«Die Sauenhaltung steht vor einem dramatischen Strukturbruch», warnt die ISN.
Monique Wittwer
Dieses Bild der Lage in der deutschen Schweinehaltung zeichnet eine Umfrage, die von der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) durchgeführt wurde.
ISN alarmiert
Laut ISN haben nur rund zwei Drittel der befragten Schweinemäster und 56 Prozent der Sauenhalter trotz ökonomisch positiver Einordnung der aktuellen Lage angegeben, in den nächsten zehn Jahren weiter Mastschweine beziehungsweise Sauen halten zu wollen. Besonders kleinere Betriebe könnten demnach auf der Strecke bleiben. Auch durch ein Ergebnis zur Ferkelerzeugung zeigt man sich bei der ISN alarmiert.
Wegen geänderter Haltungsvorgaben, deren Umsetzungsfristen demnächst ausliefen, wollten rund 30 Prozent der Sauenhalter aus der Ferkelerzeugung aussteigen. Weitere 30 Prozent seien darüber noch im Unklaren. Fest stehe, dass sich bisher nur 40 Prozent der sauenhaltenden Betriebe für einen Umbau entschieden hätten.
Höhere Haltungsformen
In der Schweinemast zeigt die Umfrage laut ISN eine anstehende Verschiebung der Haltungsformen. Auch wenn der Hauptanteil der Mastschweine in fünf Jahren noch in den Haltungsformen 1 und 2 gehalten werde, gingen die Plätze in der Haltungsform 1 um ein Viertel zurück. In Haltungsform 2 stiegen sie leicht an.
Haltungsform 1 bedeutet «Stallhaltung» - und entspricht nur den gesetzlich vorgegebenen Mindeststandards in der Tierhaltung – 0,75 Quadratmeter für jedes Schwein.
Haltungsform 2 bedeutet «Stallhaltung Plus» - und diese liegt leicht über den gesetzlichen Mindeststandards. Pro Schwein sind etwa 10 Prozent mehr Platz vorgesehen, also 0,825 Quadratmeter.
Haltungsform 3 bedeutet «Aussenklima». Die Tiere müssen hier Zugang zur frischen Luft haben, etwa durch einen Stall mit einer offenen Front oder einen überdachten Auslauf am Stall. Gentechnikfreies Futter ist vorgeschrieben. Pro Schwein muss etwas mehr als ein Quadratmeter Platz zur Verfügung stehen (1,05 qm) und Stroh.
Haltungsform 4 bedeutet «Premium». Neben gentechnikfreiem Futter ist deutlich mehr Freilauf vorgeschrieben: Schweine müssen dauerhaft Auslauf haben, im Stall mindestens 1,5 Quadratmeter pro Tier; dazu muss Stroh oder anderes Beschäftigungsmaterial ständig verfügbar sein.
Langwierige Verfahren
Darüber hinaus sei zu erkennen, dass im Zuge der Verschiebung signifikant höhere Anteile in den höheren Haltungsstufen von bis zu 12% der Mastplätze realistisch seien, sofern der Umbau der Ställe nicht weiterhin durch sich widersprechende rechtliche Vorgaben ausgebremst werde.
Genau das sei derzeit aber der Fall, kritisiert die ISN. Seit der Vorjahresumfrage habe sich der Anteil der höheren Haltungsstufen in der Schweinemast kaum erhöht und liege weiter bei nur rund 3,5%. Was die generelle Entwicklung beim Umbau der Schweinehaltung bremse, seien extrem langwierige Genehmigungsverfahren, mangelhafte Verlässlichkeit der Vorgaben und viel zu viel Bürokratie, moniert die Interessengemeinschaft. Die Bewertung der Landwirte habe sich diesbezüglich gegenüber dem Vorjahr nicht verbessert.
Erheblicher Handlungsbedarf
Für ISN-Geschäftsführer Torsten Staack zeigen die Umfrageergebnisse, dass erheblicher Handlungsbedarf besteht. Die Verschiebung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes bis März 2026 sei daher folgerichtig. Nun gelte es, dieses Gesetz und alle damit in Verbindung stehenden Regelungen grundlegend anzupassen, um Praktikabilität herzustellen. Ganz entscheidend sei es, dass der Zugang der Schweinehalter zu den höheren Haltungsstufen auch tatsächlich ermöglicht werde, betonte Staack.
Die Umfrageergebnisse zeigten deutlich, dass die Landwirte hier bereitstehen. Letztlich brauche es einen «unbürokratischen Wachstumsbooster», wie er vonseiten der Bundesregierung auch für andere Teile der Wirtschaft angekündigt worden sei. «Fakt ist aber auch, dass ein Umbau der Tierhaltung nur gelingen kann, wenn die Schweinehaltung hierzulande nicht wegbricht. Das gilt für die Schweinemast, ganz besonders aber für die Sauenhaltung», unterstrich der ISN-Geschäftsführer.
Millionenbeträge zu investieren, um den Sauenbestand im günstigen Fall zu halten und um dann immer noch Ferkel nach gesetzlichem Standard zu erzeugen, sei angesichts der ausländischen Konkurrenz, die kostengünstiger erzeugen könne, kein überzeugender Businessplan. «Ohne Unterstützung werden wir weite Teile der deutschen Ferkelerzeugung verlieren», warnte Staack. Beispielsweise müssten jetzt die Fördermassnahmen des Bundes so ausgerichtet werden, dass Sauenhalter wie auch Schweinemäster sie zur Teilfinanzierung ihrer Investitionen überhaupt abrufen können.