Schon als Kind träumte Lisa davon, Tierärztin zu werden. «Ich habe hart dafür gearbeitet und liebe meinen Beruf – und verfluche ihn gleichzeitig», sagt sie. Nicht die Tiere seien das Problem, sondern die Besitzerinnen und Besitzer mit ihren überzogenen Erwartungen.
Lisa arbeitet seit 10 Jahren als Tierärztin in einer mittelgrossen Praxis in der Deutschschweiz. Lisa heisst in Wirklichkeit anders. Unter der Rubrik «Was ich wirklich denke» hat sie für das Online-Portal «Watson» einen Erfahrungsbericht geschrieben.
«Warum kommt nicht der Chef?»
Die Gesellschaft hätte ein völlig falsches Bild vom Tierarztberuf: «Wir streicheln nicht den ganzen Tag herzige Kätzchen. Der Job ist mental und körperlich anstrengend.» Das Studium sei eine schlechte Vorbereitung auf das, was einen erwarte. In erster Linie werde medizinisches Wissen gebüffelt. Dabei wären Belastbarkeit, Flexibilität und der Umgang mit Menschen wichtig in diesem Beruf.
Das zeige sich nicht zuletzt bei Einsätzen auf dem Bauernhof. Dort kommt noch dazu, dass Lisa sich als Frau besonders behaupten muss: «Viele Bauern nehmen uns Frauen nicht so ernst wie unsere männlichen Kollegen. Oft werde ich mit den Worten ‹Warum kommt nicht der Chef?› begrüsst.»
Landwirte kommentieren alles
Weiter kritisiert sie, dass die Landwirte während der Behandlung danebenstehen und alles kommentieren würden. «Ich höre die Kuh dann extra ein wenig länger ab als nötig – das verschafft mir kurz eine Pause. Oder ich schicke den Bauern einfach pro forma los, um einen Eimer Wasser oder sonst etwas zu holen», erklärt sie in ihrem Erfahrungsbericht.
Sie erzählt weiter von ihrem schlimmsten Einsatz: «Eine Eselstute hatte ein seit zwei Wochen totes Fohlen in sich, das wir entfernen mussten. Der Verwesungsgeruch war bestialisch.»
Mit dem Helikopter auf die Alp
Es gebe aber auch Highlights. Als Beispiel nennt die Tierärztin Geburten, besonders bei Kühen. «Wenn ich bei einer Schwergeburt die Mutterkuh und das Kalb retten kann und die Freude der Bauern sehe, macht mich das glücklich.» Solche Erlebnisse würden sogar dem grimmigsten Bauern ein Lächeln entlocken. «Manchmal werde ich für die Geburt eines Kalbes mit dem Helikopter auf eine Alp geflogen – das sind Momente, die mich wochenlang glücklich machen», spricht Lisa von den schönen Seiten ihres Berufs.
Pikett und Nachteinsätze
Die Tierärztin leistet aber auch viele Einsätze für Kleintiere. Auch da seien die Erwartungen einiger Halter und Halterinnen riesig. Gleichzeitig übernähmen manche aber keinerlei Verantwortung für ihr Tier. «Sie warten zwei Wochen, während ihr Hund Durchfall hat, und rufen dann am Sonntagabend bei uns an. Oder sie melden sich nachts um 2 Uhr, weil der Hund ein bisschen mehr speichelt als sonst.»
Oder einige tauchten einfach gar nicht zum vereinbarten Termin auf. «Bei einem Humanmediziner würde das nie passieren», meint Lisa. Auf Pikett sein und Nachteinsätze machen den Job zusätzlich intensiv: «Im Schnitt leiste ich etwa zwölf Nachteinsätze pro Monat – und stehe am nächsten Morgen wieder pünktlich in der Praxis.» Feierabend um 18.30 Uhr sei die Ausnahme.
5400 Franken Einstiegslohn
Diese Arbeitshaltung werde von den Vorgesetzten so vorgelebt. Wer genug habe und aussteige, werde in der Branche als Versager angesehen. «Die Chefs arbeiten sich kaputt, bis es nicht mehr geht – und insgeheim verlangen sie das auch von den jungen Kollegen. Kein Wunder, dass die Suizidrate unter Tierärztinnen und Tierärzten viermal höher ist als in anderen Berufen», so Lisa.
Der Einstiegslohn liegt nach fünfeinhalb Jahren Studium bei 5400 Franken. Es gibt laut Lisa keine festen Vorgaben – alles sei Verhandlungssache. Sie wünscht sich darum, dass sie weniger über die Tarife diskutieren müsste und ganz grundsätzlich mehr Anerkennung für ihre Arbeit bekäme. Ausserdem bittet sie Tierhalter und Tierhalterinnen, nach Feierabend nur zum Telefon zu greifen, wenn es wirklich ernst ist.
Mit unseren Tierärztinnen haben wir auf unserem Betrieb keine Probleme.
Manchmal, so im Nebenbeigeschpräch mit dem Tierarzt merkt man, dass er froh ist wieder einmal an einem Ort zu sein wo es normal zu und her geht.
Seine Tierärztinen kommen auch immer gern. Vorallem weil sie bei der Arbeit überstürzt werden wenn bei einer Schwergeburt ihre Kräfte schweisstreiben zur Neige gehen. Mit den eigenen Finger im Kuharsch und ihrer fachlichen Anleitung geht's weiter. Freut sich auch gemeinsam wenn alles gut geendet hat!!