Die Wissenschaftler hatten Gülle von einem Bauernhof im Labor mit Kalkstickstoff versetzt und massen dann die Methanproduktion. Bereits eine knappe Stunde nach der Zugabe sei fast kein Methan mehr gebildet worden.
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Eine Studie der Universität Bonn zeigt, dass sich die Methan-Emission mit einfachen und kostengünstigen Mitteln um 99 Prozent reduzieren lässt. Die Methode der Uni Bonn könnte einen wichtigen Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel leisten.
Klimagase wirken wie eine Schicht Fensterglas in der Atmosphäre: Sie verhindern, dass Wärme von der Erdoberfläche in das Weltall abgestrahlt wird. Methan macht das 28 mal so effektiv wie Kohlendioxid – es ist eine Art unsichtbare Doppelverglasung.
50 Prozent in Gülle
In den letzten 200 Jahren hat sich die Methankonzentration in der Atmosphäre mehr als verdoppelt. Einerseits erzeugen Kühe und andere Wiederkäuer bei der Verdauung Methan. Eine weitere wichtige Quelle sind zudem die Exkremente der Tiere. «Ein Drittel des menschgemachten Methans weltweit stammt aus der Tierhaltung», erklärt Felix Holtkamp, der im INRES-Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz der Universität Bonn promoviert. «Nach Schätzungen entstehen bis zu 50 Prozent davon durch Gärungsprozesse in der Gülle», fährt er fort.
Rund um den Globus suchen Forschende daher nach Möglichkeiten, diese Prozesse zu unterbinden. Holtkamp, sein wissenschaftlicher Betreuer Manfred Trimborn vom Institut für Landtechnik der Universität Bonn sowie Joachim Clemens vom Düngemittel-Hersteller SF-Soepenberg haben für das Problem eine vielversprechende Lösung vorgestellt. «Wir haben Gülle von einem Bauernhof im Labor mit Kalkstickstoff versetzt, einer Chemikalie, die seit mehr als 100 Jahren als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt wird», sagt Holtkamp. «Dadurch kam die Methanproduktion fast vollständig zum Erliegen», sagt er weiter.

zvg
Emissionen sanken um 99 Prozent
Insgesamt sanken die Emissionen um 99 Prozent. Dieser Effekt begann bereits eine knappe Stunde nach der Zugabe und hielt bis zum Ende des Experiments ein halbes Jahr später an. Bei der Lagerung wird Gülle von Bakterien und Pilzen umgebaut: Sie zerlegen unverdautes organisches Material zu immer kleineren Molekülen. Am Ende dieser Prozesse entsteht Methan.
«Kalkstickstoff unterbricht diese Kette chemischer Umwandlungen, und zwar gleichzeitig an verschiedenen Stellen, wie wir bei der chemischen Analyse der entsprechend behandelten Gülle sehen konnten», erklärt Holtkamp. «Die Substanz unterdrückt den mikrobiellen Abbau von kurzkettigen Fettsäuren, einem Zwischenprodukt der Kette, und deren Umwandlung in Methan. Wie dies genau geschieht, ist noch unbekannt», fährt er fort.
0,5 Rappen pro Kilo Milch
Die Substanz hat aber noch weitere Vorteile: Sie reichere die Gülle mit Stickstoff an und verbessert so ihre Düngewirkung, schreibt die Uni Bonn. Ausserdem verhindere sie die Entstehung sogenannter Schwimmschichten – das sind Ablagerungen organischen Materials, die auf der Gülle eine harte Kruste bilden und den Gasaustausch behindern. Normalerweise muss diese Kruste regelmässig zerkleinert und untergerührt werden.
Auch für die Tiere selbst hat das Verfahren Vorteile: Auf Spaltenböden fallen Exkremente in einen Güllekasten. Durch die mikrobielle Umsetzung kann das Kot-Urin-Gemisch mit der Zeit aufschäumen und durch die Spalten wieder nach oben steigen. «Die Tiere stehen dann in ihren eigenen Ausscheidungen», sagt Holtkamp. Kalkstickstoff unterbindet diese Aufschäumung. Die Kosten sind zudem überschaubar – sie liegen für die Rinderhaltung bei etwa 0,3 bis 0,5 Cent (0,3 bis 0,5 Rp.) pro Kilo Milch.
Auch weniger Ammoniak
Unklar ist noch, wie sich die Methode auf die Ammoniak-Freisetzung aus der Gülle auswirkt. Ammoniak ist ein giftiges Gas, dass zwar selbst nicht klimaschädlich ist, aber zu gefährlichen Treibhausgasen umgesetzt werden kann. «Wir haben erste Hinweise darauf, dass sich die Ammoniak-Menge langfristig ebenfalls reduziert», sagt Manfred Trimborn vom Institut für Landtechnik der Universität Bonn. «Ganz sicher können wir das momentan aber noch nicht sagen», hält er fest.
In Deutschland verhindert momentan ein Umweltgesetz den Zusatz von Kalkstickstoff: Für konventionell gelagerte Gülle gilt aktuell ein strenges Reinheitsgebot.
4 Responses
Leider kommt die „Erfindung“mit dem Zusetzen von Kalkstickstoff zur Gülle reichlich spät.Damit wären viele Probleme
auf relativ einfache und kostengünstige Art und Weise gelöst.Unverständlich,dass die deutsche Bürokratie wieder
einmal mehr eine schnelle Umsetzung einer derart sinnvollen Massnahme verhindert.Ich hoffe,dass dies bei uns
in der Schweiz nicht passiert,sondern dass wir sofort in dieses Projekt einsteigen werden .
Die ECHA empfiehlt der Europäischen Kommission, dass Kalkstickstoff nicht mehr als Dünger auf den Markt gebracht werden darf. Bei einem entsprechenden Beschluss der Kommission müsste der Dünger 36 Monate nach Inkrafttreten des Beschlusses vom Markt sein und dürfte dann auch nicht mehr eingesetzt werden. Beitrag vom 02.07.2020
Dann hätte es die teuren Schleppschläuche nicht gebraucht…
Da wurden wir Landwirte wiedereinmal verarscht.
Es hätte eine günstige Alternative zum Schleppschlauch gegeben.
Doch wir müssen Milionen von Franken in Schleppschläuche investieren, ganz abgesehen von teurem Unterhalt und Umwelt – und Bodenschädlichem Mehrgewicht!