2022 haben sich in Tirol 19 verschiedene Wolfsindividuen und drei verschiedene Bären aufgehalten. Insgesamt gab es im Vorjahr in österreichischen Bundesland 413 tote Weidetiere, 527 sind vermisst, was einer Steigerung zu 2021 um 50% entspricht.
Die Schadenshöhe beläuft sich auf 235’000 Euro (235’000 Fr.). Immer mehr zum Problem wird auch der Goldschakal, geht aus dem aktuellen Jahresbericht 2022 des Landes Tirol über Grossraubtiere hervor.
86% aller im vergangenen Jahr gerissenen Weidetiere gehen auf das Konto von Wölfen, 10% wurden von Bären getötet, für 4% der gerissenen Nutztiere sind Goldschakale verantwortlich. Hauptbetroffen war Osttirol mit 235 gerissenen und 267 abgängigen Tieren, heisst es in dem Bericht.
Wölfe konnten nicht abgeschossen werden
«Die Zahlen sprechen für sich. Wir können nicht tatenlos zuschauen, wie jedes Jahr mehr und mehr Alptiere Wolfsangriffen zum Opfer fallen. Die Grossraubtiere bedrohen den Fortbestand der Alpwirtschaft. Deshalb schaffen wir im Februar-Landtag eine rasche und unbürokratische Eingriffsmöglichkeit», sieht Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Geisler keine Alternative zum neuen Tiroler Weg im Umgang mit Grossraubtieren.
Im abgelaufenen Jahr hat das Land Tirol Abschussbescheide für fünf ausgewachsene Wölfe erlassen. Diese fünf Individuen hätten einen Grossteil aller im Vorjahr in Tirol tot aufgefundenen Schafe gerissen. «Aufgrund von reflexartigen Einsprüchen von Naturschutzorganisationen konnte kein einziger dieser schadenstiftenden Wölfe entnommen werden. Das ändern wir nun, indem wir Verordnungen erlassen, die unmittelbar wirksam werden und auch die Anonymität der Jägerschaft gewährleisten», so Geisler.
Zwischen Berg und Tal unterscheiden
Das Land Tirol unterstütze Massnahmen zur Abwehr von Grossraubtieren und prüfe die Machbarkeit, Verhältnismässigkeit und Zumutbarkeit von Herdenschutzmassnahmen. 115 km wolfsabweisenden Zaun haben Tiroler Schafhalterinnen und Schafhalter im vergangenen Jahr mit Unterstützung des Landes Tirol für die Heimweiden angeschafft.
«Im Tal ist es meist machbar und auch zumutbar, die Weidetiere mit wolfsabweisenden Zäunen zu schützen. Auf unseren hochalpinen Alpen schaut die Situation ganz anders aus. Dort ist technischer Herdenschutz mit Zäunen schlicht und ergreifend nicht möglich», verweist Geisler auf die Besonderheit der Alpen.
114 Franken pro Schaf
Auf zwei Schafalpen im Tiroler Oberland wurden die vor zwei Jahren gestarteten Herdenschutz-Pilotprojekte fortgesetzt, zwei weitere sind 2022 dazugekommen. Das Land Tirol unterstützte die Projekte nach eigenen Angaben mit 290’000 Euro (290’000 Fr.). «Die Erfahrungen im ersten Projektjahr haben gezeigt, dass es pro Alp mindestens zwei Hirten und mehrere Hütehunde zur Umsetzung der gelenkten Weideführung mit eingezäunten Übernachtungsplätzen braucht», so Geisler.
Das wirkt sich auch auf die Kosten aus. Pro Schaf mussten auf den Projektalpen in der Alpsaison 2022 durchschnittlich 114 Euro (114 Fr.) für Schutzmassnahmen aufgewendet werden. «Dem gegenüber stehen durchschnittliche Verkaufserlöse von 130 Euro (130 Fr.) für Lämmer und rund 400 Euro (400 Fr.) für Zuchttiere", erläutert Geisler. In Tirol werden rund 70’000 Schafe und Ziegen gealpt.
Sondersituation Alp
«Die Alpwirtschaft in Tirol wird mit viel Herzblut und Idealismus zum Wohle der Allgemeinheit aufrechterhalten. Die Kosten für die Abwehr von Wolfsangriffen stehen in keinem Verhältnis zu den erzielbaren Erlösen», sieht Geisler die generelle Schützbarkeit von Alpen nicht gegeben.
Ausserdem sei qualifiziertes Hirtenpersonal ebenso Mangelware wie Pflegekräfte. In Tirol gibt es 2’100 Alpen, auf rund 400 meist hochalpine Almen werden Schafe aufgetrieben.