Der Konflikt in Syrien hat nach Angaben der UNO-Organisation FAO die Landwirtschaft massiv geschädigt. Die Erträge sind stark gesunken. Zudem haben sich die Lebensmittelpreise um ein Vielfaches verteuert.
Die Situation der Landwirte in Syrien entzieht sich unseren Vorstellungen. Du gehst aufs Feld und kannst erschossen werden. Du hast Früchte angepflanzt, aber die Leute in deiner Stadt haben kein Geld, um sie zu kaufen. Dein Korn steht in voller Reife und wird von einer vorbeifahrenden Bande abgebrannt. Du pflanzt Gemüse an, hast kein Geld, um Diesel für den Generator zu kaufen, und schaust zu, wie dein Gemüse verdorrt. Du hast ein krankes Tier im Stall, doch der Tierarzt zuckt mit den Schultern: Keine Medikamente. Sie bombardieren dein Dorf, du packst deine Familie auf einen Wagen und lässt deine Tiere und Felder zurück.
Nicht überall Zugang
Vom 18. Mai bis 8. Juni 2013 war eine Delegation der FAO/WFP* zu Besuch in Syrien. In der Hauptstadt Damaskus trafen sie sich in den ersten neun Tagen mit verschiedenen Regierungsvertretern wie Aussenminister, Landwirtschaftsminister, Minister für Wasserressourcen, Minister für Getreidehandel und vielen anderen. Anschliessend machten sie während fünf Tagen Feldbesuche in den Provinzen Homs, Tartous und Al Hasakeh.
Die Mission hält dazu in ihrem Bericht fest: «Die Besuche auf den Feldern waren nicht nur zahlenmässig beschränkt, sondern es ist eine Tatsache, dass sie alle ausschliesslich im von der Regierung kontrollierten Gebiet stattfanden. Wir haben keine von der Opposition gehaltenen Gegenden besucht.»
Situation noch verschärft
Seither sind fast drei Jahre vergangen, und die Lage hat sich nicht verbessert, sondern verschärft. Mörderbanden wie der Islamische Staat (IS) haben an Terrain gewonnen und besetzen weite Teile entlang des Flusses Euphrat, ein fruchtbares Gebiet. Neue Akteure sind auf den Plan getreten wie Russland, das laut Berichten im Norden und Nordwesten des Landes bombardiert, ohne gross zwischen Zivilisten und Militär zu unterscheiden.
Tausende weitere Menschen haben sich auf die Flucht gemacht, und wer zurückbleibt, fühlt sich im Stich gelassen. Wie so oft sind es die Armen, Kranken und Alten, die keine Möglichkeit haben, an einem anderen Ort einen Neuanfang zu wagen. Und da soll jemand säen und auf eine gute Ernte hoffen? An eine bessere Zukunft glauben, überzeugt sein, dass sich ein persönlicher Einsatz lohnt?
Erträge 2015 etwas besser
Die Bauern, die geblieben sind und Weizen angesät haben, wurden im vergangenen Jahr für ihre Mühe und ihre Geduld belohnt. Nach dem trockenen Jahr 2014 konnte die Produktion dank des häufigen Regens gesteigert werden, aber natürlich liegt sie massiv unter den Zahlen vor Kriegsbeginn 2011.
Die FAO versucht, so gut es geht, die Bauern zum Bleiben zu bewegen indem sie Samen, Dünger, Veterinärmedizin und andere wichtige Produktionsmittel liefert. «Es ist einfacher und billiger, die Leute in Syrien mit den im Land produzierten Lebensmitteln zu ernähren als Hilfslieferungen einzuführen», hält sie in ihrer Stellungnahme von Januar 2016 fest. «Jetzt geht es darum, Hunger zu bekämpfen, und in der Zukunft ist eine funktionierende Landwirtschaft nötig, um das Land wieder aufzubauen.»
Zur Zeit unterstützt die FAO syrische Bauern in 13 der total 14 Kantonen und hofft, dass diese im Jahr 2016 rund 119'000 Tonnen Getreide produzieren werden. Damit soll eine halbe Million Menschen während eines Jahres ernährt werden. Doch die Produktion ist nur das eine, das andere ist die Verteilung: Wie viel syrischer Weizen kommt schlussendlich dem hungernden syrischen Volk zugute, wie viel wird über undurchsichtige Kanäle ausser Landes verkauft?
*FAO: Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen und ihr Welternährungsprogramm (WFP).
Teuerung
Weizenmehl: 300 Prozent verteuert in den letzten 18 Monaten
Reis: 650 Prozent verteuert in den letzten 18 Monaten
Brotpreis: 90 Prozent angestiegen im vergangenen Jahr
Weizenproduktion: 40 Prozent gesunken seit Kriegsbeginn
Hunger: 7 Millionen Menschen in Syrien sind vom Hunger bedroht
Flucht: 7,6 Millionen Menschen innerhalb des Landes auf der Flucht
Quelle: FAO