Tiere, die eine Verschlechterung des Allgemeinzustands, Gewichtsverlust und Fieberschübe aufweisen, sollten besonders gut beobachtet werden. Nicht immer sind die Symptome von LSD eindeutig, da auch andere Krankheiten ähnliche Anzeichen zeigen können.
Wikipedia
«Schweizer Bauer»: Am 29. Juni 2025 wurde in Savoyen (Frankreich) ein Fall von LSD in einem Rinderbetrieb festgestellt – nur etwa 40 km von der Schweizer Grenze entfernt.Wie schätzt das BLV aktuell die Einschleppungsgefahr ein?
Martin Reist: Die Einschleppungsgefahr ist erheblich. Die Schweiz befindet sich in der gemeinsamen 50-Kilometer-Überwachungszone rund um den betroffenen französischen Betrieb in Savoie. In der Zwischenzeit wurden weitere LSD-Fälle in unmittelbarer Nähe zum ersten Ausbruch gemeldet. Die bestehende Überwachungszone bleibt unverändert.
«Je früher ein Fall erkannt wird, desto schneller können wir andere Betriebe schützen.»
Welche Kantone sind derzeit besonders gefährdet, und warum wurde der Kanton Genf in die Überwachungszone einbezogen?
Aufgrund der aktuellen Lage gelten insbesondere die Westschweizer Kantone Genf, Neuenburg, Wallis, Waadt sowie das Tessin als besonders gefährdet. Genf liegt innerhalb der gemeinsamen Überwachungszone, die in einem Radius von 50 Kilometern um die betroffenen Betriebe eingerichtet wurde und sich teilweise auf Schweizer Gebiet erstreckt. Die Zone wird je nach geografischer Lage von allfälligen neuen Ausbrüchen angepasst. Von Beginn an war klar, dass die Schweiz und Frankreich im Kampf gegen diese hochansteckende Tierseuche eng zusammenarbeiten – alles andere wäre weder im Interesse der Seuchenbekämpfung noch der Landwirtschaft. Das Tessin ist ebenfalls gefährdet, weil auch in der Lombardei ein Ausbruch gemeldet wurde. Dieser Ausbruch ist aber von der Schweizer Landesgrenze noch etwas weiter entfernt.
Martin Reist ist Leiter Tiergesundheit und Tierschutz beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen.
zvg
Die Inkubationszeit beträgt 4 bis 20 Tage, gehen Sie davon aus, dass in der Schweiz bereits kranke Tiere vorhanden sind?
Bislang sind dem BLV oder dem zuständigen nationalen Referenzlabor, dem Institut für Virologie und Immunologie (IVI) keine Fälle von Lumpy-Skin-Disease (LSD) in der Schweiz bekannt. Es kann jedoch zum aktuellen Zeitpunkt keine Prognose gemacht werden, wie sich die Situation entwickeln wird. Die Branche wurde über verschiedene Kanäle umfassend informiert, mit der dringenden Aufforderung, Verdachtsfälle umgehend zu melden und abklären zu lassen. Je früher ein Fall erkannt wird, desto schneller können wir andere Betriebe schützen. Es ist wichtig, aus Solidarität und Verantwortungsbewusstsein zu handeln – nicht aus Angst. Wir erwarten, dass jeder Verdacht sofort gemeldet wird.
So geschieht Ansteckung
Die wichtigste Rolle für die Verbreitung spielt die indirekte Erregerverbreitung durch stechende Insekten (beispielsweise Bremsen, Fliegen, Gnitzen, Stechmücken), Milben und Zecken.
Die Übertragung ist auch durch direkten Tierkontakt, infiziertes Sperma, unbehandelte Tierhäute und Felle und deren Produkte (zum Beispiel Jagdtrophäen), Rohfleischprodukte, Rohmilchprodukte und durch daraus gewonnenes Tierfutter inklusive Kolostrum möglich. ats
Welche konkreten Massnahmen wurden in der Überwachungszone (50 km um den Ausbruchsort) sowie der Schutzzone (20 km) ergriffen?
Innerhalb der Überwachungszone ist der Tierverkehr eingeschränkt und es werden alle Betriebe tierärztlich kontrolliert. Auch Tiermärkte oder -versammlungen sind innerhalb der Überwachungszone verboten. Um die Tiere in diesen Zonen weiter zu schützen und die Verbreitung der Krankheit einzudämmen, beabsichtigen sowohl Frankreich als auch die Schweiz, Rinder innerhalb dieser Zonen zu impfen.
Was genau ist mit eingeschränktem Tierverkehr gemeint?
Tiere dürfen die Überwachungszone nicht verlassen, mit Ausnahme für die direkte Schlachtung. Aber auch das nur, wenn es in den letzten 15 Tagen keine Fälle gegeben hat. Der Tierverkehr innerhalb der Überwachungszone ist nur nach einer amtstierärztlichen Kontrolle erlaubt. In den ersten 7 Tagen ist es zudem verboten, Tiere in die Überwachungszone zu verschieben.
«Wir gehen davon aus, dass erste Impfungen in der Schweiz voraussichtlich Ende Juli möglich sein werden.»
Wie sieht der Zeitplan für die Impfstoffbeschaffung und -zertifizierung des BLV aus?
Gleich wie Frankreich wurde beschlossen, gegen die LSD zu impfen. Das ist die einzige Massnahme, die wirklich schützt. Beide Länder befinden sich aktuell in einer vergleichbaren Lage und arbeiten parallel an einer Anwendungsgenehmigung sowie der Beschaffung des Impfstoffs. Wir gehen davon aus, dass erste Impfungen in der Schweiz voraussichtlich Ende Juli möglich sein werden.
Gibt es eine Impfpflicht?
Ja, für Betriebe in der Impfzone wird die Impfung obligatorisch sein. Ziel ist es, die Ausbreitung frühzeitig zu stoppen und den Rest der Schweiz zu schützen. Es gilt, die Seuche im Keim zu ersticken, bevor sie sich ausbreitet und massive wirtschaftliche Schäden verursacht. Die Lumpy-Skin-Disease ist eine hochansteckende Tierseuche, die durch Stiche von Fliegen und Mücken übertragen wird. Im Unterschied zur Blauzungenkrankheit erfolgt die Übertragung mechanisch – das Virus haftet direkt am Stechrüssel des Insekts und wird beim nächsten Stich 1:1 weitergegeben, ohne sich vorher vermehren zu müssen. Deshalb ist rasches Handeln entscheidend.
Wer trägt die Kosten?
Nach aktuellem Stand ist davon auszugehen, dass der Bund die Kosten für die Impfstoffbeschaffung übernimmt. Ein entsprechender Kredit müsste vom Parlament per Nachtrag noch gesprochen werden. Die Impfung selbst wird durch Tierärztinnen und Tierärzte erfolgen und amtlich registriert werden. Für den operativen Teil der Tierseuchenbekämpfung sind grundsätzlich die Kantone zuständig.
Das BLV verweist auf Insektenschutzmassnahmen. Wie effizient sind diese Methoden aus Sicht des BLV in der aktuellen Situation?
Es gibt keine hundertprozentig wirksamen Schutzmassnahmen gegen Insekten. Dennoch wird empfohlen, Rinder bestmöglich vor Fliegen und Mücken zu schützen. Beispielsweise tragen das Anbringen von Fliegengittern in Ställen, der Einsatz von Insektiziden und Repellentien sowie die Entfernung von stehenden Gewässern (Brutstätten der Mücken) dazu bei, das Risiko infektiöser Stiche zu verringern.
«Nicht immer sind die Symptome eindeutig, da auch andere Krankheiten ähnliche Anzeichen zeigen können.»
Gibt es weitere präventive Ansätze, die Landwirte umsetzen können, um das Risiko zu minimieren?
Landwirte müssen vor allem die Einschränkungen im Tierverkehr innerhalb der Überwachungszone strikt einhalten. Der Insektenschutz in den Betrieben ist in der Praxis zwar schwierig umzusetzen, aber es kann helfen, die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung zu reduzieren. Eine besonders wichtige präventive Massnahme ist die regelmässige und genaue Beobachtung der Tiere. Verdächtige Symptome wie Fieber, schlecht fressende oder apathische Tiere, Leistungsrückgang oder Hautknoten sollten umgehend einem Tierarzt gemeldet werden. Nicht immer sind die Symptome eindeutig, da auch andere Krankheiten ähnliche Anzeichen zeigen können. In solchen Fällen sind Blutproben zur Abklärung wichtig.
Beenden Sie den Satz…
Die Lumpy-Skin-Disease ist… eine reale Gefahr für die Gesundheit unserer Rinder.
Das sind die Symptome der Lumpy-Skin-Disease (LSD)
Der Verlauf der Erkrankung bei Rindern ist akut bis subakut. Die Inkubationszeit beträgt 4 bis 28 Tage. Folgende Symptome können auftreten:
- Fieber von bis über 40 °C
- Leistungsrückgang
- Teilnahmslosigkeit, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust
- erhöhter Speichel- und Tränenfluss
- eitriger Nasenausfluss
- Euterentzündungen
- Bindehautentzündung (kann bis zur Erblindung führen)
- geschwollene Lymphknoten
- Schwellungen und Abszesse (vor allem an Kopf und Gliedmassen)
- Aborte
- Hautausschlag, in Form von 0,5–5 cm grossen Hautknoten, bevorzugt an Kopf, Hals, im Schwanzbereich, auf den äusseren Genitalorganen und den Extremitäten. Nur 40-50 % der Rinder entwickeln generalisierte Hautschwellungen. Die Haut über den Knoten stirbt nach fünf bis sieben Wochen ab und hinterlassen Krusten.
Kommentare (2)