Toni Brunner als Parteipräsident und die SVP-Parteileitung unterstützen die Initiative für eine produzierende Landwirtschaft der Gruppe Joder. Der Text des Schweizerischen Bauernverbandes (SBV) habe zu wenig Biss.
«Schweizer Bauer»: Sie unterstützen die Initiative der Gruppe um Nationalrat Rudolf Joder und Grossrat Samuel Graber (beide SVP, BE) für eine produzierende Landwirtschaft und nehmen persönlich im Initiativkomitee Einsitz. Warum?
Toni Brunner: Wenn schon eine Volksinitiative lanciert wird, dann muss sie auch griffig sein. Sie muss für die Bauernfamilien und Konsumenten einen Mehrwert bringen. Im Zentrum steht die Produktion von gesunden Nahrungsmitteln. Wir stellen nächsten Dienstag einen Initiativtext vor, der mir einiges griffiger erscheint, als was der SBV beabsichtigt.
Immerhin steht dort drin, dass die Inlandversorgung «gestärkt» werden soll?
Was heisst schon gestärkt? Ich bin lange genug in der Politik, als dass ich nicht wüsste, was mit solchen Papiertigern passiert. Demgegenüber hat die Gruppe Joder zusammen mit Professor Paul Richli von der Universität Luzern einen griffigeren Text kreiert. Wir haben uns von Seiten der SVP eingeklinkt, weil wir ein Interesse daran haben, dass wenn etwas gemacht wird, auch etwas Griffiges gemacht wird.
Was ist denn für Sie griffig?
Zum Beispiel punkto Selbstversorgungsgrad gehört ein verbindliches Ziel in die Verfassung.
Ist eine genaue Zahl genannt?
Lassen Sie sich überraschen. Die Formulierung überzeugt mich.
Der SBV sagt, dass der Selbstversorgungsgrad zwangsläufig sinke, weil die Bevölkerung vor allem wegen der Zuwanderung im Schnitt um rund 80'000 Personen pro Jahr wächst.
Dies muss ja nicht einfach hingenommen werden. Wer den Kulturlandverlust beklagt, der müsste konsequenterweise den Hebel bei der Zuwanderung ansetzen. Mit der Netto-Einwanderung von 80000 Menschen pro Jahr, die in unser Land kommen, ergibt sich eine zusätzliche Siedlungsfläche von 4448 Fussballfeldern pro Jahr.
Profitieren die Bauern denn nicht auch von der höheren Nachfrage durch Zuwanderung?
Mehr Menschen brauchen mehr zum Essen. Das ist logisch. Aber machen wir uns nichts vor. Bei den Zugewanderten ist die Sensibilität, beim Einkaufen auf Schweizer Produkte zu achten, nicht sehr ausgeprägt. Zudem sinkt der Selbstversorgungsgrad mit jedem Zuwanderer.
Und was ist der zweite Punkt, warum Sie den Text Joder/Graber unterstützen?
Wir wollen die Einkommenssituation der Landwirtschaft verbessern. Deshalb muss die Produktion von gesunden, einheimischen Lebensmitteln im Vordergrund stehen. Das dritte Ziel in der Initiative ist, dass das Gewerbe und die Wirtschaft hinter der Initiative stehen können. Das bedingt eine gezielte Formulierung in Bezug auf die Problematik von weiteren Grenzöffnungsschritten.
Geht das in Richtung Kompensation?
Richtig. Wir sind uns bewusst, dass gewisse Kreise den Druck hochhalten werden, um die Grenzen weiter zu öffnen. Hier gilt es vorzusorgen, damit die Bauern nicht Liberalisierungs-Opfer werden. Es muss aber auch eine Formulierung gewählt werden, die von den Konsumenten, dem Gewerbe und der Wirtschaft mitgetragen werden kann. Rudolf Joder als Vater des Texts, Samuel Graber als praktizierender Bauer, ich als Parteipräsident oder auch Professor Paul Richli als unabhängiger Fachmann können gut hinter diesem Text stehen. Das zeigt mir, dass die Initiative weit über die Landwirtschaft hinaus Unterstützung geniessen kann. Er soll aber vor allem auch von den Bauernfamilien getragen werden können.
Das heisst, Sie sind nicht abgeneigt, wenn der Bauernverband findet, er mache bei diesem Text mit?
Ja, es ist das Ziel und würde auch meinem Wunsch entsprechen, dass diese Initiative von breiten Kreisen getragen und unterstützt wird. Dazu zähle ich auch den Schweizerischen Bauernverband.
Der SBV will sein Projekt im November lancieren und dann bald mit dem Sammeln der Unterschriften beginnen. Wollen Sie auch nächstens loslegen?
Der SBV sollte jetzt nichts überstürzen. Ich hätte es am liebsten, wenn sich die Gruppe Joder/Graber und der Bauernverband fänden. Wenn der SBV mit seinem angekündigten Text weitermacht, dann werde ich von Seiten der SVP her lieber etwas unterstützen, das Hand und Fuss hat. Aber ich gebe die Hoffnung noch nicht auf. Der SBV hat die Initiative noch nicht lanciert, es gibt erst einen Vorstandsbeschluss. Die Delegierten könnten hier korrigierend eingreifen.
An den SBV-Regionalseminaren gab es keine oder nur ganz vereinzelte Gegenstimmen.
Es ist doch logisch, dass sich praktisch niemand gegen einen solchen Text für eine Initiative des SBV auflehnt. Wieso auch, er ist ja sehr harmlos. Aber das ist ja genau das Problem. Der SBV muss sich bewusst sein: Was er vorhat, stösst in seinen eigenen Reihen nicht auf grosse Begeisterung, weil die geplante Initiative nicht viel bewegen wird.
Aber ist klar, dass die Initiative Joder/Graber von der SVP Schweiz unterstützt und diese auch tatsächlich lanciert wird?
Ja, diese Initiative wird kommen. Die Frage ist eigentlich nur, wie breit sie abgestützt sein wird und ob die Verbände mitmachen. Die SVP wird das Projekt unterstützen, und andere Parteien sind ebenfalls herzlich eingeladen. Uns schwebt ein breit abgestütztes, überparteiliches Komitee vor, das die Initiative lanciert. Jedermann ist herzlich eingeladen mitzumachen.


