Am Mittwoch wurden auf der Alp Hinterstalden in Melchtal OW mehrere Rinder tot aufgefunden. Landwirt Marco Rohner steht vor einem Rätsel. Vor zwei Jahren stürzten ganz in der Nähe acht Kühe in den Tod.
Am vergangenen Mittwoch gab sich der Tierbesitzer zusammen mit einer Tierärztin und dem zuständigen Wildhüter zur Stelle, wo die Tiere zu Tode kamen.
In dem steilen Gelände trafen sie auf drei tote Jungrinder und ein verletztes Tier. Sie untersuchten, ob ein Zusammenhang mit einem Wolf bestehen könnte. «Wildhüter und Tierärztin kamen übereinstimmend zum Schluss, dass die Tiere äusserlich unverletzt sind und weder Biss- noch Kratzspuren aufweisen», teilt der Kanton Obwalden mit.
Dritteinwirkung nicht ausschliessen
Die toten Tiere gehören Marco Rohrer. Gegenüber dem TV-Sender «Tele1» kämpft er mit den Emotionen: «Der Verlust triff mich hart. Es wirft aber Fragen auf, wie dies passieren konnte.» Immerhin: Für das verletzte Rind sah es zuerst gar nicht gut aus. Doch mit vereinten Kräften gelang es, das Tier zu retten.
Screenshot Tele1
Die Rinder kamen auf einer Weide unterhalb einer Felswand zu Tode. Wie es passiert ist, ist noch unklar. Wildhüter Franz Röthlin sagt gegenüber «Tele1», dass das Gelände dort nicht so steil ist. Die Tiere seien nicht so weit abgestürzt. «Dass die Rinder durch Dritteinwirkung in Panik geraten sind und anschliessend ums Leben kamen, lässt sich aber nicht ausschliessen», sagt Röthlin.
Hälfte der Nachzucht tot
Unter Dritteinwirkung kommen gemäss dem Wildhüter ein Grossraubtier, also ein Wolf, ein Steinschlag oder Witterungsbedingungen in Frage. Abgeklärt wird nun auch, ob die Tiere an einer Vergiftung gestorben sind. Bei einem Rind wurde ein Stück Leber entnommen, bei einem anderen den Pansen punktiert. Vom Tier, das überlebte, wurde Blut entnommen. Die Proben werden in einem Labor in München (D) analysiert.
Screenshot Tele1
Für Marco Rohrer ist der Tod der drei Rinder ein grosser Verlust. Die Hälfte der Nachzucht des vergangenen Jahres ist weg. «Die Tiere sind nun tot. Man kann immer auf etwas hässig sein. Ich werde mich sicher aufregen, wenn ein Raubtier für den Tod der Tiere verantwortlich sein sollte», sagte der sichtlich niedergeschlagene Tierbesitzer. Er hoffe aber, dass es nicht ein Wolf gewesen sei.
Im Juni 2020 stürzten 8 Kühe in den Tod
Nur wenige Kilometer von der Alp Hinterstalden kamen im Juni 2020 acht Rinder ums Leben. Der Vorfall ereignete sich auf der Alp Bettenebnet. Die Tiere stürzten am Ende eines Fahrwegs steiles Gelände hinunter. Ihre Kadaver mussten ausgeflogen werden. Was die Tiere in Panik versetzte, konnte bis heute nicht geklärt werden.
Der Kanton Obwalden teilte im August 2020 mit, dass ein Wolf als Angreifer ausgeschlossen werden könne. Der Obwaldner Bauernverband kritisierte die Aussagen des Kantons. «Die Wolfspräsenz in unserem Kanton wird von der Jagdverwaltung zwar bestätigt, aber gleichzeitig verharmlost. Es ist bekannt, dass ein Wolf innert kurzer Zeit weite Strecken zurücklegen kann. Nur weil keine Beobachtungen im Melchtal mit den vielen möglichen Rückzugsorten gemacht werden konnten, kann das Tier trotzdem in unserer nächsten Umgebung anwesend sein», schrieb der Vorstand des Bauernverbandes Obwalden in einem Leserbrief damals.
Kühe rennen nicht grundlos davon
Auch die Bauern zeigten sich ob des Vorfalls sehr aufgewühlt. «Die Kühe haben mehrere Kilometer zurückgelegt und sind in Panik herumgerannt», sagte Roland Bucher in Juni zu «Luzerner Zeitung». Sie hätten versucht, die Herde zu stoppen.
«Wir konnten nichts mehr machen, die Kühe sind einfach grundlos weiter gerannt», erzählte der Landwirt weiter. Die Tiere waren zwischen zwei und elf Jahre alt. Drei der Kühe waren trächtig und sollten im Juli abkalben. Der Landwirt aus St. Niklausen bei Kerns OW sagte zu Tele 1: «Wegen einem Reh würden die Tiere nie so reagieren. Das muss was ‚Gröberes‘ gewesen sein.» Zusammen mit dem Besitzer der Tiere war er bei der Absturzstelle. Es sei ein schlimmer Anblick gewesen.