Eine Methode, um das Entweichen von Ammoniak frühzeitig zu unterbinden, ist laut dem Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (D) das Ansäuern der Gülle. Mit der Zugabe von Schwefelsäure zur Gülle lässt sich der pH-Wert so weit senken, dass ein Grossteil des Stickstoffs im Flüssigmist in gelöster Form vorliegt und nicht gasförmig entweichen kann.
Damit liessen sich in einem Versuchsbetrieb der Universität Bonn (D) in mehr als 1,5 Jahren über mehrere Schweinemastdurchgänge hinweg die Ammoniakemissionen um rund 40 Prozent senken. Zudem wurde ein grosser Teil der Methanemissionen verringert und die Qualität der Stallluft verbessert ( hier finden Sie die entsprechende Studie ).
Ausserhalb des Stalles
Doch wie funktioniert das? Zwischen dem in der Gülle gelöst vorliegenden Ammonium und dem gasförmigen Ammoniak besteht ein vom pH-Wert abhängiges Gleichgewicht. Durch die Zugabe einer starken Säure wie beispielsweise Schwefelsäure wird der pH-Wert gesenkt und das Ammonium-Ammoniak-Gleichgewicht in Richtung Ammonium verschoben. Dadurch verbleibt kaum noch freies Ammoniak in der Gülle, das gasförmig entweichen könnte.
Problem: Das direkte Ansäuern der Exkremente im Güllekanal kann in bestimmten Situationen riskant sein, da dies zur Bildung von gefährlichem Schwefelwasserstoff führen kann. In der Versuchsanlage wurde deshalb mindestens zweimal wöchentlich ein Teil des Flüssigmistes in einen Prozessbehälter gepumpt, der sich ausserhalb des Stallabteils befand.
Mit Hilfe einer pH-Sonde wurde der pH-Wert gemessen und dann die entsprechende Menge Schwefelsäure zur Einstellung des Ziel-pH-Wertes unter ständigem Rühren der Gülle zugegeben.
Alois Niederberger konnte dank der Anlage zur Gülleansäuerung 380 Mastplätze bauen
zvg
Ziel pH-Wert 5,5
Die eingesetzte Säuremenge betrug etwa 17 kg 96-prozentige Schwefelsäure je Kubikmeter Flüssigmist während des gesamten Mastdurchgangs. Als Ziel wurde ein pH-Wert von 5,5 im Güllekanal gewählt. Dieser pH-Wert reduziert die Ammoniakemissionen aus dem Flüssigmist während der Lagerung und Ausbringung.
Nach der Ansäuerung wird die Gülle zurück in den Flüssigmistkanal des Stalls gepumpt. Die Lagerkapazitäten im Stall können so weiter genutzt werden. Zudem vermischen sich Kot und Harnsofort mit der angesäuerten Gülle. Der pH-Wert der frischen Exkremente wird direkt abgesenkt.
Säure wird geliefert
Die Ansäuerungstechnik wurde auch auf einem Praxisbetrieb nachgerüstet. Dort wurde der Flüssigmist von 900 Mastschweinen angesäuert. Mittels Flüssigmistansäuerung können laut der Uni Bonn auch die Emissionen aus freigelüfteten Ställen reduziert werden, bei denen der Einsatz von gängigen Abluftreinigungsanlagen nicht möglich wäre.
Um die Flüssigmist-Ansäuerungstechnik besonders anwenderfreundlich zu gestalten, wurde ein Online-Messsystem zur Erfassung der Füllstandshöhe der Säure im doppelwandigen Lagercontainer entwickelt. Über dieses Messsystem werden die Daten direkt in die Logistiksoftware des Säurelieferanten integriert. Landwirtinnen und Landwirte haben nichts mehr mit der Säurebeschaffung zu tun, das erledigt der Lieferant. Dadurch werden der Arbeitsschutz und die Betriebssicherheit gewährleistet.
Der Hof von Alois Niederberger befindet sich im Luzernischen Neuenkirch.
Auch in der Schweiz
Auch in der Schweiz wird dieses System bereits seit 2021 praktiziert, und zwar im Kanton Luzern. Dort sind die Bauern gezwungen, bei einem Neubau oder einer Erweiterung die Ammoniakemissionen um 20 Prozent zu reduzieren.
Umgesetzt wurde das System durch die Stallbaufirma Krieger AG in Ruswil LU, angesäuert auf der pH-Wert von 5,5 wird die Gülle im Gülleloch. Landwirt Alois Niederberger aus Neuenkirch LU und die Firma Arnold aus Schachen LU, die das System eingebaut hat, haben per App stets den Überblick und per Fernsteuerung Zugriff.
Der Betriebsleiter bilanzierte damals, dass sich alles gelohnt habe – trotz Zusatzkosten von rund 70’000 Franken oder umgerechnet jährlichen Betriebskosten für Amortisation, Wartung und Schwefelsäure von 8’000 Franken. Er konnte 380 Mastplätze bauen und gleichzeitig die Ammoniakemissionen um berechnete 20 Prozent senken. Weitere Senkungen sollen möglich sein.
Die Kosten und folge Kosten tragen die Bauern.
Was im Boden passiert intressiert niemanden.
Wenn die Menschheit ein Problem technisch lösen will, schafft sie 2-3 neue Probleme.