätte das Muttertier ihr Junges auch verloren!!! Einziger Unterschied wenn der Mensch das Gitzi wegnimmt, darf es noch weiter leben.
Man sollte mal einer Mutter ihr Kind weg nehmen! Kann doch Mutter gebundenen Mich anbieten, wenn man den Tieren schon die Milch raubt! ????