Die Migros will Nachhaltigkeitskriterien für ihre Kunden einfacher sichtbar machen. Sie führt auf ihren Eigenmarken eine Nachhaltigkeitsskala namens «M-Check» ein, die mit einer Sternenbewertung zu den Kriterien Tierwohl und Klima Transparenz schaffen soll. Später sollen weitere Kriterien folgen.
Zu Beginn werden laut einer Mitteilung von Migros vom Montag tierische Produkte wie Fleisch und Milch mit dem neuen Label «M-Check» versehen. Ähnlich wie bei einer Hotelbewertung schneidet ein Produkt in einem Bereich gut ab, je mehr Sterne es dort erhält.
«Auch die negativen Nachhaltigkeitsaspekte eines Produkts verschweigen wir nicht. Damit ermöglichen wir unseren Kundinnen und Kunden einerseits ein selbstbestimmtes Einkaufen. Andererseits ist diese vollständige Transparenz auch ein Ansporn für die Migros», lässt sich Migros-Marketingchef Matthias Wunderlin in der Mitteilung zitieren.
Bis zu zehn Faktoren
Vorerst werden nur die Kriterien Tierwohl und Klima bewertet, die von den Kunden als die relevantesten im Kaufentscheid eingestuft würden, heisst es auf der dazugehörigen Nachhaltigkeits-Webseite der Migros. Später sollen aber auch andere Kriterien in den M-Check einfliessen.
Beim Tierwohl würden bis zu zehn Faktoren wie Auslauf im Freien, Stallhaltung, Medikamenteneinsatz oder Transport in die Bewertung einfliessen. Beim Kriterium Klima werde die gesamte Ökobilanz des Produktes bewertet, vom Anbau über den Einsatz von Wasser und Dünger bis zum Transport und der Verpackung. Die Bewertung orientiere sich am gesamten Migros-Sortiment: Ein Stück Rindfleisch erreiche deshalb wegen der hohen Treibhausgasemissionen im Vergleich zu einer Gurke nie mehr als einen Stern beim Klima, heisst es.
Gilt auch für Importprodukte
Die neue Skala findet nicht nur Anwendung bei Produkten aus inländischer Produktion, sondern auch bei den Einfuhren. «Es wurde der gleiche Massstab für Schweizer und ausländische Produkte angewandt», schreibt die Migros auf der Website. Entscheidend für das Tierwohl sind die relevanten Bereiche und Kriterien je Gattung.
In der Schweiz sei die Produktion generell gut dokumentiert (über Tierschutz-Vorgaben, Richtlinien etc.) – entsprechend könne hier eine solide Bewertung vorgenommen werden. «Im Ausland fehlen diese Transparenz und damit die Dokumentation zum Teil. Entsprechend wird dies mit einem Stern bewertet. Wir arbeiten mit unseren Lieferanten an besserer Transparenz in der ausländischen Produktion – erst wenn diese gegeben ist, wird es zu einer neuen Bewertung führen», hält die Migros fest.
Die Schlachtung fliesst nicht in der aktuellen M-Check-Tierwohlbewertung ein. «Die Bewertungskriterien werden jedoch ständig geprüft und auch erweitert, sodass in Zukunft auch die Schlachtung in die Bewertung inkludiert werden könnte», schreibt die Migros.
Die Einteilung, ob ein Produkt 1 oder 5 Sterne hat, basiert auf den transparenten Bewertungsgrundlagen.
Beim Tierwohl werden 10 verschiedene Bereiche beurteilt. In jedem Bereich können zwischen 1 und 5 Punkte erreicht werden. Aus diesen 10 Beurteilungskriterien errechnet sich dann ein finaler Wert, welcher mathematisch auf einen Sternwert von 1 bis 5 gerundet wird.
- Auslauf im Freien: Haben die Tiere regelmässig Auslauf und können sie, wann immer möglich, auf die Weide?
- Stallhaltung: Entsprechen die Ställe den Bedürfnissen der Tiere?
- Futter und Wasser: Gibt es für die Tiere genügend Fressplätze sowie Futter und Wasser in guter Qualität?
- Kontrollen: In welchen Abständen finden die Kontrollen statt (jährlich, alle zwei Jahre etc.) und sind die Kontrollorgane zertifiziert wie auch unabhängig?
- Luftqualität, Umgebung etc.: Wird der Stall ausreichend belüftet? Gibt es Abkühlungsmöglichkeiten? Und wie sind die Lichtverhältnisse?
- Medikamente: Werden die Vorgaben zum Medikamenteneinsatz eingehalten? Und werden Antibiotika nur eingeschränkt verwendet?
- Unversehrtheit der Tiere: Erhalten die Tiere eine regelmässige Klauenpflege und Enthornung? Kommt es zum Einsatz von Saugringen? Werden Schnäbel gestutzt und Schwänze coupiert?
- Warenfluss: Ist durch die Sicherstellung der Kennzeichnung eine lückenlose Nachverfolgbarkeit garantiert?
- Zucht: Erfolgte die Aufzucht im Beisein der Mutter? Werden die Tiere in Gruppen gehalten und geniessen sie auch weiche, gut eingestreute Unterlagen?
- Transport: Werden die Tierschutzverordnung, die STS-Richtlinie, die Biorichtlinien und die EU-Tierschutzverordnung eingehalten?
Die 10 Bereiche fliessen aber nicht alle gleich gewichtet in die Bewertung mit ein. So werden die Bereiche je nach den Bedürfnissen der Tiergattung gewichtet. Der Bereich «Kontrolle» hat bei allen Gattungen beispielsweise eine hohe Gewichtung, da griffige Kontrollen für die Durchsetzung der entsprechenden Produktionsrichtlinien matchentscheidend sind. Gerade Missstände in der Tierproduktion werden leider aufgrund von mangelnden Kontrollen zu spät aufgedeckt.
-> Mehr zur Skala gibt es hier
Beim Klima setzt sich die Bewertung wie folgt zusammen:
- 5 Sterne: 5% des Sortiments (0-0.9 kg CO2eq/kg)
- 4 Sterne: 5% des Sortiments (1-1.9 kg CO2eq/kg)
- 3 Sterne: 15% des Sortiments (2-4.7 kg CO2eq/kg)
- 2 Sterne: 25% des Sortiments (4.8-9.9 kg CO2eq/kg)
- 1 Stern: 50% des Sortiments (>10 kg CO2eq/kg)
Externe Partner prüfen Kriterien
Die Bewertungen basieren gemäss dem Communiqué auf wissenschaftlichen Grundlagen. Beim Klima hat laut der Webseite die Ökobilanzierungsfirma Treeze die Bewertung vorgenommen, die dann zusätzlich durch die Stiftung Myclimate überprüft wurde. Das Tierwohl wurde von der Fachhochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL bewertet.
Bis 2025 will die Migros sämtliche Produkte ihrer rund 250 Eigenmarken mit der M-Check-Bewertung versehen, auch im Bereich Non-Food. Das entspräche dann etwa 80 Prozent des Sortiments oder rund 70›000 Artikel, heisst es.




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